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Benediktinerpropstei Schienen - Geschichte
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Nach der Genesiuslegende, die um 830 aufgezeichnet wurde, gab Papst Leo III. (795-816) ein Schenkelbein des Heiligen, dessen Reliquien aus Jerusalem nach Italien gekommen waren, an den Grafen von Florenz Scrot (gest. vor 824). Dieser brachte zwischen 800 und 806 die Reliquie nach Schienen, wo er sie in seiner Eigenkirche St. Michael zur Verehrung präsentierte. Nach dem Translationsbericht entstand neben der Kirche eine Zelle, die der Betreuung der schnell einsetzenden Wallfahrt diente. Die zunehmende Bedeutung Schienens als Kultort ließ die Anzahl der Geistlichen wachsen und einen Bedarf nach neuen Gebäuden entstehen. Die Errichtung größerer Bauten dürfte in die Jahre nach 830 fallen, wahrscheinlich gab Graf Ato I. (831-854 belegt), ein Verwandter Scrots, hierzu den Auftrag.
Nach Helmut Maurer handelte es sich in Schienen von Beginn an um eine ländliche Klerikergemeinschaft. Ein Reichenauer Zeugnis des 11./12. Jh. hebt hingegen hervor, dass die Angehörigen des Konvents in Schienen einst nach dem "ordo monachorum" gelebt und erst später den "ordo canonicorum" angenommen hätten. Bereits um 900 war Schienen in den Besitz des nahe gelegenen Klosters Reichenau gelangt. Nach frühneuzeitlicher Überlieferung schenkte König Ludwig das Kind (900-911) Schienen dem Kloster Reichenau. Initiator und treibende Kraft dürfte der Reichskanzler Hatto gewesen sein, der zugleich als Abt der Reichenau (888-913) fungierte.
Im 12. Jh. besaßen vielleicht die Zähringer die Vogtei über Schienen, im frühen 13. Jh. ist Herzog Albrecht von Teck als deren Inhaber belegt. Das Kloster Reichenau erwarb 1215 die Vogtei zurück und gab sie als Lehen an die Herren von Schienen aus. Diese verwalteten als reichenauische Ministerialen den Besitz des Stifts, der sich vor allem auf der Höri, daneben im Hegau und Klettgau befand.
Schienen wird erstmals 1215 explizit als Propstei angesprochen. In der Folgezeit waren meist ein Kustos, dem die Leitung der Gemeinschaft zukam, und drei Chorherren bepfründet. Im Jahr 1452 wurde die Propstei dem Kloster Reichenau inkorporiert. Nun ersetzte ein Propst den Kustos, die Dignität sank zur Pfründe für einen Reichenauer Konventualen ab. Der Bildersturm in der Reformation, die fortschreitende Verwahrlosung der Kirche und die Inkorporation der Reichenau und damit auch Schienens zugunsten des Konstanzer Hochstifts 1540 hätten fast das Ende des kleinen Konvents bedeutet, doch eine ab 1560 aufblühende Marienwallfahrt sicherte den Bestand des Stifts. Schienen blieb mit der Reichenau verbunden, aber unterstand nun dem Konstanzer Bischof; seit 1637 wurde das Stift vom Obervogteiamt Öhningen aus verwaltet. Die Aufhebung des Klosters Reichenau Jahr 1757 bedeutete auch das Ende für die Gemeinschaft in Schienen.
Bereits im 9. Jh. soll es in Schienen eine bedeutende Genesiuswallfahrt gegeben haben, sicher fassbar ist eine nach der Reformation begründete und bis heute lebendige Marienwallfahrt. Ein Reichenauer Mönch schrieb auf Anordnung seines Abts Erlebald (823-838) einen Translations- und Wunderbericht des hl. Genesius, die ein wichtiges Zeugnis der Reichenauer Hagiographie des 9. Jh. darstellt.
Die heute erhaltene dreischiffige flachgedeckte romanische Pfeilerbasilika ohne Querschiff und ohne Turm stammt zu weiten Teilen aus dem 11. Jahrhundert. Sie dient heute dem Dorf Schienen als Pfarrkirche. Die barocke Ausstattung des 18. Jh. wurde zu Beginn des 20. Jh. durch eine neuromanische ersetzt; jüngere Renovierungen versuchten, den Originalzustand des 11. Jh. wiederherzustellen. Die 1574 erbaute Propstei (heute Pfarrhaus) erfuhr im 17. und 19. Jh. mehrere Neugestaltungen.
Den bedeutendsten Teil der Kirchenausstattung bildet eine Plastik Marias mit dem Kind aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Daneben sind eine um 1500 entstandene Michaelsplastik, die Figur der Anna selbdritt aus der Zeit um 1600, eine Kreuzigungsgruppe, die um 1700 geschaffen wurde, das Taufbecken von 1574 sowie eine Wandmalerei im rechten Seitenschiff aus der Mitte des 15. Jh. von Bedeutung.
ANDREAS BIHRER     
LITERATUR
-<GermBen> V, 556-560 (A. MÜLLER).
- <KB Konstanz> III, 366-368.
- <KDB I> 376f.
- H. MAURER: Ländliche Klerikergemeinschaft und Stift in karolingischer Zeit. Vergleichende Beobachtungen an Beispielen aus der Diözese Konstanz. In: S. LORENZ / T. ZOTZ (Hg.): Frühformen von Stiftskirchen in Europa. Funktion und Wandel religiöser Gemeinschaften vom 6. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts. Leinfelden-Echterdingen 2005, 339-356.
QUELLEN
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
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