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Benediktinerabtei St. Georg in Villingen - Geschichte
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Abbildung  Button Die Benediktinerabtei St. Georg in Villingen. Zeichnung von G. Renna, 1805.
Im vorderösterreichischen Villingen unterhielt das benachbarte Schwarzwaldkloster St. Georgen einen heute als "Alte Prälatur" bekannten Pfleghof. Es handelt sich um ein direkt am nordwestlichen Abschnitt der Stadtmauer gelegenes Haus, das durch eine 1487 eingeweihte und 1719 abgerissene Kapelle ergänzt wurde. Dieses kleine Areal machten die St. Georgener Benediktiner ab 1566 zu ihrem Hauptsitz, nachdem das lutherische Herzogtum Württemberg die Abtei aufgelöst hatte und die Mönche in das katholisch gebliebene Villingen geflohen waren. Dort konnte der Konvent nicht nur institutionell fortbestehen, sondern sollte sogar noch "anderthalb Jahrhunderte einer barocken Spätblüte" (Tocha) genießen.
Die dafür notwendige innere Erneuerung der in punkto Disziplin labilen Klosterkommunität bekam entscheidende Impulse durch die Jesuiten, deren Frömmigkeit und Wissenschaftspraxis einige St. Georgener Konventualen als Studenten in Dillingen kennen lernten. Zu ihnen zählte auch der herausragende Reformabt Georg II. Gaisser (+ 1655), der das Gemeinschaftsleben ordnete und für Seelsorge und Unterricht nach außen öffnete. So betrieben die Villinger Benediktiner nach dem 30-jährigen Krieg mit Geschick ein Gymnasium in der Schulgasse, dem 1774 die Schule der Franziskaner angegliedert wurde und das die österreichischen Behörden 1777 zu einem auf das Universitätsstudium vorbereitenden Lyzeum aufwerteten.
Der Neubau von Klosterkirche und Konventsgebäude südlich der Alten Prälatur zog sich jahrzehntelang hin und fand erst mit der Fertigstellung des repräsentativen Turms 1756 ein Ende. Das von Michael Thumb entworfene und überwiegend von Villinger Künstlern im barocken Stil ausgestattete Gotteshaus ist eine Wandpfeilerkirche gemäß dem Vorarlberger Münsterschema, mit nach Westen ausgerichtetem Chor, Emporen und Tonnengewölben. Zum originalen Inventar gehörte eine Silbermann-Orgel, die nach Odyssee und Zerstörung 2002 als Rekonstruktion an ihren Ursprungsort zurückkehrte.
1805/06 wurde Villingen anfangs Württemberg, dann Baden zugeschlagen; die neuen Herren hoben das Kloster St. Georgen sofort auf, eigneten sich seinen Besitz an und veräußerten neben anderen Mobilien auch die über 20.000 Bände umfassende Büchersammlung (ein Teil gelangte in Bibliotheken nach Karlsruhe und Freiburg). Am Schluss beherbergte der Konvent immer noch gut zwei Dutzend Patres und einen Laienbruder. Ihre Kirche diente zunächst diversen weltlichen, ab Anfang des 20. Jh. wieder sakralen Zwecken und präsentiert sich seit 1999 in renoviertem Zustand.
CHRISTIAN SCHULZ     
LITERATUR
-<GermBen> V, 242-253 (H. J. WOLLASCH).
- <KDB II> 132-134.
- Chr. RODER: Das Benediktinerkloster St. Georgen auf dem Schwarzwald, hauptsächlich in seiner Beziehung zur Stadt Villingen. In: <FDA> NF 6 (1905) 1-76.
- J. RUHRMANN: Das Benediktiner-Kloster Sankt Georgen auf dem Schwarzwald im Zeitalter von Reformation und Gegenreformation (1500-1655). Diss. phil. Freiburg i. Br. 1961/62.
- P. REVELLIO: Baugeschichte des Benediktinerstifts St. Georgen in Villingen. In: DERS.: Beiträge zur Geschichte der Stadt Villingen. Gesammelte Arbeiten. Villingen 1964, 148-179.
- D. EHNES: Die Benediktinerkirche in Villingen und die Studienkirche in Dillingen. Gemeinsame baugeschichtliche Wurzeln und konstruktiv-architektonische Zusammenhänge. In: Jahresheft Geschichts- und Heimatverein Villingen 23 (1999/2000) 60-79.
- U. SCHULZE: Die Benediktiner von St. Georgen zu Villingen. Das Schicksal der Mönche vom letzten Drittel des 17. Jahrhunderts bis 1807. In: Jahresheft Geschichts- und Heimatverein Villingen 23 (1999/2000) 80-84.
- M. TOCHA: Besinnung und Aufbruch: Die Villinger Benediktiner und die Universität Dillingen. In: Jahresheft Geschichts- und Heimatverein Villingen 23 (1999/2000) 53-59.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 501: St. Georgen, Villingen, Benediktinerkloster
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