Klöster in Baden-Württemberg
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Benediktinerabtei St. Peter im Schwarzwald - Geschichte
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Abbildung  Button Benediktinerabtei St. Peter im Schwarzwald. Aquarell von M. Weber, 1838.
Die Entscheidung der Herzöge von Zähringen, die Benediktinerabtei St. Peter auf dem Schwarzwald zu errichten, erfolgte nach 1090 im Zusammenhang des Investiturstreits. Bei der Verlegung ihres Machtzentrums in den Breisgau wurde das 1073 in Weilheim/Teck gestiftete Priorat auf den Schwarzwald übertragen und hier als selbständige Abtei zum Haus- und Grabkloster des einflussreichen Fürstengeschlechts. 1095 bestätigte Papst Urban II. die Stiftung mit den ihr gewährten Freiheiten. Bis zum Ende der Klosterzeit 1806 berief sich die Abtei auf diese Privilegien. St. Peter war von Anfang an neben einem politischen zugleich ein kulturelles Zentrum, wie eine bald nach seiner Gründung nachgewiesene leistungsfähige Schreibstube belegt.
Der Herrschaftsbesitz bestand bis zur Berner Reformation 1527 zu großen Teilen aus dem Erbgut der Gattin des Gründers, Agnes von Rheinfelden, in Gütern in der heutigen Schweiz in und um die Gemeinden Herzogenbuchsee, Seeberg und Huttwil. Im Breisgau wurde das Besitztum in der Frühphase vor allem durch Stiftungen erweitert. Wichtige Erwerbungen waren in der zweiten Hälfte des 16. Jh. die Filiale Sölden und das zum Priorat erhobene St. Ulrich im Möhlintal. Bis ins 18. Jh. gehörten mehrere Gemeinden zur Herrschaft St. Peter. Trotz der Reformation in Württemberg behielt die Abtei auch an ihrem ursprünglichen Ort Weilheim/Teck und dem nahe gelegenen Bissingen bis zum Ende der Klosterzeit Verwaltungs- und Besetzungsrechte.
Die Vogtei lag zu Beginn bei den Zähringern, später bei deren der Abtei weniger wohlgesonnenen Erben. 1526 löste das Kloster auf eigene Kosten die alte Herrschaft ab und unterstellte sich dem Haus Habsburg. Bis ins 18. Jh. spielte die Frage des Einflusses der Vogtei z. B. bei Abtswahlen eine wichtige Rolle.
Man wird die über 700-jährige Geschichte als einen immer währenden Wechsel guter und schlechter Zeiten sehen können. Schlimme Zeiten waren die Kriege, wie der 30-jährige Krieg, die Raubzüge Ludwig XIV., der Spanische Erbfolgekrieg oder Besetzungen im Gefolge der Französischen Revolution. Katastrophen waren die vier Brände (1238, 1437, 1644, 1678), teils als Folge der Kriege, und die großen Seuchen, in denen elendes Sterben zum Alltag wurde. Dramatisch muss die Zeit um 1520 gewesen sein, als der humanistisch gebildete Prior Michael Sattler versuchte, das Kloster der Reformation zuzuführen, an der Gegenreformation scheiterte und dann als Autor des "Schleitheimer Bekenntnisses" zum Mitbegründer der süddeutschen Täufergemeinden wurde.
Das 18. Jh., die Bauzeit der heutigen Anlage, war für Klöster eine zwiespältige Zeit: Einerseits entfalteten sie in ihren barocken Bauten eine den weltlichen Höfen entsprechende Pracht. Andererseits zeigte die dadurch repräsentierte Macht bereits so tiefe Risse, dass Ahnungen von Säkularisation lange vor 1803 verbreitet waren. Der Blick auf den Konvent zeigt, dass den etwa seit 1700 spürbaren Bedrohungen eine Reihe hervorragender Äbte entgegen stand. Ulrich Bürgi (1719-1739) setzte den Neubau der Kirche durch und begann mit dem Bau und der Bestückung der Bibliothek. Philipp Jakob Steyrer (1749-1795) vollendete den Klosterbau als "Schlosskloster” und verteidigte die Rechte der vorderösterreichischen Prälaten am Wiener Hof. Der letzte Abt, Ignaz Speckle, (1795-1806) kämpfte lange über die Aufhebung hinaus um Erhalt und Wiederherstellung der Abtei. Alle drei Äbte sind durch ihr Schrifttum hervorgetreten: Bürgi durch seine Geschichtsschreibung, Steyrer durch seine Rechtssammlungen und seinen Kampf gegen die klosterfeindliche Aufklärung, Speckle durch sein Tagebuch - eine der wichtigsten Quellen für die Säkularisation im deutschen Südwesten. Darüber hinaus kann man von St. Peter ähnlich wie von St. Blasien auch von einer Gelehrtenakademie sprechen, deren bekannteste Vertreter der Mathematiker, Physiker und Uhrenkonstrukteur Thaddäus Rinderle ist. Dennoch zeigte auch der Konvent von St. Peter in seiner Schlussphase ein widersprüchliches Bild. Nur noch ein Teil war bereit, mit Abt Speckle um das Überleben der Abtei zu kämpfen.
Trotz vieler Bemühungen, die drohende Aufhebung abzuwenden, wurde die Abtei 1806 vom badischen Großherzog aufgelöst. Wenigstens wurden die Gebäude nicht wie andernorts als Steinbruch, sondern "nur" als Lagerräume genutzt. Während der Napoleonischen Befreiungskriege wurden sie für mehrere Monate zum Lazarett. Eine 1910 östlich des Klosters errichtete Kapelle erinnert an die 848 hier verstorbenen Soldaten.
Im Tausch gegen das vormalige bischöflich Konstanzer Seminar in Meersburg kamen die Gebäude in Verfügung und Besitz der nach 1821 gegründeten Erzdiözese Freiburg. Bis 2006 wurden sie als deren Priesterseminar genutzt. Die Studenten bereiteten sich hier nach Abschluss ihrer Studien mit einem differenzierten Lehrangebot in einem ersten Abschnitt auf die Diakonenweihe und nach einem praktischen Jahr in Pfarrgemeinden der Erzdiözese auf die Priesterweihe und die sich anschließenden seelsorgerischen Aufgaben vor. Seit 2006 befindet sich in den Gebäuden das "Geistliche Zentrum St. Peter" der Erzdiözese.
Die 1093 erstmals geweihte Kirche brannte im zweiten Großfeuer 1437 vollständig aus. Erst im Jahre 1500 ist wieder die Weihe einer Kirche überliefert. Im 17. Jh. wurden Kirche und Kloster zweimal, 1644 und 1678, durch Kriegseinwirkungen beschädigt. Abt Ulrich Bürgi ließ bald nach seiner Wahl einen Neubau in Angriff nehmen. Im Herbst 1727 wurde die Kirche geweiht, 1733 ihre Ausstattung abgeschlossen. 1737 fiel im Konvent die einstimmige Entscheidung, eine Bibliothek zu bauen. Mit dem Tod von Bürgi brach die Bautätigkeit in St. Peter ab. Erst sein Nachnachfolger Philipp Jakob Steyrer ließ nach seiner Wahl 1749 die Arbeiten an der Bibliothek durch Peter Thumb wieder aufnehmen. In den folgenden Jahren wurden die Konventsgebäude erneuert und dabei Fest- und Kapitelsaal, Gänge und Treppenhaus mit einer originellen, größtenteils erhaltenen Bilderwelt versehen.
Beim Betreten der nicht genau geosteten, einschiffigen Kirche entfaltete sich die Pracht des barocken "himmlischen Thronsaales" in den zu dieser Zeit schon traditionellen Formen des "Vorarlberger Münsterschemas". Die Zähringerfiguren vor den Wandpfeilern lassen die Kirche zum "Fürstensaal" werden. Auch die nach 1770 im Chor neu aufgeführten Grabmäler der Zähringer sind eine Art politischen Appells an das Haus Baden, sich in ihrem Verhalten gegenüber dem Kloster ihrer hier beigesetzten Vorfahren würdig zu erweisen. Für den Hochaltar sind acht Altarbilder vorhanden, die mit dem Lauf des Kirchenjahres gewechselt werden. Neben der Sakristei kommt man aus dem Chor in den gewölbten Kreuzgang. Hier befindet sich die "Äbte-Galerie", die ebenso wie der im oberen Stock der ehemaligen Klausur erhaltene Benediktszyklus der Unterweisung und Bildung des Konvents diente. Die Bibliothek ist das architektonische und geistige Zentrum der Abtei. Deren spannungsreiches Bildprogramm zeigt, dass sich das Kloster neben der Aussendung und Weitergabe der göttlichen Weisheit auch modernen Wissenschaften wie der Astronomie öffnen wollte und zudem in Erziehung und Bildung eine zentrale Aufgabe klösterlichen Wirkens sah.
Im Südtrakt des Obergeschosses liegt als Ort öffentlicher, politischer Repräsentation der große Fest- und Gastsaal, welcher für die Abtei als weltliche Herrschaft eine unabdingbare Einrichtung war. Das Treppenhaus an der Klosterpforte, der Ort für Begrüßung und Abschied gemäß höfischem Zeremoniell, vermittelte mit der Aussendung der Apostel indirekt auch dem Besucher einen Auftrag, "in aller Welt" den Ruhm dieser Abtei zu deren Nutzen zu verbreiten. Die vier Erdteile zeigen eindrucksvoll das damalige Weltbild.
Kirche und Kloster von St. Peter bilden ein Gesamtkunstwerk, in dem sich die Möglichkeiten und Ressourcen einer kleinen Schwarzwälder Abtei wiederspiegeln. Im deutschen Südwesten ist dies die einzige in der Barockzeit vollständig neu errichtete und bis heute weitgehend im ursprünglichen Zustand erhaltene Klosteranlage. Sie birgt einen großen Teil ihrer klösterlichen Ausstattung. Mit ihren Bildern und Figuren, häufig auch durch deren Hintersinn, wird sie als Ensemble zu einer beachtenswerten Quelle für die Geistes- und Sozialgeschichte des südwestdeutschen Raumes im 18. Jahrhundert.
HANS-OTTO MÜHLEISEN     
LITERATUR
-<KB Freiburg> II/2, 897-924.
- <KDB VI/1> 327-349, 528.
- K. WEBER: St. Peter im Wandel der Zeit. St. Peter/Freiburg 1992.
- H.-O. MÜHLEISEN (Hg.): Das Vermächtnis der Abtei. 900 Jahre St. Peter auf dem Schwarzwald. Karlsruhe 2. Aufl. 1994 (darin eine umfassende Bibliographie von A. Raffelt bis 1993).
- DERS.: St. Peter auf dem Schwarzwald. Aus der Geschichte der Abtei. Beuron/Lindenberg 2003.
- DERS. / H. OTT / Th. ZOTZ: Das Kloster St. Peter auf dem Schwarzwald. Studien zu seiner Gründung im 11. Jh. bis zur frühen Neuzeit. Waldkirch 2001.
-#http://www.ub.uni-freiburg.de/referate/04/raffelt/sankt-peter-literatur.html
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 5 b: Neuwürttembergische geistliche Zins- und Haischbücher
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 233: Lagerbücher der Klöster und Stifte: Salem-Stetten
-Generallandesarchiv Karlsruhe 102: Sankt Peter
-Generallandesarchiv Karlsruhe 108: Badenweiler
-Generallandesarchiv Karlsruhe 115: Hochberg
-Generallandesarchiv Karlsruhe 137: Emmendingen, Amt mit Vierdörferwald
-Generallandesarchiv Karlsruhe 14: Sankt Peter
-Generallandesarchiv Karlsruhe 152: Kirchhofen, Amt, Herrschaft und Ort
-Generallandesarchiv Karlsruhe 198: Emmendingen, Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 200: Freiburg, Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
-Generallandesarchiv Karlsruhe 48: Haus- und Staatsarchiv: III. Staatssachen
-Generallandesarchiv Karlsruhe 64: Anniversarienbücher
-Generallandesarchiv Karlsruhe 66: Beraine
-Generallandesarchiv Karlsruhe 67: Kopialbücher
-Generallandesarchiv Karlsruhe 74: Baden-Generalia
-Generallandesarchiv Karlsruhe 95: Petershausen
-Generallandesarchiv Karlsruhe B: Papsturkunden vor 1200
-Generallandesarchiv Karlsruhe C: Privaturkunden vor 1200
-Generallandesarchiv Karlsruhe D: Kaiser- und Königsurkunden 1200-1518
-Generallandesarchiv Karlsruhe E: Papsturkunden 1198-1302
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