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Prämonstratenserpriorat "Himmelspforte" Wyhlen - Geschichte
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Abbildung  Button Das ehemalige Prämonstratenserkloster Himmelspforte in Wyhlen. Aufnahme um 1900.
Die Gründung des Prämonstratenserstifts Himmelspforte wurde 1303 durch Stiftungen der Schwestern Berta und Anna von Nollingen an Johannes von Rheinfelden, einen Chorherrn des Prämonstratenserstifts Rüti am Zürichsee, ermöglicht. Auf Bitten der Stifter wurde es trotz einiger Konflikte mit dem Abt von Rüti jedoch nicht dem Stift Rüti, sondern dem gesamten Prämonstratenserorden als "filia specialis" unterstellt. Eine Übertragung Himmelspfortes an die Abtei Bellelay in der Schweiz war alternativ zur Unterstellung unter den Gesamtorden anfangs ebenfalls im Gespräch gewesen. Doch auch sonst befand sich Himmelspforte durch seine Gründung in einer Landschaft, in der sich bereits andere geistliche Einrichtungen wie die Deutschordenskommende Beuggen, das Basler Domkapitel oder das Benediktinerkloster St. Blasien etabliert hatten, in einer schwierigen Lage. Der größte Teil seiner Besitzungen lag lediglich in Wyhlen, Nollingen und Wintersweiler. Weitere kleinere Einkünfte und Güter besaß das Stift in Grenzach, Inzlingen, Rührberg, Warmbach, Liebenswiller, Binningen und anderen Dörfern der Nordschweiz. Die Güter wurden nicht selbst bewirtschaftet, sondern waren offensichtlich als Erblehen ausgegeben. Die materielle Situation war dennoch angespannt. Nach 1360 wurden die Jahreseinkünfte im Konstanzer "Liber marcarum" auf 20 Mark Silber geschätzt. 1364 stellte der Notar Andreas von Walse jedoch fest, dass Himmelspforte nur noch 14 Mark Silber wert sei. Im Subsidienregister von 1493 wurde das Stift, in dem nur der Abt mit einem weiteren Bruder lebe, als arm bezeichnet. Eine Jahrzeitstiftung der österreichischen Herzöge Albrecht und Leopold 1368 lässt aber ebenso wie eine Reihe weiterer Stiftungen zwischenzeitlich auf eine gewisse Konsolidierung schließen.
Die erste Intervention des Abtes von Bellelay bei einer Abtswahl in Himmelspforte 1389 geschah im Auftrag und mit entsprechenden Vollmachten des Abtes von Prémontré. 1406 und dann von 1415 bis 1424/27 erhielt Heinrich Ner als Abt von Bellelay das Stift Himmelspforte als Kommende übertragen. In der Folgezeit etablierte sich Bellelay in Himmelspforte dauerhaft. Es fanden größere Güterverkäufe statt, mit denen wohl versucht werden sollte, dem Stift Kapital zu entziehen. Die Größe des Konvents nahm ebenfalls immer mehr ab, 1493 und 1508 wird außer dem Abt nur ein einziger weiterer Konventuale genannt. Am 26. November 1523 wurde Himmelspforte durch Papst Klemens VII. Bellelay inkorporiert. Die Einkünfte sollten künftig von Bellelay genutzt und das Stift ohne Zustimmung des Diözesans oder sonstiger Gewalten als Priorat regiert und verwaltet werden, allerdings ohne Nachteile "in temporalibus" oder "in spiritualibus" zu erleiden. Die Äbte von Bellelay nannten sich fortan Äbte von Bellelay und Himmelspforte, welches nun von einem Chorherrn aus Bellelay als Prior verwaltet wurde; der erste war 1524 Claudius Berlincourt. Allerdings konnte aufgrund des in Bellelay im 16. Jh. herrschenden Personalmangels nicht immer ein Prior nach Himmelspforte geschickt werden. Deshalb wurde das Priorat zeitweise an den jeweiligen Pfarrer von Wyhlen oder an Chorherren des Kollegiatstifts St. Martin in Rheinfelden verpachtet.
Himmelspforte besaß für Bellelay im Falle einer Durchsetzung der Reformation und damit einer Vertreibung der Chorherren als möglicher Zufluchtsort in den katholisch gebliebenen österreichischen Vorlanden große Bedeutung. Eine solche Entwicklung war durchaus im Bereich des Möglichen, da im Zuge der Reformation bereits die Abteien von Lac de Joux (1536), Fontaine-André (1539) und Gottstatt (1528) aufgehoben worden waren und Bellelay selbst einen Großteil seiner Pfarreien verloren hatte.
1672 wurde Himmelspforte wieder in die Schwäbische Zirkarie, der es ursprünglich angehört hatte, eingegliedert. Als Bellelay im Zuge der Französischen Revolution 1797 besetzt, die Chorherren vertrieben und die Güter veräußert wurden, floh ein Teil des Konvents mit Abt Ambroise Monnin nach Himmelspforte, was am 8. Januar 1798 auch von der vorderösterreichischen Regierung sanktioniert wurde. Allerdings konnten sich die Prämonstratenser auch hier nicht mehr lange halten, da durch den Frieden von Preßburg 1805 der Breisgau und die Ortenau an Baden fielen, so dass am 6. Juni 1806 endgültig die Aufhebung begann. Bei der Aufstellung des Stiftsbesitzes kam man auf ein Vermögen von 107.521 Gulden, worunter sich die Wallfahrtskirche und weitere Immobilien (30.000 Gulden), der Markhof mit der Gipsgrube (70.000 Gulden) und weitere Gefälle (7.521 Gulden) befanden. Ganz im Gegensatz zu den früheren finanziellen Problemen hatte das Stift nun fast keine Schulden. Bei einer weiteren Bestandsaufnahme zählten die badischen Beamten das zweistöckige Klostergebäude samt Fruchtboden, die Kirche, eine Scheune, zwei Ställe, einen Schuppen und ein Waschhaus. Der Grundbesitz umfasste 17 Jauchert Wiesen und Gärten, 9 Jauchert Äcker, 3 Jauchert in Nollingen, 5 Jauchert Weingärten und 109 Jauchert Wald sowie die Klostermühle und Ansprüche auf Zehnten in Wyhlen, Nollingen, Wintersweiler, Binningen und Inzlingen. Dazu kam der Markhof mit 57 Jauchert Wiesen, 110 Jauchert Äckern, 10 Jauchert Weingärten und 174 Jauchert Wald. Für 84.073 Gulden wurde alles am 24. Februar 1807 an Privatpersonen versteigert. Die noch verbliebenen Kanoniker wurden mit Pensionen abgefunden.
Die ältesten Teile der ehemaligen Stiftskirche stammen aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Nach dem Brand der gotischen Kirche 1556 wurde 1603 mit dem Chor einer neuen Kirche begonnen, deren Bau 1614 mit dem Westportal fertiggestellt wurde. Besondere Beachtung verdienen die drei barocken Altäre, die wohl unter Abt Johann Baptist Sémon (1719-1743) entstanden sind. Der Hochaltar enthält das Wallfahrtsbild der Madonna mit dem Kind. Von der mittelalterlichen Ausstattung blieb nur noch ein spätgotisches Kruzifix und ein Tafelbild mit der Kreuzigung Christi erhalten. Das heutige Klostergebäude wurde Mitte des 18. Jh. errichtet und dient heute als Altenheim.
Von einer Bibliothek Himmelspfortes ist nichts bekannt. Erwähnenswert erscheint die Wallfahrt zum Gnadenbild der Kapelle "Maria im Buchs", die seit dem 15. Jh. belegt ist. Das Stiftsarchiv gelangte nach dessen Aufhebung ins Generallandesarchiv Karlsruhe. Außer 120 Urkunden bestand das geschlossen abgelieferte Archiv auch aus einigen Aktenfaszikeln und Büchern (Martyrologium, Kopialbuch, Repertorium).
STEFANIE ALBUS     
LITERATUR
-<HelvSac IV/3> 153-180.
- <KB Lörrach> I, 849-851.
- <KDB V> 60f.
- M. GMELIN: Das Kloster Himmelspforte bei Wyhlen. In: <ZGO> 26 (1874) 344-391.
- L. PERIGRIN: Die ehemalige Prämonstratenser Abtei "Himmelspforte" bei Wyhlen. Basel 1903.
- H. GERSPACH, Die Geschichte des Klosters Himmelspforte in Wyhlen (Markgräflerland 4/35, Sonderheft). Lörrach 1973, 1-68.
- DERS.: Das Kloster Himmelspforte in Wyhlen und das Gnadenbild der "Maria im Buchs". In: Der Buchswald bei Grenzach (Grenzacher Horn) (Die Natur- und Landschaftsschutzgebiete Baden-Württembergs 9). Karlsruhe 1979, 47-52.
QUELLEN
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
-Generallandesarchiv Karlsruhe 91: Himmelspforte
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