Klöster in Baden-Württemberg
Orden   Bettelorden   Dominikaner   Klöster im Ostalbkreis   
Dominikanerinnenkloster Gotteszell - Geschichte
  Zurück
Als Gründungsdatum darf wohl das Jahr 1240 angenommen werden, als zwei adlige Witwen Schaupp das neu gegründete Kloster mit Ländereien bedachten. Zum 8. Februar 1246 spricht ein päpstlicher Schutzbrief von einer klösterlichen Gemeinschaft, zum Jahr 1259 wird das Kloster erstmals als "Gotteszelle" ("ecclesia sanctae Mariae sanctimonalium de Cella Dei iuxta Gamundiam") erwähnt. Das Kloster unterstand zunächst der Dominikanerniederlassung in Esslingen, ab 1297 bis zur Säkularisierung im Jahr 1802 dem Predigerkloster in Schwäbisch Gmünd. Der Zweck der Gründung war wohl in erster Linie in der Versorgung unverheirateter Frauen des Stadtpatriziats und des Adels der näheren Umgebung zu suchen. Im Kloster selbst hatten die Rechberger ihre Grablege. Dementsprechend herrschte im Kloster ein adliger Lebensstil: Weniger die Krankenpflege wie bei den Franziskanerinnen als vielmehr die Verwaltung ihres Grundbesitzes, sowie Gebete und die so genannten Klosterarbeiten wie Backen, Nähen, Stricken und Sticken prägten das tägliche Leben in Gotteszell. Zur Zeit der Reform des Klosters im Jahr 1476 kostete der Einstand in das Kloster beachtliche 50 Pfund Heller. Daneben besaßen die Nonnen bei ihrem Eintritt oft noch großen Eigenbesitz, der nach ihrem Tod dem Kloster zu gute kam. 1455 verfügte das Nonnenkloster über einen rund 100 Hektar großen eigenen Klosterhof und besaß in 45 Ortschaften über 130 Höfe und Güter mit einer Gesamtfläche von ungefähr 1800 Hektar, daneben hatten sie noch Besitz im unteren Remstal und bei der Stadt Schwäbisch Gmünd selbst. Zahlungen aus Zehnten und Pfarreinkünften bezog Gotteszell überdies aus den seit 1372 bzw. 1420 inkorporierten Pfarreien Iggingen und Zimmerbach.
Die Frage über Qualität und Ausmaß der Schutzherrschaft über das Kloster Gotteszell durch die Reichsstadt Schwäbisch Gmünd zog sich über Jahrhunderte und gipfelte in einem Prozess vom Jahr 1659, in dem Gotteszell der Stadt alle Eingriffsrechte verbieten lassen wollte. Die Schutzherrschaft über das Kloster lag anfangs wohl beim Schultheißen als Vertreter des Königs oder Kaisers; nach der Kommunalisierung dieses Amtes ab 1430 ging dessen Funktion als Vogt- oder Schirmherr auf die Stadt über, die in der Folgezeit immer stärker durch städtische Pfleger in die innere Verwaltung des Klosters einzugreifen und über dessen Besitz das eigene Territorium auszuweiten versuchte. Im Jahr 1477 bestätigte Kaiser Friedrich III. zumindest, dass das Dominikanerinnenkloster von der Stadt Schwäbisch Gmünd bevogtet und beschirmt wird. Der ausgedehnte Besitz des Klosters in den umliegenden Dörfern war mit eine Grundlage der Territorialherrschaft der Reichsstadt.
Die Reform des Klosters in den Jahren 1476 bis 1479 entsprang einer Gemengelage von politischer Absicht des Schwäbisch Gmünder Rates und der wirklichen Abstellung von offensichtlichen Missbräuchen. In den 1470er Jahren wurde der Lebenswandel der Nonnen immer exklusiver, nach einem politischen Mord in der Klosterklausur griff der Rat ein. Auf sein Drängen setzte der Generalvikar der nichtobservanten Dominikaner der Ordensprovinz Teutonia, Heinrich von Wesmalia, die Priorin Agnes von Rammingen 1476 ab und versuchte eine strengere Klosterklausur durchzusetzen. Agnes von Rammingen beugte sich nicht und übertrug die Schirmherrschaft über das Kloster dem Grafen Eberhard dem Jüngeren von Württemberg, einem erklärten Reformgegner, der hier die Möglichkeit sah, über die Vogtei in Schwäbisch Gmünder Territorium einzubrechen. Nur mit Rückendeckung des Papstes und der Ordensleitung selbst konnte dieser Versuch abgewehrt werden. Jetzt bestand der Rat auf einem radikalen, tiefgreifenden Wechsel: Ende 1478 reformierten der dem konventualen Zweig der Dominikaner angehörige Heinrich von Wesmalia und der dem strengeren, observanten Teil zugerechnete Prior Ludwig Fuchs aus dem Ulmer Dominikanerkloster gemeinsam Kloster Gotteszell: Die Priorin wurde abgesetzt und die übrigen Nonnen durch sieben observante Nonnen aus dem Nürnberger Katharinenkloster ersetzt. Im Jahr 1479 gelang dann der völlige Durchbruch, als sowohl das Dominikanerkloster in der Stadt selbst wie auch Gotteszell ganz der strengen, observanten Richtung unterstellt wurden.
Die Kirche des Dominikanerinnenklosters scheint Mitte des 13. Jh. errichtet worden zu sein. Um 1289 müssen die Nonnen wegen eines Brandes ihr Kloster verlassen, im Städtekrieg 1449 wird es stark zerstört. Im Bauernkrieg 1525 brandschatzt unter den Augen der Stadtbürger ein Bauernhaufen das Kloster, nochmals wird es 1546 im Schmalkaldischen Krieg durch hessische und sächsische Truppen angezündet und verwüstet, eine angebliche Feuersbrunst im Jahr 1609 wird durch das Dazwischentreten und mit Hilfe der Stadtbürger gelöscht und mit dem Neuaufbau bereits wieder 1610 begonnen. Der barocke Ausbau des Klosters unter der Priorin M. Donata Schwaiger (+ 1764), der neue Flügel mit seinen halböffentlichen Funktionen (Tanzsaal, Gastzimmer des Pächters) und der Anordnung von Priorin- und Geistlichenwohnung an der Nahtstelle zum alten Klostergeviert ist typisch für die Öffnung des Klosters nach außen. Die Hauptfassade erstreckt sich schlossähnlich ebenfalls zur Eingangsseite hin und verkörpert am Ausgang des Reichs mit aufgeklärter Haltung den Anspruch des Klosters auf Repräsentation.
Anfang 1803 teilt man den Dominikanerinnen mit, dass ihr Kloster aufgehoben wird. Die große Klosteranlage beherbergte damals den Konvent, die Klosterkirche, ein großes Rasthaus, ein Bauhaus, eine Mühle, eine Wirkerei, ein Brauhaus, drei große Stallungen und zwei Landwohnungen. Der württembergische Regierungsbeamte veranschlagte die jährlichen Einkünfte viel zu niedrig auf lediglich 10.500 Gulden. Darüber hinaus bezogen die Nonnen noch aus verschiedenen Orten jährlich 4.000 Malter Früchte und Getreide und von den verpachteten Klosterhöfen nochmals jährlich 4.331 Gulden. Zum Zeitpunkt der Aufhebung befanden sich in Gotteszell neben dem Personal 14 Chor- und acht Laienschwestern.
Das Klostersilber, Gold und wertvolle Kirchengeräte wanderten nach Ludwigsburg, wo sie eingeschmolzen wurden. Den Nonnen wurde durch Württemberg nach zähen Verhandlungen eine jährliche Pension von knapp 150 Gulden zugesagt, zudem wurde ihnen ein Bleiberecht im Kloster eingeräumt. Als 1808 Württemberg beschloss, das Kloster in ein Männerzuchthaus umzuwandeln, mussten die noch verbliebenen achtzehn Frauen weichen. Da sie nicht - wie vorgeschlagen - zu den Franziskanerinnen in die Stadt ziehen wollten, wurden sie am 26. Mai 1808 endgültig pensioniert.
Das ehemalige Kloster wird heute als Justizvollzugsanstalt für Frauen genutzt.
KLAUS-JÜRGEN HERRMANN     
LITERATUR
-<ERZBERGER> 267ff.
- <Württ. Klosterbuch> 448-450 (K. J. HERRMANN).
- <KDW III/1> OA Gmünd, 411f.
- K. EUBEL: Geschichte des Franziskaner-Minoriten-Klosters Schwäbisch Gmünd. In: <WVjH> 13 (1890) 123-137.
- B. KLAUS: Zur Geschichte der Klöster der ehem. Reichsstadt Schwäbisch Gmünd. In: <WVjH> 20 (1911) 48-66.
- M. NAGEL: Gotteszell - Vom Dominikanerinnenkloster zur Strafanstalt . In: Einhorn 112 (1972) 226ff.
- H. K. BIEDERT: Besitz- und Wirtschaftsgeschichte des Dominikaner-Frauenklosters Gotteszell von der Mitte des 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. In: Gmünder Studien 1 (1976) 51-80.
- DERS.: Die Besitzungen des Dominikaner-Frauenklosters Gotteszell im 15. Jh. In: Gmünder Studien 2 (1979) 81-84.
- H. H. DIETERICH: Der Gotteszellische Prozeß von 1650 - 1659. In : Gmünder Studien 1 (1976) 35-50.
- DERS.: Rechtsstellung und Rechtstätigkeit der Schwäbisch Gmünder Klöster bis zum Dreißigjährigen Krieg (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Schwäbisch Gmünd 1). Schwäbisch Gmünd 1977.
- DERS.: Das Franziskanerkloster zwischen Reformation und Säkularisation. In: Gmünder Studien 3 (1989) 37-58.
- B. THEIL: Die Reform des Klosters Gotteszell im 15. Jahrhundert. In: Gmünder Studien 1 (1976) 9-34.
- G. KOLB: Das Dominikanerinnenkloster Gotteszell, eine Gründung der Stauferzeit. In: K. J. HERRMANN (Hg.): Die Staufer und Schwäbisch Gmünd. Schwäbisch Gmünd 1977, 95-128.
- H. HUMMEL: Gmünder Bibliotheken im Zeitalter der Säkularisation. In: K. J. HERRMANN (Hg.): Barock in Schwäbisch Gmünd. Schwäbisch Gmünd 1981.
- K. GRAF: Gmünd im Spätmittelalter. Kirchen, Klöster und Spitäler. In: K .J. HERRMANN (Hg.): Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd. Stuttgart/Aalen 1984, 163.
- K. J. HERRMANN: Streit des Dominikanerinnenklosters Gotteszell mit der Reichsstadt Schwäbisch Gmünd. In: Gmünder Geschichtsblätter 5 (1984).
- DERS.: Das Wirken der Bettelorden in Schwäbisch Gmünd. In: Gmünder Studien 3 (1989) 59-61, 247-248.
- DERS.: Die Franziskaner und St. Franziskus in Schwäbisch Gmünd. In : Einhorn Jahrbuch (1998) 157-164.
- R. STROBEL: Die Kunstdenkmäler der Stadt Schwäbisch Gmünd. Bd. II: Kirchen der Altstadt. München 1995, 47-95.
- DERS.: Die Kunstdenkmäler der Stadt Schwäbisch Gmünd. Bd. IV: Kloster Gotteszell ( in Druck).
- G. KOLB: Zur Geschichte der Kaplanei des Dominikanerinnenklosters Gotteszell. In: Gmünder Studien 5 (1997) 141-188.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 5 b: Neuwürttembergische geistliche Zins- und Haischbücher
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 14 Bd. 112a-117: Diplomatare
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 224: Lagerbücher der Klöster und Stifte: Gengenbach-Groggental
-Staatsarchiv Ludwigsburg B 177 L: Schwäbisch Gmünd, Reichsstadt
-Staatsarchiv Ludwigsburg B 177 S: Schwäbisch Gmünd, Reichsstadt
-Staatsarchiv Ludwigsburg B 185: Schwäbisch Gmünd, Reichsstadt: Dominikanerinnenkloster Gotteszell
Seitenanfang