Klöster in Baden-Württemberg
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Dominikanerinnenkloster Offenhausen - Geschichte
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In einem bereits in römischer und frühmittelalterlicher Zeit intensiv besiedelten Gebiet, an der Quelle der Großen Lauter, liegt das im beginnenden 12. Jh. erstmals erwähnte Offenhausen. Spätestens um die Mitte des 13. Jh. gehörte diese von württembergischem Gebiet umgebene Enklave den Herren von Lupfen, deren Stammsitz weit entfernt bei Talheim (Lkr. Tuttlingen) lag. Womöglich war die Abweisung württembergischen Expansionsdranges einer der Gründe, die zur Klosterstiftung an diesem Ort führten. 1258 schenkten die fünf Söhne Heinrichs von Lupfen, darunter der Straßburger Kanoniker Ulrich, Offenhausen an Meisterin und Konvent zu Kernhausen unter der Bedingung, dass sie ihren Sitz auf die Alb verlegten. Es muss offen bleiben, ob es sich dabei bereits um Dominikanerinnen handelte. Die Zugehörigkeit zum Dominikanerorden ergibt sich erst aus einer Urkunde von 1278. Das Dorf Offenhausen ist in der Folge abgegangen, wobei die schon 1161 erwähnte, Pankratius geweihte Pfarrkirche noch bis ins 15. Jh. in Nachbarschaft zur Klosterkirche bestehen blieb. Das Kloster erhielt den Namen Gnadenzell und reihte sich damit auch in der Namensgebung in die im 13. Jh. entstandenen Frauenklöster des Predigerordens ein (vgl. Schwäbisch Gmünd, Gotteszell). Die Vogtei übte die Stifterfamilie aus, die 1302 ihre Fundation nochmals bestätigte. Seelsorge und Spendung der Sakramente oblagen einem Kaplan, der bei dem Kloster wohnte. Die Visitation wurde von Mönchen verschiedener südwestdeutscher Predigerklöster (u. a. Rottweil, Stuttgart) ausgeübt. Der Konvent bestand in Teilen aus Damen des regionalen Niederadels, so den Familien von Landau, von Gundelfingen, Speth und vom Stein. Später überwogen Nonnen bürgerlicher Abkunft. Nach chronikalischen Angaben sollen am Ende des 15. Jh. 20 Schwestern in Gnadenzell gelebt haben. Das Klostereinkommen blieb stets sehr bescheiden. 1525 stand Gnadenzell unter 13 württembergischen Frauenklöstern an drittletzter Stelle und zumindest in den letzten Jahren mussten sich die Schwestern auch mit Verfertigung von Handarbeiten über Wasser halten. Die vor allem im 14. und 15. Jh. erworbenen grundherrschaftlichen Rechte befanden sich überwiegend in den nahe gelegenen Alborten, ebenso die wenigen Patronatsrechte. Im 15. Jh. kam es, nunmehr unter württembergischer Schirmherrschaft, zu drei Reformanläufen, die schließlich 1480 mit dem Einzug reformierter Schwestern aus dem Dominikanerinnenkloster zu Schlettstatt in einen Erfolg im Sinne des observanten Ordenszweiges mündeten. 1473 wird erstmals ein Verwalter (Hofmeister) des Klosters erwähnt.
Das kleine und wirtschaftlich wenig vermögende Kloster besaß sicher nicht die Ausstrahlungskraft der in den urbanen Zentren gegründeten Frauenkonvente des Predigerordens. Allerdings macht der praktisch totale Verlust der Gnadenzeller Handschriftenüberlieferung eine Beurteilung außerordentlich schwierig. Von Graf Eberhard V. von Württemberg weiß man, dass er dem reformierten Konvent einzelne Bücher schenkte. Ein 1634 erstelltes Inventar nennt Ausstattungsstücke der Kirche, die auf eine intensive Kreuz-Christi-Verehrung hinweisen.
Der Reformation in Württemberg (ab 1534) folgten massive Eingriffe des Landesherrn. 1537 mussten die fünf Schwestern des aufgelösten Uracher Beginenhauses aufgenommen werden. Das Pochen der Herren von Lupfen auf ihre angestammten Rechte verhinderte die gänzliche Auflösung, ja nach dem Augsburger Interim (1548) durften wieder Novizinnen aufgenommen und Messen gelesen werden. Erst nach dem Passauer Vertrag (1552) wurde erneut massiver Druck auf den Konvent ausgeübt. Vermutlich politische Rücksichtnahme auf den im Konvent vertretenen Adel und das selbstbewusste Auftreten der Klosterfrauen führten gleichwohl dazu, dass die Nonnen bis an ihr Lebensende in Gnadenzell bleiben und ein geistliches Leben führen durften. Um 1600 lebten dort noch fünf Schwestern. Die letzte Nonne, Katharina Vetter, verstarb 1613. Die Klosteranlage wurde darauf für das herzogliche Gestüt verwendet. Vom einstigen Kloster hat sich einzig die Kirche bis heute erhalten. Darin befindet sich seit der Renovierung 1985 ein Museum für die Geschichte der Pferdezucht in Württemberg mit einer Abteilung zur Klostergeschichte.
Die Klosterkirche, ein schlichter einschiffiger Bau mit gotischen Maßwerkfenstern, war der Gottesmutter geweiht. Im Chor ist erkennbar, dass ursprünglich eine wohl den Nonnen vorbehaltene Empore eingebaut war. Eine in den Quellen belegte Kanzel hat sich nicht erhalten. Spärliche Freskenreste zeigen Parallelen zur Klarissenkirche in Pfullingen. Die übrigen Konventgebäude nach und nach wurden abgebrochen und dürften zum Bau späterer Wirtschaftsgebäude verwendet worden sein. Die Lauterquelle westlich der Kirche umgibt eine wohl der Klosterzeit zuzuweisende Mauer. 1634 erwähnte Ausstattungsstücke sind heute verloren. Im so genannten Burghof von Schloss Lichtenstein hat jedoch das steinerne Sakramentshaus (um 1500) überdauert. Ein unvollständig erhaltenes bemaltes Fenster von ca. 1300, heute in der Amanduskirche Bad Urach, zeigt eine Christusdarstellung mit einer, nach dem Urteil Hans Wentzels, "Ikonographie ohne Parallele in der schwäbischen Glasmalerei". Falls die - allerdings nicht gesicherte - Herkunftsangabe Offenhausen für die berühmte Schülzburger Christus-Johannes-Gruppe aus dem frühen 14. Jahrhundert (heute im Cleveland Museum of Art) zutrifft, würde ein weiterer eindrucksvoller Beleg für das Erblühen des Klosters vorliegen.
ROLAND DEIGENDESCH     
LITERATUR
-<Württ. Klosterbuch> 377-379 (R. DEIGENDESCH).
- <KB Reutlingen> I, 684-691.
- D. STIEVERMANN: Gründung, Reform und Reformation des Frauenklosters Offenhausen. In: <ZWLG> 47 (1988) 149-202.
- C. u. R. BÜTTERLIN: Das Gestütsmuseum Offenhausen. In: Gestütsmuseum Offenhausen. Wolfratshausen 1999, 83-115.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 511: Offenhausen
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 102/60: Geistliche Lagerbücher: Kloster Offenhausen
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 14, Bd. 197: Diplomatare
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