Klöster in Baden-Württemberg
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Johanniterkommende Neuenburg am Rhein - Geschichte
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Mit der Schenkung des Dorfes Steinenstadt nebst des Pfarrsatzes im Jahr 1235 an den Orden trat dieser im Umfeld von Neuenburg erstmalig in Erscheinung. In der von Herzog Berthold IV. von Zähringen an der Kreuzung wichtiger Handelswege gegründeten Stadt Neuenburg werden erstmalig 1257 oder 1258 Brüder und ein Haus der Johanniter erwähnt. Es ist anzunehmen, dass die Ordensbrüder sich dann an der Stelle der 1272 von dem Bischof von Basel zerstörten zähringischen Burg niederließen. Das mit einer Mauer umgebene Ordenshaus befand sich in der Oberstadt und grenzte direkt an die Stadtmauer. Hier befand sich auch die kleine Ordenskapelle, die keine Pfarrrechte besaß. Das Haus, das durch Schenkungen und Käufe bedeutenden Besitz ansammeln konnte, hatte bereits 1276 eine selbstständige Stellung erreicht; als erster bekannter Komtur wird für dieses Jahr Gottfried von Staufen genannt.
Allerdings konnte diese Eigenständigkeit auf Dauer nicht gewahrt werden. In der Generalvisitation von 1495 wird das Haus in Neuenburg als Membrum (unselbstständiges Ordenshaus) der Kommende Freiburg aufgeführt und erscheint später im Verbund der "camera prioralis" (Kommende zur Ausstattung des Großpriors) Heitersheim.
Im Jahr 1495 amtierte hier der Ordenskaplan Theobaldus Weckler, dem der Großprior Rudolf von Werdenberg-Sargans (1481-1505) dieses Membrum mit Zustimmung des deutschen Provinzialkapitels als "Arrendatio" (Verwaltung auf Lebenszeit) übertragen hatte, der dafür jährlich eine Summe von 105 Gulden an den Großprior abzuführen hatte. Nach Abzug von weiteren Abgaben in Getreide, Wein und Geld in Höhe von 42 Gulden konnte der Ordenskaplan über die restlichen Einkünfte frei verfügen, war aber verpflichtet, die Ordenskapelle und die weiteren Gebäude in einem guten Zustand zu erhalten. Auch Großprior Johann von Hattstein (1512-1546) hatte das Membrum nach Ausweis der Generalvisitation von 1541 als "Arrendatio" gegen einen jährlichen Betrag von 80 Gulden an seinen Statthalter in Freiburg und Heitersheim, den Ordenskaplan Siegfried Ramung, vergeben.
Da die neue Lehre der Reformation trotz eines Versuchs 1522 in Neuenburg nicht Fuß fassen konnte, hatte der Orden keine nachhaltige Einbuße an Einkünften zu beklagen. Zwei Ordenskapläne waren auch weiterhin für die Gottesdienste in der Ordenskapelle und in der Pfarrkirche in Steinenstadt verantwortlich. Im Bauernkrieg konnten die Aufständischen zwar auch Neuenburg einnehmen, doch nach der blutigen Niederlage der elsässischen Bauern zogen ihre Kampfgenossen aus dem badischen Bereich wieder ab, ohne in der Stadt größeren Schaden angerichtet zu haben. Streitigkeiten zwischen der Stadt und dem Orden konnten auch in Neuenburg nicht ausbleiben. Für das Jahr 1545 ist eine Auseinandersetzung um die beiderseitigen Rechte an den Gehölzen und Auen am Rhein, die durch die Veränderungen des Flusslaufs oft in Mitleidenschaft gezogen wurden, überliefert; für die Seite des Ordens trat dabei der Statthalter Siegfried Ramung in Erscheinung.
Die Kriegsläufte am Oberrhein haben auch Neuenburg in Mitleidenschaft gezogen. Im 30-jährigen Krieg wechselte die Stadt mehrfach den Besitzer und wurde schwer beschädigt. Im Holländischen Krieg wurde sie von Vauban zerstört und dann im Spanischen Erbfolgekrieg 1704 völlig vernichtet. Erst nach dem Friedensschluss durfte ab 1714 ein Wiederaufbau erfolgen. Die Johanniter haben fortan ihre Besitzungen von dem zwei Wegstunden entfernten Heitersheim aus verwaltet. Von den Gebäuden des Ordenshauses und der Kapelle sind keine Reste geblieben. Nach dem Übergang des Ordensbesitzes an Baden 1806 wurde dieser der Universität Freiburg übertragen.
WALTER G. RÖDEL     
LITERATUR
-<KDB V> 129f.
- Topographisches Wörterbuch des Großherzogtums Baden. Bd. 2. Bearb. von A. KRIEGER. 2. Aufl. 1905, Sp. 304-306.
- W. G. RÖDEL: Das Großpriorat Deutschland des Johanniter-Ordens im Übergang vom Mittelalter zur Reformation. 2. Aufl. Köln 1972, 328-331, 454.
- J. TREFFEISEN: Die Breisgau-Kleinstädte Neuenburg, Kenzingen und Endingen in ihren Beziehungen zu Klöstern, Orden und kirchlichen Institutionen während des Mittelalters (Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte 36). Freiburg / München 1991, 149-157.
QUELLEN
-Generallandesarchiv Karlsruhe 176: Schliengen, Herrschaft, Amt und Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 184: Villingen, Amt und Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 20: Johanniterarchive (Heitersheim u.a.)
-Generallandesarchiv Karlsruhe 207: Kehl, Stadt und Dorf
-Generallandesarchiv Karlsruhe 225: Überlingen, Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
-Generallandesarchiv Karlsruhe 61: Protokolle
-Generallandesarchiv Karlsruhe 62: Rechnungen
-Generallandesarchiv Karlsruhe 64: Anniversarienbücher
-Generallandesarchiv Karlsruhe 65: Handschriften
-Generallandesarchiv Karlsruhe 66: Beraine
-Generallandesarchiv Karlsruhe 67: Kopialbücher
-Generallandesarchiv Karlsruhe 68: Repertorien
-Generallandesarchiv Karlsruhe 89: Heitersheim Generalia
-Generallandesarchiv Karlsruhe 90: Heitersheim, Reichs- und Kreissachen
-Generallandesarchiv Karlsruhe A: Kaiser- und Königsurkunden vor 1200
-Generallandesarchiv Karlsruhe D: Kaiser- und Königsurkunden 1200-1518
-Generallandesarchiv Karlsruhe E: Papsturkunden 1198-1302
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