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Franziskanerinnenkloster Neuhausen auf den Fildern - Geschichte
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Das genaue Gründungsdatum des Terziarinnenkonventes St. Elisabeth in Neuhausen ist nicht bekannt. Nach der Chronik des Franziskanerpaters Berardus Müller aus dem Jahre 1703 wurden in Neuhausen Beginen 1334 während der Regentschaft Papst Johannes XXII. im Zuge der allgemeinen Maßnahmen gegen Beginen aus ihrer Behausung vertrieben.
Nach der Aufhebung der Sammlung kam es um 1340 zu einer Neukonstitution unter der Drittordensregel des hl. Franziskus. Die Vereinigung schloss sich den Esslinger Terziarinnen an und gehörte zur schwäbischen Kustodie der Oberdeutschen Provinz. Sie standen unter der Aufsicht des Franziskanerprovinzials, hatten den Ortspfarrer zu ihrem ordentlichen und einen Franziskaner von Gmünd zu ihrem außerordentlichen Beichtvater. Um 1460 bildeten zwölf Frauen den Konvent, 1662 umfasste er mehr als 20 Schwestern, während es 1790 nur noch neun Personen waren.
Die Frauen bewirtschafteten den kleinen Gemüsegarten und führten den eigenen Haushalt. Wiesen und Äcker waren verpachtet, aus Kapitalzinsen wurden weitere Einkünfte erzielt. Weder bei der Jugenderziehung noch bei der Krankenpflege traten die Terziarinnen in Erscheinung. 1757 lehnten sie eine Bitte der Rotenhan´schen Herrschaft ab, eine Mädchenschule einzurichten. Zu ihren religiösen Verpflichtungen gehörten die Gebete für das Seelenheil ihrer Wohltäter, das Beten gegen Entgelt bei Beerdigungen sowie das Beten und Singen bei Jahrtagsmessen. Am siebten Sonntag nach Pfingsten wurde - gleichzeitig mit dem "Bruderschaftssonntag" - mit einem Hochamt und einer Prozession der "Portiuncula-Ablass" begangen.
Wesentlich nachhaltiger wirkten die Terziarinnen auf die örtliche Fastnachtskultur ein: einerseits durch die "Geldbeutelwäsche", ein symbolischer Akt der Reinwaschung am Ende der Fastnachtszeit und vor dem Beginn der österlichen Fastenzeit. Hier paust sich als sinnbildhaftiger Akt die franziskanische Vorstellung der Loslösung vom Geld durch als Voraussetzung für das Eingehen in die Caritas-Gemeinschaft. Ein Brauch, der die Auflösung des Konventes überdauert hat und seine Fortsetzung in einer säkularen Welt fand.
Ebenso nachhaltig zeigt sich das Feiern der "Altweiberfastnacht", eine Festform, die auf das Feiern einer Fastnacht der verheirateten Frauen mit den Terziarinnen zurückzuführen ist. Durch ihre vermittelnde Stellung zwischen Kloster und Welt war es ihnen gestattet, bei "ehrlichen" Festen dabei zu sein, aber auch Freunde, Bekannte und Verwandte in den Konvent einladen zu dürfen. Dieses gemeinsame Fest der Frauen des Ortes - die anderen Festformen waren reine Männergesellschaften - wurde am Donnerstag vor Fastnachtssonntag gefeiert.
In der Säkularisation wurde das Kloster dem Deutschen Orden zugesprochen, der Ort selbst kam an Baden. Bei der Inventarisation des Besitzes ergab sich ein Gesamtvermögen von rund 35.000 Gulden (u. a. 13.000 Gulden Liegenschaften, 20.110 Gulden Aktivkapitalien). Erst 1806 kamen Dorf und Kloster an Württemberg. Baden hatte für den Unterhalt der sechs Schwestern zu sorgen, die mit einer Pension entschädigt wurden. Der gesamte Klosterbesitz wurde mit einem Erlös von rund 16.000 Gulden versteigert. Die Gebäude wurden durch die Gemeinde erworben.
Um 1475 erhielten die Terziarinnen von der Herrschaft ein Grundstück östlich der Pfarrkirche und des Friedhofes als Schenkung. Auf massivem Fundament aus Bruchsteinen erhob sich ein schlichter, zweistöckiger Fachwerkbau mit Satteldach. In den verschiedenen Stockwerken waren die Räume für den Wirtschaftsbetrieb, die Konventsstube, die Schlafräume der Terziarinnen und eine kleine Hauskapelle. Über einen separaten Gang waren die Schwestern direkt an die alte Pfarrkirche angebunden, wo sie ein eigenes Oratorium besaßen. Der gesamte Gebäudekomplex wurde 1850 aus Anlass der Vergrößerung des Kirchenbaus abgerissen.
MARKUS DEWALD     
LITERATUR
-<ERZBERGER> 409.
- <Württ. Klosterbuch> 362-364 (M. DEWALD).
- <AFA> 12 (1964) 127.
- <KB Esslingen> II, 244-257.
- K. BRINZINGER: Geschichtliche Notizen über einige im Umfang des jetzigen Landkapitels Stuttgart gelegene Pfarreien, Kirchen und Klöster. In: <DAS> 4 (1887) 75.
- B. STENGELE: Ämtertafel des ehemaligen Nonnenklosters zu St. Elisabetha in Neuhausen (1790) und des Franziskaner-Frauenklosters zum hl. Ludwig in Schwäbisch Gmünd (1790). In: <DAS> 5 (1888) 44.
- M. DEWALD: Frauen-Fastnacht-Franziskanerinnen. Herkunft und Persistenz franziskanischer Fest- und Brauchkultur. Unveröff. Mskr. Neuhausen 1999.
- K.FAST (Hg.): Zwischen Himmel und Erde. Klöster und Pfleghöfe in Esslingen : eine Ausstellung der Städtischen Museen und des Stadtarchivs Esslingen am Neckar in der Franziskanerkirche Esslingen, 27. September 2009 bis 31. Januar 2010. Begleitpublikation im Namen der Stadt Esslingen am Neckar. Petersberg 2009.
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