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Franziskanerinnenkloster "an der Frauenstraße" Ulm - Geschichte
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Urkundlich belegt ist die Sammlung erstmals 1284 durch den Schutzbrief von Papst Martin IV. Daraus geht hervor, dass Meisterin und Schwestern in der Lebensführung ihrem Vorbild Franz von Assisi folgten und seelsorgerisch von den Minderbrüdern betreut wurden. Die Schwestern verfügten bereits über beachtlichen Haus- und Grundbesitz. 1286 erhielten sie die Erlaubnis, eine Kapelle zu errichten.
Nach Fabri haben Schwestern aus Büren die Sammlung kurz nach Ankunft der Franziskaner (1229) gegründet, vermutlich mit Ulmer Beginen. Ihr Anwesen lag außerhalb der Mauern des Barfüßerklosters auf dem heutigen Münsterplatz. Die Frauen kamen aus dem Patriziat und gehobenen Bürgertum. Sie wählten aus ihrem Kreis die Meisterin und waren frei, die Sammlung wieder zu verlassen. Als Beginengemeinschaften nach dem Verbot von 1311 zunehmend in Klöster umgewandelt oder aufgelöst wurden, gelang es den Schwestern mit ihrer Meisterin Agnes von Hall die informelle Verbindung zu den Franziskanern in einer Ordnung vertraglich zu regeln. Sie betonten als Bürgerinnen ihre Bürgerrechte und gelobten vor dem Amman am 8. Januar 1313 dem Franziskanerorden ewigen Gehorsam; die seelsorgerliche Betreuung durch die Barfüßer wurde 1318 durch den Konstanzer Bischof bestätigt.
1344 wurde die Zahl der Schwestern auf zwölf begrenzt. Das Mindestalter wurde auf zwölf Jahre und das Stimmrecht ab 15 Jahre festgelegt. Der Schutz der Sammlung lag beim Rat. 1378 wurden drei Schwestern zum Aufbau eines Konvents nach Oggelsbeuren entsandt. Der Münsterbau erforderte die Räumung der Sammlungsgebäude. 1387 bezogen die Schwestern die neue Sammlung an der Frauenstraße. Im Haupthaus lagen die Kapelle und Konventstube, in der reisende Frauen und Pilgerinnen beherbergt wurden.
Urkunden der Sammlung "gemeinlich der Schwestern zu Büren" belegen Ankäufe von Höfen und Häusern. Der Kauf des Dorfes Ersingen 1406 und des Großteils von Asselfingen 1421 war der wirtschaftliche Höhepunkt. Meisterin und Schwestern erhielten die Herrschaftsrechte und erlangten 1461 auch das Patronat für die Ersinger Pfarrkirche. Die Sammlung förderte das Sozial- und Bildungswesen u. a. mit der täglichen Speisung von 60 armen Schülern und der Vergabe von Stipendien.
Die Observantenreform im Barfüßerkloster 1484 bewog die Schwestern, ihre vertragliche Bindung an den Orden zu lösen. Mit dem vom Bischof bestellte Visitator Dr. Neithart kam es zu schweren Zerwürfnissen, die geistliche Gerichte bis nach Rom beschäftigten. Nach der Reformation konnten die Schwestern ihr religiöses Leben mit Andachten in deutscher oder lateinischer Sprache fortsetzen: Sie sollten aber nach der göttlichen Regel Christi leben, da die Regel des Franziskus Menschenwerk sei. Der Ratsbeschluss vom 5. Juli 1536 sicherte den Fortbestand der Sammlung als weltliches Stift. Bis 1564 war die Sammlung eine ökumenische Gemeinschaft.
Seit dem 17. Jh. nahm der Rat zunehmend Einfluss auf die Vermögensverwaltung und Lebensführung der Schwestern. 1649 setzte er gegen den Willen der Sammlung einen Hofmeister ein. 1654 entzog er der Meisterin die Geschäftsführung und konfiszierte das Sammlungsarchiv. Mit der Autonomie hatte die Sammlung auch die Attraktivität für Ulmer Frauen verloren. 1670 war die Meisterin Eleonore Ehinger die einzige Bewohnerin. 1704 traten wieder vier Frauen in das "Hochedle Stift" ein, unter ihnen die Musikpädagogin und Komponistin Barbara Kluntz. Sie setzte ihre Berufstätigkeit fort und machte das Stift zu einem kulturellen Mittelpunkt.
1808 wurde die Sammlung aufgelöst und das Vermögen von der bayerischen Verwaltung dem St. Annastift in München zugewiesen. Von 1860 bis zur Zerstörung beim Bombenangriff am 17. Dezember 1944 war ihr Gebäude Sitz der ersten Höheren Mädchenschule in Ulm.
ILSE SCHULZ     
LITERATUR
-<Württ. Klosterbuch> 484 (I. SCHULZ).
- <AFA> 2 (1958) 157-226 (M. HEINRICHSPERGER).
- K. S. FRANK: Die Franziskanerinnen in der Ulmer Sammlung. In: H. E. SPECKER / H. TÜCHLE (Hg.): Kirchen und Klöster in Ulm. Ein Beitrag zum katholischen Leben in Ulm und Neu-Ulm von den Anfängen bis in die Gegenwart. Ulm 1979, 148-162.
- I. SCHULZ: Schwestern, Beginen, Meisterinnen, Hygieias christliche Töchter im Gesundheitswesen einer Stadt. Ulm 1992.
- Verwehte Spuren. Frauen in der Stadtgeschichte. Ulm 1998.
QUELLEN
-Staatsarchiv Ludwigsburg B 207: Ulm, Reichsstadt
-Staatsarchiv Ludwigsburg B 209 d: Ulm, Reichstadt: Sonstige Behörden
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