Klöster in Baden-Württemberg
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Benediktinerinnenkloster Mariaberg - Geschichte
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Abbildung  Button Das ehemalige Benediktinerinnenkloster Mariaberg, heute Sitz des Mariaberg e.V.
Das Kloster wurde wohl zu Anfang des 13. Jh. von einer Adelsfamilie aus der Nachfolge der Grafen von Gammertingen als Dominikanerinnenkloster gegründet. Nach der Gründungssage war Anlass zur Klostergründung der Tod zweier kleiner Söhne, die im Heu erstickt sein sollen. Spärliche Reste der Burg ("Altenburg") finden sich auf einem Felsen über dem Laucherttal, rund 300 Meter vom Kloster entfernt. Zur Erstausstattung des Klosters gehörte das Rittergut der Stifterfamilie; die Dorfkirche des zugehörigen Burgweilers wurde zur Klosterkirche. Graf Ulrich, "der Stifter" von Württemberg schenkte vor 1265 dem Kloster das Dorf Bronnen. Um die Mitte des 13. Jh. war das Kloster verlassen, die Nonnen lebten im Exil.
1267 stellte Bischof Eberhard von Konstanz das Kloster wieder her. 1293 unterstellte der Bischof das Kloster dem Abt von Zwiefalten; ein "ehrbarer Priester" aus Zwiefalten kam als Beichtvater ins Kloster. In einer päpstlichen Bulle von 1327 wird Mariaberg als Benediktinerinnenkloster bezeichnet. Weltliche Schutzvögte waren bis zum Beginn des 15. Jh. die Grafen von Veringen, später die jeweiligen Inhaber der Herrschaft Gammertingen.
Im 14. Jh. bekamen die Klosterfrauen zahlreiche Schenkungen von Bürgern und Niederadeligen aus der Umgebung (Gammertingen, Feldhausen und Harthausen b. F.). Viele Töchter dieser Familien traten ins Kloster ein. Im Lauf des 15. Jh. lockerte sich die klösterliche Zucht und auch die Klausur wurde nicht mehr streng beachtet. Seit 1475 versuchte der Schirmvogt Hans von Bubenhofen, eine Reform zu erzwingen, indem er Mariaberg dem Abt von Blaubeuren unterstellte. 1486 nahm der Konvent die Reform an und wurde wieder vom Abt von Zwiefalten visitiert.
Herzog Ulrich von Württemberg hatte 1534 die Herrschaft Gammertingen-Hettingen besetzt und begann 1535, das Kloster zu reformieren. Fünf Klosterfrauen sind ausgetreten. 1547 wurden die Württemberger vertrieben und die Reformation rückgängig gemacht. Bis zur Reformation war Württemberg das hauptsächliche Herkunftsgebiet der Klosterfrauen, im 17. und 18. Jh. Oberschwaben und das Allgäu.
Im 30-jährigen Krieg wurde das Kloster mehrfach ausgeplündert und war zeitweilig von württembergischen Musketieren besetzt. Der Konvent hielt sich drei Jahre lang im Pfarrhaus von Trochtelfingen auf. Nach dem Krieg kam es zu einer raschen wirtschaftlichen Erholung und zur Erneuerung klösterlichen Lebens. 1706 kaufte der Konvent der Herrschaft Speth-Gammertingen die eigene Schirmherrschaft ab und wurde so herrschaftlich völlig selbständig.
Das in klösterlichen Aufzeichnungen genannte "Bücherkämmerlein" ist ein Hinweis auf die Bibliothek der Benediktinerinnen. Im Oktober und November 1509 hielt sich Bernhard Wagner, ein berühmter Schreibkünstler aus dem Kloster St. Ulrich und Afra zu Augsburg, auf Anordnung des Abtes von Zwiefalten in Mariaberg auf und bildete einige Klosterfrauen in der Kunst der Buch- und Notenschrift aus. Bände aus der Klosterbibliothek sind jedoch - mit Ausnahme der Bauchronik von 1687 - bisher nicht identifiziert.
1707 baute das Kloster die St. Josefskapelle in Bronnen. Der Versuch, auch die Seelsorge des Dorfes Bronnen zu übernehmen, scheiterte aber am Widerstand des Pfarrers von Gammertingen.
Während des 18. Jh. wurde vor allem die Kirchenmusik im Kloster gepflegt. Die Priorin Maria Flavia Domitilla (bis 1726) suchte sogar gezielt nach "musikalischen Jungfrauen" für das Kloster. Die Mariaberger Beichtväter Modest Kaiblin und Kolumban Habisreitinger waren besonders eifrige Musiker. 1755 wurde in der Klosterkirche von Hieronymus Spiegel eine Orgel aufgestellt, die sich heute in der Kapelle von Kaiseringen als Denkmalsorgel befindet. Im 18. Jh. wurden im Kloster viele kunstgewerbliche Arbeiten, wie Reliquienkästchen, Stickereien usw., für den Verkauf angefertigt.
Nach der Blütezeit im 18. Jh. traf am 24. September 1802 die Säkularisation durch Württemberg das Kloster wie ein Blitzschlag. Im Kloster befanden sich 13 Chorfrauen und acht Laienschwestern. Diese durften im Kloster bleiben und bekamen eine Pension. Auch behielten sie ihren Beichtvater. Das Klostergut wurde württembergische Staatsdomäne. Bräuhaus und Mühle wurden an die bisherigen Inhaber verkauft. 1837 verstarben die beiden letzten Chorfrauen. Die letzte Laienschwester zog in ihre Heimat.
Bis 1847 stand das Klostergebäude leer. In diesem Jahr bezog die neu gegründete "Heil- und Erziehungsanstalt" das Klostergebäude. Mariaberg e.V. ist heute nicht nur die älteste, sondern auch eine der bedeutendsten Einrichtungen für geistig Behinderte in Deutschland.
1285 sind anlässlich einer Altarweihe von 1285 Maria, Johannes Evangelist und Dominikus als Patrone der Klosterkirche genannt. Bei der Weihe der neuen (gotischen) Kirche 1350 waren es Maria und die beiden Johannes. Nach dem 30-jährigen Krieg waren die Gebäude des Klosters in einem schlechten Zustand. Der Neubau der barocken Klosteranlage wurde in einer Bauchronik aus der Feder einer Mariaberger Klosterfrau beschrieben. Auf Anraten des Zwiefalter Gelehrten P. Arsenius Sulger, der Beichtvater in Mariaberg war, legte Michael Thumb 1681 einen Plan für den Neubau von Kirche und Kloster vor. 1682 wurden die alten Gebäude abgebrochen; der Neubau der Kirche wurde zwischen 1684 und 1687 durch Franz Beer nach eigenen Plänen errichtet. Der Konstanzer Domherr F. L. Gessler schenkte der Kirche eine Kreuzigungsgruppe von Christoph Daniel Schenck. In der ersten Hälfte des 18. Jh. Wurde die Innenausstattung verbessert: P. Anselm Storr aus Zwiefalten, der in der Kirche begraben ist, schuf das Sandsteinportal der Kirche und einen neuen Hochalter mit einem Altarblatt Mariä Himmelfahrt von Franz Carl Stauder. Die Altarblätter der Seitenaltäre sind von Johann Jakob Kohler aus Saulgau. Eine Gruppe "Mariä Krönung" ist älter und wird Melchior Binder zugeschrieben. In der Klosterkirche haben sich einzelne Ausstattungsstücke des Mittelalters erhalten. Die Pietà (2. Hälfte 14. Jh.) auf dem rechten Seitenaltar war Ziel einer Wallfahrt; bereits 1293 ist Mariaberg als Wallfahrtsort in einem Ablassbrief genannt. Auf dem linken Seitenalter steht eine spätgotische hl. Anna Selbdritt, die ursprünglich in der abgegangenen St. Annakapelle war. Auch die eindrückliche Christus-Johannesgruppe (heute: Württembergisches Landesmuseum Stuttgart) dürfte aus Mariaberg stammen.
Kirche und Klosterbau kamen weitgehend unverändert auf unsere Zeit und wurden von 1984 bis 1990 sorgfältig restauriert.
HERBERT BURKARTH     
LITERATUR
-<ERZBERGER> 258ff.
- <Württ. Klosterbuch> 337-339 (H. BURKARTH).
- <KDW II> OA Reutlingen, 265.
- K. R. EDER (Hg.): Mariaberg. Beiträge zur Geschichte eines ehemaligen Frauenklosters. Sigmaringendorf 1991.
- H. BURKARTH: Die Bauchronik des Klosters Mariaberg. In: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte 29 (1993) 47-76.
- H. BURKARTH: Das Kloster Mariaberg. In: <Klöster im Landkreis Sigmaringen> 238-260.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 477: Mariaberg, Dominikanerinnenkloster/Bendiktinerinnenkloster
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 477 L: Mariaberg, Dominikanerinnenkloster/Bendiktinerinnenkloster
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 228: Lagerbücher der Klöster und Stifte: Marchtal-Muri
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