Die Freiburger Kartause, nach Straßburg (1335) die zweite Niederlassung des Ordens am südlichen Oberrhein, verdankt ihre Entstehung der Initiative des Freiburger Patriziers Johannes Schnewlin. Ihre Gründung vollzog sich in den Jahren 1345-1347. 1346 erhielten die Mönche eine "Hofstatt" an der Ostflanke des Freiburger Schlossbergs vor den Toren der Stadt. Kloster und Berg stellten sie unter das Patronat des Eremiten Johannes d. Täufers. Stiftungen aus den Reihen des Freiburger Patriziats, unter anderem von Schnewlin selbst, und eine Arrondierung durch Kauf und Tausch schufen die Besitzgrundlage des Klosters. Dazu gehörten Höfe in Gottenheim, Tiengen, Gundelfingen und Biengen sowie verschiedene weitere Besitzrechte im Breisgau. Ein Herrschaftskomplex um Wendlingen/Uffhausen (aufgegangen in St. Georgen, Stadt Freiburg) wurde 1504/1615 verkauft; noch im 18. Jh. wurde ein Dinghof in Heuweiler erworben.
Das Kloster stand unter dem besonderen Schutz der Stadt, 1387 wurde es in die österreichischen Kartäuserprivilegien einbezogen, der Landsässigkeit konnte es sich zu Beginn des 16. Jh. aber mit Erfolg entziehen. Erst im 18. Jh. gab es wieder Versuche, Anschluss an den vorderösterreichischen Prälatenstand zu finden. Der Freiburger Konvent gehörte zunächst der Ordensprovinz "Alemannia" an, mit der Ausdifferenzierung der Ordensstruktur wurde er Teil der Provinz "Alemannia superior" bzw. "Provincia Rheni". Eine Blütezeit erlebte das Kloster nach der Gründung der Universität 1457 und während des ersten Jahrhunderts ihres Bestehens. Durch ein eigenes Studienhaus und Mitwirkungsrechte am Freiburger "Collegium Sapientiae" entstand eine institutionelle Verzahnung zwischen Hochschule und Kloster; Klostereintritte und Schenkungen von Universitätsangehörigen bezeugen darüber hinaus vielfältige persönliche Verbindungen. Spätestens mit dem Einzug der Jesuiten an der Universität büßte die Kartause jedoch an Attraktivität ein. Im 18. Jh. versuchten die Priore wieder an die alte Blüte anzuknüpfen, überforderten damit aber den Konvent und verloren dessen Rückhalt und Vertrauen. Parteiungen, Verlust der Klosterdisziplin, Sezession und offene Sympathie mit dem Übertritt in den Weltpriesterstand kennzeichneten das Erscheinungsbild. Über die inneren Zerwürfnisse geriet das Kloster in den Sog der Josephinischen Reformpolitik, die gerade in Vorderösterreich einen Machtkampf der verschiedenen weltlichen und kirchlichen Kräfte darstellte. Am 25. Januar 1782 wurde der Aufhebungsbeschluss Kaiser Josephs II. über das Kloster verkündet. Der Konvent zählte damals elf Patres und sechs Laienbrüder, das Vermögen belief sich auf 130.774 Gulden. Die Klostergebäude kamen durch Kauf in Adels-, 1894 in Stiftungsbesitz. Von 1897-2008 wurden sie als Altenpflegeheim genutzt. Eine Anschlussnutzung ist derzeit noch offen.
Obwohl die Spiritualität der Kartäuser eine besondere Abkehr von der Welt mit einschloss, war das Kloster mit seiner Umwelt in vielfältiger Weise verbunden: spirituell im Gebet, ökonomisch-rechtlich aufgrund der Verwaltung seiner Güter, geistig durch Gedankenaustausch und Unterweisung. Das Freiburger Kloster war an der Gründung der Kartausen Thorberg und Güterstein beteiligt, mit Thorberg, Basel und Straßburg bestanden Gebetsverbrüderungen. Den Ordensgepflogenheiten entsprechend betätigten sich die Freiburger Mönche in der Buchherstellung. Die wenigen bisher identifizierten Handschriften lassen über die Jahrhunderte hinweg immer wieder Schreibtätigkeit erkennen, ohne dass von einem eigentlichen Skriptorium gesprochen werden könnte. Im 15. und 16. Jh. wirkten die Freiburger Priore mehrfach als Visitatoren der "Provincia Rheni", Gregor Reisch (Prior 1502–1525) war zeitweise auch "Visitator principalis" und Leiter des Generalkapitels ("Diffinitor capituli generalis") des Ordens. Seine Amtszeit markiert einen Höhepunkt des geistig-kulturellen Lebens in der Freiburger Kartause. Reischs "Margaritha philosophica", die als erste gedruckte Enzyklopädie gilt, ist zwar noch vor seiner Klosterzeit entstanden, erlebte aber mehrfache Neuauflagen, die dem Kloster gute Einnahmen verschafften. Beiträge namhafter Gelehrter bezeugen Reischs Einbindung in Gelehrtenkreise, einigen von ihnen erteilte er in der Kartause Unterricht. Im Klima der Hofnähe, das die Stadt Freiburg zu Beginn des 16. Jh. auszeichnete, fand er Anschluss an den Hof Maximilians I. und wurde 1519 als Beichtvater an das Sterbebett des Kaisers nach Wels berufen. 1509/10 ließ Reisch die Ordensstatuten in Basel drucken; kleinere Schriften wurden auch in der Kartause selbst gedruckt. Zur selben Zeit wirkte hier der Zeichner Martin Obermüller. Die Zusammensetzung der Bibliothek war vor allem durch Stiftungen, weniger durch systematischen Erwerb gekennzeichnet; einzelne erhaltene Bücher lassen noch das Signatursystem erkennen. Bei der Auflösung des Klosters befand sich die Bibliothek in einem zweistöckigen Raum samt Nebenraum. Der Buchbestand wurde damals auf mehr als 4.900 Titel beziffert und zwischen Freiburg und Wien aufgeteilt.
Wie in jedem Kartäuserkloster lebten die streng klausurierten Mönche in baulich getrennten Einzelzellen. Hinzu kamen die Wohnungen der Konversen und Gemeinschaftsräume wie Kirche und Konvent. Bei der Gründung des Klosters gab es nur zwei Mönchszellen, 1347 wurde ihre Zahl auf fünf erhöht. 1403 war der Gebäudebestand noch ärmlich. Im 15. Jh. sind mehrfach Baumaßnahmen bezeugt, bei denen auch neue Mönchszellen entstanden. Prior Reisch errichtete weitere fünf Zellen, eine Mühle sowie die Kirche, an der im 18. Jh. noch die Jahreszahl 1517 erkennbar war, und setzte sich für die künstlerische Ausgestaltung des Klosters ein. Der Kreuzgang erhielt eine qualitätvolle Farbverglasung, teilweise nach Entwürfen Hans Baldung-Griens, deren Stifter aus den Reihen von Stadt, Hof und Universität sowie aus Reischs persönlichem Umfeld kamen. 1525 und 1634 hatte die Kartause Zerstörungen zu erleiden, 1780 schädigte ein Brand das Kirchendach. Um die Mitte des 18. Jh. stellt sich das Kloster als vielteiliger, geordneter Komplex aus Eremitagen, Kirche, Konventsgebäude, Ökonomiebauten, Lust- und Nutzgärten dar. 1753-1756 ließ Prior Benedikt Kreysser dem eigentlichen Kloster einen schlossartigen Prioratsbau vorstellen, der Priorat, Prokuratur, Diener- und Gästezimmer aufnahm und rein repräsentativen Aufgaben diente. Das dreiflügelige, von Joseph Hirschbihl und Christian Haller erbaute Gebäude mit Walmdach blieb bis heute erhalten. Trotz verschiedener Einbauten des Pflegeheims ist der barocke Raumeindruck im Innern noch erkennbar. Die eigentlichen Klostergebäude hinter dem Prioratsbau verschwanden hingegen bald nach 1783, die Terrassierung des Geländes lässt ihren Standort noch erahnen. Von den übrigen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden des Klosters, die großenteils 1894 abgerissen wurden, sind zwei Wirtschaftshöfe am Fuß des Geländes übrig geblieben. |
- | <KB Freiburg> I/2, S. 922 f. |
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- | K. S. FRANK: Die Anfänge der Freiburger Kartause. In: <FDA> 99 (1979), 69-93. |
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- | Ders.: Das Ende der Freiburger Kartause. In: <FDA> 100 (1980), 378-401. |
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- | H. SCHADEK: Die Kartause Johannisberg. In: H. HAUMANN und H. SCHADEK (Hgg.): Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau Bd. 1. Stuttgart 1996, 440-443. |
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- | D. MERTENS: Zum Buchbesitz der Kartause Mons Sancti Johannis bei Freiburg im Breisgau. In: S. LORENZ (Hg.): Bücher, Bibliotheken und Schriftkultur der Kartäuser. Festgabe zum 65. Geburtstag von Edward Potkowski (Contubernium 59). Stuttgart 2002, 65-81 [auch in polnischer Sprache: Ksiazki kartuzji Mons Sancti Johannis pod Fryburgiem w Breisgau, in: S. LORENZ / E. POTKOWSKI (Hgg.): Kartuzi. Teksty, Ksiazki, Biblioteki I. Warszawa 1999, 145-164]. |
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- | Ders.: [Kartause] Freiburg i. Br. In: G. SCHLEGEL / J. HOGG (Hgg.): Monasticon Cartusiense Bd. 2 (Analecta Cartusiana 185.2). Salzburg 2004, 597–604. |
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- | C. JOOS: Gelehrt sind ihre Väter und fromm. Zur Geschichte der Freiburger Kartause. In: 1000 Jahre Wiehre. Ein Almanach 1008–2008. Hg. Von den Bürgervereinen der Wiehre. Freiburg 2007, 71-81. |
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