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Kapuzinerkloster Waghäusel - Geschichte
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Mit der 1616 erfolgten Berufung von Kapuzinern aus der Kölnischen Provinz nach Waghäusel fasste der Orden erstmals auf dem Gebiet der Diözese Speyer Fuß. Die Einführung der Ordensmänner war eine Initiative des damaligen Fürstbischofs Philipp Christoph von Sötern (1610-1652), der damit ein bereits 1602 von seinem Amtsvorgänger angestoßenes Projekt verwirklichte. Waghäusel besaß für die vor eine freie Standortwahl gestellten Kapuziner allein deshalb große Anziehungskraft, weil dort eine im letzten Viertel des 15. Jh. zu großer Blüte gelangte, durch die Reformation aber in ihrer Bedeutung zurückgedrängte Marienwallfahrt bestand. Den Ordensmännern war es ein vordringliches Anliegen, der in einem wundertätigen Gnadenbild verehrten Muttergottes möglichst viele Pilger zuzuführen.
Unterkunft fanden die zunächst nur mit einem Hospiz vertretenen Kapuziner in einem turmähnlichen Bau, der neben der 1473 errichteten Gnadenkapelle stand. Bereits 1619 sahen sich die Ordensleute durch den Verlauf des 30-jährigen Krieges dazu gezwungen, ihre Heimstatt zu verlassen und in die 1615-1623 in unmittelbarer Nachbarschaft erbaute Festung Philippsburg zu fliehen. Der dortige Aufenthalt der Kapuziner war zwar nur von kurzer Dauer, da sie nach 1620 zuerst Speyer und dann Mainz als Ausweichquartiere bevorzugten. Indem zwei Patres in der Festung zurückblieben, um als Militärseelsorger zu wirken, wurde gleichwohl ein in der Folgezeit konstant wahrgenommener Aufgabenbereich erschlossen. Die 1630 erfolgte Rückkehr der Ordensmänner währte nur zwei Jahre, da sie durch den Siegeszug der schwedischen Truppen zu einem neuerlichen, bis 1638 währenden Aufenthalt in Speyer genötigt wurden. Im folgenden Jahr konnte mit dem Bau eines Klosters neben der Kapelle begonnen werden. Der kaiserliche Hauptmann Kaspar Baumberger, dem es 1635 gelungen war, die Franzosen aus der Festung Philippsburg zu vertreiben, schrieb seine militärischen Erfolge dem Wirken des Gnadenbildes zu und stellte für die 1639 erfolgte Klostergründung die nötigen Finanzmittel bereit.
Auch die weiteren Geschicke Waghäusels wurden von der immer wieder im Mittelpunkt militärischer Auseinandersetzungen stehenden Festung Philippsburg in hohem Maße geprägt. So sah sich der Konvent im Pfälzischen Erbfolgekrieg dazu genötigt, von 1690 bis 1698 in Kirrlach Quartier zu nehmen. Dass bereits 1683 eine bauliche Erweiterung der Gnadenkapelle vorgenommen wurde, zeugt dafür, dass es die Kapuziner im Laufe des 17. Jh. verstanden hatten, den Wallfahrtsort einer neuen Blüte zuzuführen.
Die Fürstbischöfe von Speyer, allen voran Damian Hugo Philipp von Schönborn (1719-1743), erwiesen sich dem Waghäuseler Konvent, als dessen berühmtestes Mitglied der hier verstorbene Volksschriftsteller Martin von Cochem (1634-1712) zu gelten hat, stets als Wohltäter. Unter den weltlichen Förderern des Wallfahrtsortes ragten die Markgrafen von Baden-Baden heraus.
Im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 fiel das Hochstift Speyer und mit ihm auch Kloster Waghäusel an den badischen Staat, welcher mit der Aufhebung des Konvents bis ins Jahr 1819 wartete. Der letzte Kapuziner verließ Waghäusel erst neun Jahre später. Das von der großherzoglich-badischen Regierung im Herbst des Jahres 1918 erlassene Gesetz über die Zulassung von Männerorden ermöglichte es dem Erzbischöflichen Ordinariat Freiburg, der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz das Angebot zu einer neuerlichen Inbesitznahme auszusprechen. Gleich ihren frühneuzeitlichen Vorgängern sahen die in Waghäusel von 1920-1999 wirkenden Ordensmänner ihre wichtigste Aufgabe in der Betreuung der Wallfahrt. Nach einem Brand der Wallfahrtskirche 1920 erinnert lediglich der Chor an die frühere Klosterkirche.
MATTHIAS ILG     
LITERATUR
-<KDB IX/2> 322-335.
- D. SCHROPP O.F.M. Cap.: Beiträge zur Geschichte der Wallfahrt und des Kapuzinerordens von Waghäusel. Philippsburg 1922.
- [Anonymus]: Die Wallfahrtskirche in Waghäusel, Ulm 1962.
- A. EHRENFRIED O.F.M. Cap.: Waghäusel. Die Wallfahrt und die Kapuziner. Ulm 1966.
- H. WEIN: Kloster und Wallfahrtskirche Waghäusel: Wallfahrt und geistliches Leben im Wandel der Zeit. Lindenberg 2004.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart J 170 Bü 27: Berichte von Gemeinden über die Kriegsereignisse 1945 und das Ausmaß der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
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