Klöster in Baden-Württemberg
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Dominikanerinnenkloster Stetten im Gnadental bei Hechingen - Geschichte
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Abbildung  Button Das Dominikanerinnenkloster Gnadental bei Stetten. Lithographie, um 1840.
In Stetten bestand 1264 ein Frauenkloster, dem Pfalzgraf Hugo IV. von Tübingen Güter schenkte. Die Belege für dieses Kloster, die bereits auf eine Existenz im Jahr 1261 hinweisen, gelten hingegen als fragwürdig. Die eigentliche Gründung des späteren Dominikanerinnenklosters erfolgte am 9. Januar 1267, als Graf Friedrich V. von Zollern und seine Ehefrau Udilhild von Dillingen urkundlich erklärten, in Stetten ein Frauenkloster nach der Regel des hl. Augustinus einrichten zu wollen, und den Grund und Boden für den Klosterbau den Klosterfrauen als Eigentum übergaben. Das Kloster unterstand wohl bereits vor 1275 den Dominikanern, doch die endgültige Inkorporation in den Orden erfolgte 1287. Damals erhielt der Konvent das Recht, die Priorin zu wählen. Im Februar 1288 wurde Stetten dem Prior und den Ordenbrüdern des Dominikanerklosters Rottweil unterstellt.
Das Kloster mit der um 1280/90 erbauten Kirche war als Hauskloster und Grablege der Zollerngrafen konzipiert. Als erster wurde 1289 der Stifter, Graf Friedrich V., und später dessen Frau dort beigesetzt, als letzter 1488 Graf Jos Niklas I., der Gründer der Hechinger Pfarrkirche, der neuen zollerischen Grablege. Zum Kloster Stetten pflegte auch die Linie Zollern-Schalksburg (1288-1403) lange Zeit gute Beziehungen. Insbesondere in der Anfangszeit befanden sich sowohl Angehörige des höheren Adels, darunter mehrere Gräfinnen der Häuser Zollern und Zollern-Schalksburg, um 1310 auch eine Markgräfin von Burgau, als auch zahlreiche Angehörige des niederen Adels im Kloster, letztere entstammten vornehmlich der zollerischen Ministerialität. Eine weitere Gruppe von Klosterfrauen rekrutierte sich aus den gehobenen Bürgerschichten der umliegenden Städte (u. a. Hechingen, Balingen, Ebingen, Reutlingen, Tübingen und Rottenburg). Im 16. Jh. nahm die Bedeutung des adligen Elements ab, doch war Ende des Jahrhunderts noch eine geborene Markgräfin von Baden Priorin. Den Stellenwert des Klosters zeigt auch die Tatsache, dass dort 1540 der ehemalige Hofkaplan Kaiser Maximilians I. verstarb, der hier seinen Lebensabend verbracht hatte. 1567 wurden die Schwestern des niedergebrannten Dominikanerinnenklosters Altburg bei Calw in Stetten aufgenommen. Möglicherweise fanden bereits im 14. Jh. auch Töchter aus bäuerlichen Familien Zugang zum Kloster. Vor allem ab dem 17. Jh. traten Frauen aus bürgerlichen und bäuerlichen Bevölkerungsschichten der näher gelegenen Orte Horb, Villingen und Ehingen, aber auch entfernterer Städte wie z. B. Augsburg, Günzburg, Landsberg und München ein. Vergleichsweise wenige Frauen entstammten den hohenzollerischen Fürstentümern. Erst ab 1613 lassen sich Laienschwestern von Chorfrauen unterscheiden. 1621 befanden sich 30 Chorfrauen und Laienschwestern im Kloster. Im 18. Jh. bestand der Konvent meist aus 19-21 Chorfrauen und ca. acht bis zehn Laienschwestern.
Bis zum Beginn des 15. Jh. erhielt das Kloster zahlreiche Schenkungen in etwa 70 Orten und konnte zusätzlich ungefähr zwei Drittel seines Besitzes hinzukaufen. Abgeschlossen war der Gütererwerb 1471. Zur Verwaltung des Vermögens wurden die Ämter eines Schaffners und eines Hofmeisters eingerichtet. Ende des 13. Jh. sind Laienbrüder (Konversen) nachweisbar, die in der Wirtschaftsverwaltung tätig waren. In Balingen gab es zeitweilig eine eigene Schaffnerei. Besitzschwerpunkte lagen im Balinger Raum, sodann um Bisingen, Stetten, Hechingen und Rangendingen, in den Dörfern des Steinlachtals, nordwestlich hinauf bis Rottenburg und Wurmlingen, und schließlich auf der Schwäbischen Alb um Trochtelfingen und Willmandingen. Insgesamt besaß das Kloster in ca. 38 Orten rund 60 Hofstätten und Güter, eine Mühle und fünf Wälder in Stetten sowie 17 Weinberge zwischen Tübingen und Rottenburg. Dem Kloster gehörte die bedeutendste klösterliche Grundherrschaft in der Grafschaft Zollern, es gelang ihm jedoch nicht, ein geschlossenes Territorium auszubilden.
Im 15. Jh. erlebte das Kloster verschiedene Krisen: Vor 1425 litt es offenbar unter den Auseinandersetzungen der Zollerngrafen mit Württemberg und den Städten. Zwischen 1480 und 1507 fanden anscheinend auf Betreiben der Zollerngrafen mehrere Reformversuche wegen Verfallserscheinungen des klösterlichen Lebens statt. Möglicherweise wurde das Kloster um 1480 erstmals als "Stetten im Gnadental" bezeichnet. Das Verhältnis zu den Zollerngrafen scheint damals angespannt gewesen zu sein, wie die gräflichen Ersuchen um Reformen und die Verlegung der zollerischen Grablege in die Hechinger Stadtpfarrkirche 1512 nahe legen. Graf Eitelfriedrich II. von Zollern (gest. 1512), der das Kloster als Kastenvogt, Patron und Oberherr schirmte, übergab bereits 1502 dem Kloster seine Freiheit und verzichtete zugleich auf alle Nutzungen und Rechte als Kastenvogt. Die Grafen blieben aber Schirmherren. 1507 unterstellte der Konstanzer Bischof das wohl seit Ende des 15. Jh. ihm untergebene Kloster den Dominikanern zur Reformierung. Offenbar fand nun tatsächlich eine Reform statt, wobei u. a. die Klausur eingeführt wurde. Die Zollerngrafen schalteten in der Folgezeit das Kloster als Konkurrenten um die Grundherrschaft in ihrer Grafschaft aus, denn ab 1545/50 durften die Untertanen den Nonnen keinen Grundbesitz mehr verkaufen. Um 1580 suchte Graf Eitelfriedrich I. das Kloster einer strengeren Kontrolle zu unterwerfen, indem er u. a. Einfluss auf die Wahl der Priorin anstrebte. Andererseits genoss das Kloster nach wie vor eine gewisse Förderung, so schenkte derselbe Graf dem Kloster 1592 die ursprünglichen Zehntrechte und stiftete 1601 einen Doppeljahrtag.
1709 wurde das Kloster der neugebildeten Süd- oder Oberdeutschen Dominikanerprovinz zugeteilt.
1802 erfolgte die Besitzergreifung und Aufhebung des Klosters durch Fürst Hermann Friedrich Otto von Hohenzollern-Hechingen bereits im Vorfeld des Reichsdeputationshauptschlusses, in dem ihm u. a. das Kloster Stetten als Entschädigungsobjekt für den Verlust linksrheinischer Feudalrechte zugesprochen wurde. Die Frauen durften weiter in Klausur, unter Leitung des nun vom Fürsten besoldeten Beichtvaters, zusammen leben, aber keine Novizinnen mehr aufnehmen. Im Kloster befanden sich noch die Priorin, 15 Chorfrauen und acht Laienschwestern. 1804 wurden die fünf Schwestern des aufgehobenen Klosters Rangendingen ins Beichtvaterhaus nach Stetten versetzt, die aber keine Gemeinschaft mit den Stettener Schwestern bildeten. Im selben Jahr wurden die Gebeine der Zollerngrafen aus der Klosterkirche in die Gruft der Hechinger Stadtkirche überführt. 1867 verstarb die letzte Klosterfrau, nachdem sie fast 30 Jahre allein in Stetten in Klausur gelebt hatte.
Das ursprüngliche, dreiflügelige Klostergebäude brannte möglicherweise Ende des 15. Jh. mit Ausnahme der Kirche und Kapelle nieder, Süd- und Ostflügel entstammten dem 18. Jahrhundert. 1836/37 bis 1849 dienten leer stehende Teile des Klosters als Kaserne für fürstliche Soldaten, bis zur Auflösung des fürstlichen Bataillons. 1840-1854 waren dort zudem eine Nagelschmiede und Wohnungen untergebracht. 1850 wurden die Hohenzollerischen Fürstentümer an Preußen abgetreten. Das Kloster selbst kam damals aber durch Familienvertrag an Hohenzollern-Sigmaringen. 1868 wurden auf Betreiben des Hechinger Stadtpfarrers in Stetten Franziskaner angesiedelt. Der Kulturkampf in Preußen setzte der Niederlassung, in der sich damals drei Patres und drei Laienbrüder befanden, zum 1. Oktober 1875 ein Ende. Danach diente das Kloster teils als Wohnung, teils als Lagerraum. Ab 1894 war im Ostflügel eine Schuhfabrik untergebracht. Am 24. September 1898 brannte das Klostergebäude nieder.
Erhalten blieb die dem hl. Johannes geweihte und wahrscheinlich um 1280 erbaute Kirche, mit der seitlich neben dem Chor gelegenen, und wohl auf eine um 1230 erbaute Vorgängerkirche zurückgehenden Johanneskapelle. Der Ostteil der Kirche blieb weitgehend unverändert, während der westliche Teil mit Nonnen- und Orgelempore ein Um- bzw. Erweiterungsbau aus der Mitte des 18. Jh. ist.
Wertvolle Glasfenster im Chor aus den Jahren 1286/90 brach man 1823 heraus, zwei von ihnen wurden in die Michaelskapelle auf der Burg Hohenzollern eingesetzt.
1990 verkaufte der Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen die Kirche gegen einen symbolischen Preis an die katholische Kirchengemeinde St. Johannes Hechingen-Stetten. Die Kirche ist Filialkirche der Pfarrei St. Jakobus, Hechingen. Ein 1997 gegründeter Förderverein unterstützt die Kirchengemeinde bei der baulichen Unterhaltung der Kirche.
ANDREAS ZEKORN     
LITERATUR
-<AFA> 16 (1971) 215-222 (M. HEINRICHSPERGER).
- <KDH Hechingen> 284-296.
- S. LOCHER: Nachrichten über Entstehung und Gründung des Klosters zu Stetten im Gnadenthal, bei Hechingen. In: <MVGH> 19 (1885/86) 98-128.
- F. HAUG / J. A. KRAUS: Urkunden des Dominikanerinnenklosters Stetten im Gnadental bei Hechingen 1261-1802. In: Beilage <HJh> 15 (1955)-17 (1957); Nachlese: <HJh> 20 (1960), 153-155.
- C. BUMILLER: Dorf und Kloster Stetten im Mittelalter. Masch. Manuskript eines Vortrags 1990 (in der Hohenz. Heimatbücherei).
- O. WERNER: Die Säkularisation der Klöster Stetten im Gnadental und Zum Heiligen Kreuz in Rangendingen. In: <ZHG> 38/39 (2002/03) 203-293.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 233: Lagerbücher der Klöster und Stifte: Salem-Stetten
-Generallandesarchiv Karlsruhe 82: Konstanz Generalia (Hochstift)
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