Klöster in Baden-Württemberg
Orden   Bettelorden   Regulierte Chorherren   Augustiner-Chorherren   Franziskaner   Klöster im Landkreis Sigmaringen   
Augustiner-Chorfrauenstift Inzigkofen - Geschichte
  Zurück
Abbildung  Button Schloss Inzigkofen. Lithographie von S. Lütz, um 1830.
Die Inzigkofer Frauengemeinschaft wurde 1354 als kleine Klause von zwei Schwestern einer bürgerlichen Sigmaringer Familie, Mechthild und Irmengard Sönnerin, sowie von einer Lùdgart gegründet. Sie nahm bald darauf die Regel des Dritten Ordens der Franziskaner(Terziarinnen) an. 1394 wurde mit der Annahme der Augustinerregel aus der Klause ein Augustiner-Chorfrauenstift. Die Zahl der Chorfrauen wurde zunächst auf 13 festgelegt - später waren es bis zu 30 -, dazu kamen noch Laienschwestern; für die Visitation wurde Stift Mariazell bei Winterthur bestimmt. 1395 erfolgte die Exemption von der Laizer Pfarrei, 1412 wurde das Stift rechtlich zu einer eigenen Pfarrei. Die Seelsorge übernahm ein Beichtvater, für den eine Kaplaneipfründe geschaffen wurde, eine zweite Pfründe wurde 1458 gestiftet. Obwohl Laiz für den Ort Inzigkofen Pfarrei blieb, durften die Dorfbewohner die Gottesdienste im Stift besuchen.
1419 übernahm das Augustiner-Chorherrenstift Beuron die Visitation, 1430 Langenzenn bei Fürth, 1466 Indersdorf bei Dachau, 1550 das Ulmer Wengenstift, 1578 Kreuzlingen.
Die Vogtei lag stets bei den Ortsherren von Inzigkofen: zunächst bei den Herren von Reischach, ab 1421 bei den Werdenbergern, ab 1534 bei den Fürstenbergern und ab 1540 bei den Hohenzollern. Letztere integrierten das Stift völlig in ihre entstehende Landesherrschaft. Die geistliche Aufsicht lag beim Konstanzer Bischof und den jeweiligen Visitatoren, doch ist auch der Einfluss der Beichtväter nicht zu unterschätzen.
Wirtschaftliche Grundlage des Stifts waren Schenkungen und die Mitgift der Chorfrauen. Die finanzielle Situation verbesserte sich beträchtlich als vor allem seit dem 15. Jh. mehr und mehr Angehörige des Adels und des Patriziats größerer Städte eintraten und im 16. Jh. Fürstenberger und Hohenzollern das Stift förderten.
Die Pröpstin leitete das Stift zusammen mit Priorin, Schafferin und Ratsschwestern. Daneben bestand eine Vielzahl weiterer Ämter.
1595/97 wurde das Dominikanerinnenkloster Hedingen integriert, was den Grundbesitz stark vergrößerte, jedoch im Konvent zu Spannungen zwischen alten und neuen Schwestern führte.
Im 16. Jh. lockerte sich das Stiftsleben, erst unter dem Eindruck des 30-jährigen Kriegs und Konstanzer Exils 1632-1645 fand eine geistige Erneuerung statt.
Im Reichsdeputationshauptschluss erhielt Hohenzollern-Sigmaringen das Stift, 1802 nahm es Fürst Anton Aloys bereits in Besitz. Den Schwestern wurde Pension und Wohnrecht eingeräumt; die letzte Chorfrau verstarb 1856.
Was die religiöse Entwicklung anbelangt, so schloss sich das Stift im 15. Jh. einer augustinischen Reformbewegung an: Mit Rat aus dem Augustiner-Chorherrenstift Langenzenn übernahm Inzigkofen 1431 die Statuten des Augustiner-Chorfrauenstifts Pillenreuth bei Schwabach.
Die Reformation fasste in Inzigkofen nicht Fuß, das geistliche Leben flachte ab, bereits 1502 wurden abgemilderte Statuten eingeführt. Eine Erneuerung war erst nach dem 30-jährigen Krieg erfolgreich: 1643 traten neue Statuten in Kraft, die die tridentinischen Beschlüsse umsetzten und auch die strenge Klausur erneuerten. Diese Statuten blieben im Prinzip bis zur Aufhebung des Stifts gültig.
Neben dem Chorgebet war die Meditation eine Säule der Inzigkofer Spiritualität, wobei die Mystik eine große Rolle spielte. Eine reiche Sammlung mystischer Literatur in der Stiftsbibliothek zeugte davon.
Auch war die Musik für das Stiftsleben äußerst wichtig, auf Musikalität wurde bei der Auswahl der Novizinnen Wert gelegt. Eine Stiftsschule kann nicht nachgewiesen werden, allerdings unterstützte der Konvent die Dorfschule. Die Aufhebung des Stifts 1802 traf eine lebendige Gemeinschaft, die noch keine Anzeichen von Verfall zeigte.
Seit der Gründung 1354 konnten die Schwestern die bestehende Mauritiuskapelle nutzen. 1388 erfolgten Abriss und Neubau einer Johannes dem Täufer und den hll. Bartholomäus und Mauritius geweihten turmlosen Kirche. Nach dem Ordenswechsel wurde 1484 ein Glockenturm angefügt. 1391-1449 wurden die provisorischen Holzgebäude durch Konventsgebäude bei der Kirche ersetzt und bis 1576 immer wieder Umbauten und Erweiterungen an Konvent und Kirche vorgenommen. Nach dem 30-jährigen Krieg entstanden 1659-1665 eine neue Kirche und bis heute erhaltene barocke Stiftsgebäude, deren Baumeister Michael Beer aus Au im Bregenzerwald war. Von 1780 stammt die heutige Kirche von Christian Großbayer aus Haigerloch. Daneben wurden 1726-1729 ein Amtshaus und eine höhere Umfassungsmauer mit integrierter Einsiedlerkapelle errichtet und diese 1740 durch Ignaz Wegschaider ausgemalt.
Beachtenswert ist die kunsthandwerkliche Tätigkeit der Chorfrauen, sie stellten in Gold, Silber und Perlen gefasste Reliquiare her. Eine Besonderheit waren Krippenfiguren aus Wachs und Draht.
Nach der Aufhebung 1802 fiel der gesamte Besitz an Hohenzollern-Sigmaringen. Die Kirche stand den Inzigkofern weiterhin zur Verfügung. Der Großteil der Stiftsausstattung wurde verkauft, Teile den Schwestern überlassen.
Das Amtshaus diente den Hohenzollern 1811-1848 als Sommerschloss; das Konventsgebäude stand den Chorfrauen bis zu ihrem Tod zur Verfügung, anschließend blieb es lange Zeit leer. Im Dritten Reich diente es als Arbeitsdienstlager, nach dem Zweiten Weltkrieg als Auffanglager und beherbergt seit 1948 ein Volkshochschulheim.
HENDRIK WEINGARTEN     
LITERATUR
-<KDH Sigmaringen> 177-194.
- U. ENGELMANN: Der Konvent der Klosterfrauen von Inzigkofen. In: <FDA> 88 (1968) 452-462.
- C. KÖHLE-HEZINGER / I. KICK (Hg.): Inzigkofen. Fünfzig Jahre Volkshochschulheim im einstigen Augustinerinnenkonvent. Weißenhorn 1998.
- E. E. WEBER: Das Kloster Inzigkofen als Hort der Mystik. In: <HH> 50 (2000) 51-53.
- DERS.: Krippenbau und Kunsthandwerk im Kloster Inzigkofen. In: <HH> 51 ( 2001) 2-7.
- E. E. WEBER: Das Kloster Inzigkofen. In: <Klöster im Landkreis Sigmaringen> 166-212.
- 650 Jahre Kloster - 700 Jahre Inzigkofen 1306 - 1356 - 2006. Hrsg. v. der Gemeinde Inzighofen. Inzigkofen 2006.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 226: Lagerbücher der Klöster und Stifte: Inzigkofen-Kreuzlingen
-Generallandesarchiv Karlsruhe 225: Überlingen, Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
-Generallandesarchiv Karlsruhe 82: Konstanz Generalia (Hochstift)
-Generallandesarchiv Karlsruhe 98: Salem
-Staatsarchiv Sigmaringen FAS DS 35 NVA: Kloster Inzigkofen
Seitenanfang