Klöster in Baden-Württemberg
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Franziskanerinnenkloster Ravensburg - Geschichte
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Das Franziskanerinnenkloster ging aus einer 1395 vom Bürgermeister, dem Rat, der gesamten Bürgerschaft und dem Leutpriester von Liebfrauen errichteten, einzig dem Gebet verpflichteten Klause für acht Frauen hervor. Für die kontemplative Beginengemeinschaft, zuständig für die geistige Absicherung der wirtschaftlichen Erfolge der aufstrebenden Stadt, wurde von den Stiftern ein klausuriertes Schwesternhaus bei der Kapelle St. Michael unterhalb des Mehlsacks in der patrizisch geprägten Oberstadt errichtet. Der städtische Magistrat nahm als Vogt die weltliche, im Auftrag des Abts von Weingarten der Pfarrer von Liebfrauen die geistliche Obrigkeit wahr. Zunächst ohne Regel und förmlichen Ordensanschluss, allein den Statuten der Stifter verpflichtet, wurde die Klause 1406 auf die Drittordensregel der Franziskaner verpflichtet. Zur Seekustodie der Straßburger Franziskanerkonventualenprovinz gehörig, erhielten die Klausnerinnen 1496 eine leicht abgewandelte Fassung der in der Seekustodie gebräuchlichen Statuten für Terziarinnenkonvente.
Seelsorgerlich waren die Frauen ursprünglich vom Pfarrer von Liebfrauen betreut worden, der auch das Präsentationsrecht für die Michaelskapelle besaß, an der sich nachweislich seit dem 15. Jh. drei Altäre fanden: Michael-, Andreas- und Margaretenaltar. Die Stiftung einer Kaplaneipfründe zum Unterhalt eines Priesters durch die beiden Schwestern Anna und Barbara Roner im Jahr 1614 nahmen die Franziskanerinnen jedoch zum Anlass, sich vom Pfarrer von Liebfrauen unabhängig zu machen. Denn das Präsentationsrecht für die Kaplaneipfründe sollte nach Stifterwillen beim Guardian der Franziskaner in Konstanz liegen, der die Pfründe mit Ordenspriestern der Franziskaner besetzte. Nach Spannungen mit den Franziskanern wurde auf Wunsch der Klosterfrauen die Pfründe zumindest seit der zweiten Hälfte des 18. Jh. überwiegend mit Ravensburger Karmeliterpatres besetzt, die nun als Beichtväter fungierten und die Sakramente spendeten.
Im ausgehenden 18. Jh. präsentierte sich der nach wie vor ganz im Stifter- und Ordenssinne klausuriert und kontemplativ lebende Konvent als geistig und ökonomisch gefestigte Einrichtung in der paritätischen Reichsstadt. Dem auch und gerade von der Altersstruktur her betrachtet im Jahr 1803 recht vitalen Konvent gehörten insgesamt 16 Schwestern an.
Bis weit in die zweite Hälfte des 18. Jh. ist die wirtschaftliche Situation der Terziarinnen als recht gut zu bezeichnen. Grundlage dafür waren die beim Eintritt ins Kloster geleisteten Mitgiften in Form von Bargeld sowie regelmäßige Erträge aus grundherrschaftlichen Objekten, die in Form von frommen Stiftungen teilweise sogar noch aus dem Mittelalter stammten. Im Jahr 1803 besaß das Kloster insgesamt 20 Lehenhöfe in der unmittelbaren Umgebung Ravensburgs (geschätzter Wert ca. 30.250 Gulden), die vor allem im Herrschaftsbereich der Landvogtei lagen, zudem Weinberge, zwei Wohnhäuser in Ravensburg und einzelne Grundstücke.
1803 fiel das Franziskanerinnenkloster als Entschädigungsmasse an den Deutschen Orden, von dem es am 21. März 1803 vorläufig in Besitz genommen wurde. 1805 kam das Kloster an Bayern, das es am 5. März 1806 auflöste; die Klosterfrauen konnten weiterhin in den Konventgebäuden verbleiben. Mit dem Übergang Ravensburgs an Württemberg 1810 hatten die Franziskanerinnen die Klostergebäude 1811 zu räumen und wurden ins Kloster Löwental umgesiedelt. Die ehemaligen Konventgebäude des Frauenklosters, die mit ihren drei Baukörpern erhalten sind, hatte die württembergische Regierung 1818 für 2.000 Gulden an die Stadt Ravensburg veräußert. Mit Einzug des Landgerichts in das ehemalige Karmeliterkloster wurden die Räume der Franziskanerinnen zu Schulräumen umgebaut. Zunächst befand sich darin das Lyceum, die Realschule und die evangelische Volksschule; heute sind darin Bibliotheks- und Hörsäle der Berufsakademie Ravensburg untergebracht. Als der Mehlsack 1824 von einem Blitzschlag getroffen wurde, löste sich Mauerwerk, das in die ehemalige Klosterkapelle St. Michael einschlug und sie weitgehend zerstörte; von ihr ist heute nichts mehr vorhanden.
Die Michaelskapelle wird 1109 erstmals erwähnt, das erste Konventgebäude dürfte kurz nach 1395 errichtet worden sein und wurde in mehreren Abschnitten, z. B. 1507, durch Neubauten immer wieder erweitert. Aufgrund seiner wirtschaftlich erfreulichen Situation war der Konvent in der Lage in drei Bauabschnitten der Jahre 1718, 1738 und 1739 einen voluminösen Klosterneubau zu errichten. Das dreistockige Konventgebäude bestand aus 24 Zellen, einem Saal, zahlreichen Gastzimmern, einer Scheune, Stallungen sowie zwei guten Kellern (1803). 1762/64 konnte auch die Kapelle renoviert und ein neuer Altar angeschafft werden; bereits 1748 erhielt die Kapelle eine kleine Orgel durch den bekannten Orgelbauer Joseph Gabler.
ANDREAS SCHMAUDER     
LITERATUR
-<ERZBERGER> 337f.
- <Württ. Klosterbuch> 390f. (A. SCHMAUDER).
- <AFA> 10 (1964) 5-93 (A. HENGSTLER).
- <KDW Ravensburg> 51f.
- B. STENGELE: Inventuraufnahme: Franziskaner-Nonnenkloster zu Ravensburg. In: <DAS> 8 (1885) 69f.
- A. WILTS: Beginen im Bodenseeraum (Bodensee-Bibliothek 37). Sigmaringen 1994, 399-405.
- A. SCHMAUDER: Die Säkularisation der Ravensburger Stadtklöster. In: <Alte Klöster - neue Herren>.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 198 I: Ravensburg, Reichsstadt
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 200: Ravensburg, Reichsstadt
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 232: Lagerbücher der Klöster und Stifte: Ravensburg-Rottweil
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