Klöster in Baden-Württemberg
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Kapuzinerkloster Riedlingen - Geschichte
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Noch während des 30-jährigen Krieges wollten sich Kapuziner in Riedlingen niederlassen. Magistrat und Bürgerschaft argumentierten zunächst gegen dieses Vorhaben. Ein starker Befürworter der Ansiedlung war jedoch der damalige Stadtpfarrer Jakob Stueler. Mit der Einwilligung des Konstanzer Bischofs und der Zustimmung seitens der österreichischen Regierung trafen schließlich die ersten Kapuziner 1645 ein, und am 18. Oktober desselben Jahres konnte bereits der Grundstein für das neue Kloster durch Abt Ulrich IV. von Zwiefalten gelegt werden. Schon bald hatten die Bewohner Riedlingens "über das Wohnen der Kapuziner in ihrer Mitte große Freude und großen Trost" empfunden. Das kam in der großen Hilfe zur Finanzierung des Klosterbaus durch die Bürger der Stadt zum Ausdruck. Dem guten Beispiel hatten sich die Äbtissin von Lindau mit 800 Gulden und der Weihbischof von Breslau, Johann Balthasar Liesch von Hornau im Zündel, dessen Bruder in Riedlingen Kapuziner und zeitweiliger Superior war, mit 1700 Gulden sowie die umliegenden Klöster und der Ortsadel angeschlossen. 1655 konnten sich die Mönche im neuen Konventgebäude versammeln. Der erste Guardian, Pater Mansuetus, kam aus Ellwangen.
Bereits 1656 konnte die Klosterkirche mit drei Altären im Beisein des Zwiefaltener Abtes durch den Weihbischof von Konstanz dem hl. Sebastian geweiht werden. Ein vierter Altar, dem hl. Fidelis geweiht, kam nach dessen Seligsprechung 1729 dazu.
Die Riedlinger Kapuziner gehörten seit 1668 als vorderösterreichisches Kloster zur gleichnamigen Kapuzinerprovinz. 1696 fand in Riedlingen ein Provinzkapitel statt.
Die Kapuziner waren ohne Einkommen. Sie lebten von Almosen, Spenden der Bevölkerung und regelmäßig wiederkehrenden Gaben (Wein, Bier, Schafe, Stockfische und Wachs, aber auch Schnupftabak und Filzpantoffeln) der umliegenden Klöster in Buchau, Heiligkreuztal, Obermarchtal, Uttenweiler und Zwiefalten. Ferner verdienten sie sich ihre Kreuzer beim Predigen und Messe lesen sowie dem Hostien backen für die umliegenden Pfarreien und Klöster. Der Guardian hatte auch als Beichtvater dem Riedlinger Frauenkloster zur Verfügung zu stehen und dort wöchentlich drei Messen zu lesen.
Als bedeutendsten Gelehrten kann das Riedlinger Kloster Pater Andreas (aus Marchtal oder Ehingen, + 1778 Markdorf) anführen, der zwischen 1742 und 1743 dem Konvent angehörte und der Verfasser eines einst zehn Bände umfassenden, in Latein verfassten Tagebuches "Armarium Quodlibeticum" ist.
Bereits 1783 bestand für das Kapuzinerkloster die Gefahr der Auflösung, was aber durch eine Bittschrift des Magistrats an die Obervogtei in Altdorf verhindert werden konnte. Man erklärte die acht Patres und zwei Laienbrüder für unentbehrlich, da diese in der Seelsorge ständig aushelfen müssten und "das Volk lieber zu den Kapuzinern gehe als zu der Weltgeistlichkeit". Dadurch werde auch der "städtische Commerz befördert". Die Kapuziner blieben, durften jedoch keine Novizen mehr aufnehmen.
1806 ließ sich die Auflösung nicht mehr aufhalten. Das österreichische Riedlingen fiel an das Königreich Württemberg. Im Riedlinger Kloster wurde eine der vier zentralen Sammelstellen für Bettelmönche eingerichtet. Hier konnten die Kapuziner bis zu ihrem Tod verbleiben. Gemeinsames Chorgebet und das Tragen des Habits war verboten. 1810 hielten sich hier noch 13 Patres und fünf Laienbrüder auf. 1812 erwarb die Stadt den Klosterkomplex vom Königreich für 3.000 Gulden und hatte als Gegenleistung ein Oberamtsgebäude zu erstellen. Als die Hospitalpflege das Anwesen 1832 um 6.000 Gulden kaufte, musste der letzte lebende Kapuziner das Kloster verlassen und in die Stadt ziehen. Aus dem Kapuzinerkloster wurde ein Bürgerspital, das seit 1854 bis 1978 die Barmherzigen Schwestern aus Straßburg und später Untermarchtal betreuten.
Große Teile der Klosteranlage sind erhalten geblieben. Selbst eine Zelle mit originaler Einrichtung aus der Erbauungszeit wurde belassen. Neben dem in seiner Schlichtheit beeindruckenden Kreuzgang ist die ehemalige Klosterkirche mit besonderen Werken heimischer Künstler wie den Malern Johann de Pay d. J. (1614 bis um 1660), Franz Joseph Spiegler (1691-1757) und dem Bildhauer Johann Joseph Christian (1706-1777) ausgestattet. Das Ensemble Klausurgebäude und Klosterkirche ist eines der besterhaltenen Beispiele für Kapuzinerklöster in der Diözese.
WINFRIED ASSFALG     
LITERATUR
-<Württ. Klosterbuch> 399f. (W. ASSFALG).
- <KB Biberach> II, 585.
- <KDW Riedlingen> 20-25.
- W. AUGUSTYN: Das Kloster der Kapuziner in Riedlingen und seine Kirche. Masch. o. D.
- W. ASSFALG: 500 Jahre St. Georg Riedlingen. Riedlingen 1986.
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