Klöster in Baden-Württemberg
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Benediktinerinnenkloster Sulzburg - Geschichte
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Birchtilo (Pirihtilo oder Pyetilo), Graf im Breisgau, beabsichtigte im Sulzbergtal ein Kloster mit einer Basilika (St. Cyriak) zu gründen. Diese sollte seine Grabeskirche werden. Graf Birchtilo erbat 993 am Hof König Ottos III. Güter für sein Stift. Der König übertrug ihm urkundlich sämtliches Königsgut im Sulzbergtal und die "villa Sulziberg" als königliche Schenkung. Mit diesem relativ seltenen Akt wollte Otto III. wohl den Grafen wie andere Magnaten im Südwesten an das Königtum binden. A. Zettler nimmt an, dass Birchtilo zwischen 993 und 1004 selbst Kleriker seines Kanonikerstiftes wurde. 1004 bat Becelin, nach A. Zettler wohl identisch mit Birchtilo, mit Fürsprache von Adalbero, dem Bischof von Basel, den Nachfolger Ottos III., König Heinrich II., um Marktrechte zur wirtschaftlichen Absicherung des Stiftes. Mit der Bewilligung strebte Heinrich II. wohl eine politische Neuordnung am Oberrhein an. Bereits 1008 übertrugen Birchtilo und sein Bruder die Kirche und das Hauskloster mit allen Besitzungen an die Bischofskirche in Basel. Bei dieser Übergabe bestimmte Birchtilo, dass künftig Benediktinerinnen das Klosterleben mit freier Äbtissinnenwahl weiterführen sollten. Mit diesem Akt wurde das bischöfliche Eigenkloster im frühen 11. Jh. zu einem der wichtigsten rechtsrheinischen Stützpunkte des Baseler Bistums. Heinrich II. förderte diese Entwicklung. Allerdings verlor Sulzburg danach an Bedeutung, da sich mit den Adelsgeschlechtern um die "Zähringer" und "Habsburger" zum Nachteil des Bischofs von Basel neue politische und wirtschaftliche Herrschaftszentren im nördlichen Breisgau entwickelten.
Die ottonisch-frühromanische Kirche war dreischiffig. Im Westteil der Kirche wurde ein Bereich für die Laiengemeinde abgeschrankt. Sie hatte hier ihren Altar und das Taufbecken. So diente die Klosterkirche zugleich als Pfarrkirche. Zu Beginn des 11. Jhs. wurde im Westteil der Kirche ein Turm mit einer Loge für die Herren der Burg über Sulzburg errichtet. Er ist der älteste noch erhaltene West-Einturm in Südwestdeutschland. Die erhöhte Krypta diente vielleicht als Grablege des Stifters und barg wohl auch eine Reliquie des hl. Cyriak. Für die Benediktinerinnen wurden an den Wänden des Langhauses zwei Emporen gebaut, die vom Dormitorium her zugänglich waren.
Im 12. Jh. wurde Kaiser Friedrich Barbarossa (1190) in das Gebetsgedenken der Schwesterngemeinschaft aufgenommen. Dies weist darauf hin, dass sich das Kloster in den territorialpolitischen Auseinandersetzungen der Zähringer mit dem Bischof von Basel am staufischen Königtum orientierte. Zwischen 1108 und 1141 wurde der Konvent als abhängiges Priorat der geistlichen Aufsicht des Abtes von St. Blasien unterstellt. So wurden auch in Sulzburg die Liturgie und die Lebensgewohnheiten der benediktinischen Reformbewegung von Fruttuaria (Oberitalien) übernommen. Danach erlebte das Sulzburger Kloster einen häufigen Wechsel seiner Observanz, d. h. der geistlichen Aufsicht (1141 bis ca. 1200 unter Kloster Trub/Kanton Bern, danach Benediktinerabtei Beinwil/Kanton Solothurn, ab 1210 Abtei Gengenbach/Baden).
Spätestens ab 1157 bis 1371 wirkten die Herren von Üsenberg (bei Breisach), Schenken des Bischofs von Basel, auch als Schutzvögte des Klosters mit seinem Grundeigentum im Sulzburger Tal samt Gerichtsrechten. Im 13. Jh. grenzten die Vögte jedoch das Kloster von der Siedlung Sulzburg mit den Eigenleuten des Klosters aus und erhoben sie 1283 zur Stadt. Dadurch war die rechtliche und wirtschaftliche Basis des Konventes eingeschränkt, er behielt jedoch das städtische Grundeigentum und konnte von den Hofstätten der wachsenden Stadt den jährlichen Zins einnehmen. Mit überdurchschnittlichen Einkünften stand er um 1360 an sechster Stelle von 22 Konventen im Archidiakonat Breisgau. In dieser Zeit konnte das Kloster als Abtei seine Rechte selbständig wahrnehmen mit der Einschränkung, dass für geistliche Belange ein Prior bestellt wurde.
Zur Krise und letztlich zum Niedergang des Klosters führten zwei Faktoren: Im 15. Jh. verarmte der Konvent, da er kaum oder nicht mehr die ihm zustehenden Abgaben der Stadtbürger erhielt. Außerdem: Im Zuge des sich ausbildenden landesherrlichen Kirchenregiments im 15. Jh. versuchten Landesherren ihre Oberhoheit über kirchliche Einrichtungen auszubauen. Indem sie die klösterliche Eigenständigkeit beschränkten, griffen sie massiv in die inneren Angelegenheiten der Konvente ein. In Sulzburg entwickelte sich 1458/1460 ein Rechtsstreit zwischen dem Kloster und dem Markgrafen von Baden, Karl I. (1427-1475). Er hatte die Markgrafschaft Hachberg geerbt, zu der Sulzburg gehörte. Mit dem Bischof von Basel und mit einem Schreiben an Papst Pius II. kämpfte Äbtissin Margarethe v. Flachslanden um die ungehinderte Ausübung ihres Amtes und gegen die Entfremdung von Klostergut durch markgräfliche Beamte. In der zweiten Hälfte des 15. Jhs. war der Kampf zuungunsten der Schwestern faktisch entschieden. Als Markgraf Ernst I. von Baden (1482-1553) als Statthalter im Oberland 1515 in Sulzburg seine Residenz errichtete, geriet das Kloster noch stärker unter seine Kontrolle. 1523 zwang er die Schwestern, ihr Kloster zu verlassen, "weil sie die Stiftung seines Ahnherrn gefährdeten". Doch mit Hilfe des Bischofs Philipp v. Basel konnten die Benediktinerinnen 1548 für kurze Zeit wieder in ihr Kloster zurückkehren. Legitimiert durch den Augsburger Religionsfrieden 1555 führte Markgraf von Baden-Durlach, Karl II. (1529-1577) die Reformation 1556 in seinem Territorium ein. Jetzt war die endgültige Säkularisierung des Klosters nicht mehr aufzuhalten. Die Stadt erhielt nun alle Rechte der einstigen Klosterkirche, die zur Gemeindekirche wurde. Das Nordschiff wurde abgebrochen, die Klostergebäude zerfielen - vor allem im 30-jährigen Krieg. 1769 verbrannte, was noch übrig war. Nach 1827 wurde die Vorhalle mit der darüber liegenden Michaelskapelle (erbaut 1309) abgerissen.
Nach den umfangreichen Untersuchungen und Restaurierungen (1956-1964) ist die ehemalige Klosterkirche als Kleinod der ottonisch-frühromanischen Zeit wieder sichtbar. Sie ist heute der älteste in der ursprünglichen Substanz und Gestalt erhaltene Kirchenbau des Breisgaus und zählt "zu den wichtigsten ottonischen Kirchenbauten Deutschlands".
WILBIRGIS KLAIBER - KARL-HEINZ BRAUN     
LITERATUR
-H. WISCHERMAN: Romanik in Baden-Württemberg. Stuttgart 1987.
- K. LIST: St. Cyriak in Sulzburg (993-1964). Hrsg. v. Staatl. Denkmalamt. München (14. Aufl.) 1989.
- A. ZETTLER: Sulzburg im frühen Mittelalter. In: Anna Hugo Bloch-Stiftung (Hrsg.): Geschichte der Stadt Sulzburg. Bd. I, Freiburg 1993, 277-333.
- K. DEßECKER: Die kirchlichen Verhältnisse in der Stadt Sulzburg vom Zeitalter der Reformation bis zur Gegenwart. In: Anna Hugo Bloch-Stiftung (Hrsg.): Geschichte der Stadt Sulzburg. Bd. II, Freiburg i.B. 2005, 103-121.
- M. KÄLBLE: St. Cyriak in Sulzburg. Zur Geschichte des Klosters von den Anfängen bis zur Reformation. In: Anna Hugo Bloch-Stiftung (Hrsg.): Geschichte der Stadt Sulzburg. Bd. II, Freiburg i.Br. 2005, 51-97.
QUELLEN
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
-Generallandesarchiv Karlsruhe A: Kaiser- und Königsurkunden vor 1200
-Generallandesarchiv Karlsruhe C: Privaturkunden vor 1200
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