Klöster in Baden-Württemberg
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Kapuzinerkloster Walldürn - Geschichte
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Das Wirken der Kapuziner in Walldürn steht in enger Verbindung mit der dortigen Wallfahrt zum Heiligen Blut, die auf ein Wunder zurückgeht, das sich im Jahr 1330 ereignet haben soll. Als 1628 erste Schritte für eine Ansiedlung der Kapuziner in die Wege geleitet wurden, hatte die Wallfahrt bereits überregionale Bedeutung erlangt. 1631 kamen die ersten Patres zur Aushilfe nach Walldürn, bis zum Bezug des eigenen Klosters vergingen jedoch - trotz entsprechender baulicher Entwürfe in den Jahren 1632-1638 und 1650 - noch fast 30 Jahre: Erst 1653 erteilte der Mainzer Erzbischof Johann Philipp von Schönborn seine Zustimmung zur Errichtung eines Klosters, jedoch nur in Form eines Oratoriums mit einem einzigen Altar, ohne Beichtstühle und ohne Erlaubnis zur Predigt. Die Grundsteinlegung des Klosters, das sich zwischen der nördlich gelegenen Wallfahrtskirche und der südlich gelegenen Burg befand (heute: Klosterstraße), erfolgte schließlich im Jahre 1658. Als Architekten werden in einer Innschrift die Kapuziner Engelbert aus Trier (Guardian und Kustos von Mainz) und Archangelus aus Trier (Guardian von Aschaffenburg) genannt.
In den auf die Gründung folgenden Jahren wuchs das Kloster durch Ankauf von Grundstücken und Gebäuden schnell, ein Wirtschaftshof und Konventsgarten wurden errichtet. Für die Ausweitung des Besitzes im Ortszentrum musste nicht nur die Friedhofskapelle, sondern auch ein Stück der Stadtmauer versetzt werden. Es entstand eine einfache, zweiflügelige Anlage mit zwei Stockwerken, die im Jahre 1816 einem Beobachter das vielleicht etwas überzogene Urteil entlockte, es handle sich um "eines der schönsten und größten Klöster" Badens. Insgesamt stand Raum für 38 Brüder und Gäste zur Verfügung, noch im Jahr 1807 umfasste der Konvent 13 Patres und vier Laienbrüder.
Die Kapuziner leisteten in Walldürn unverzichtbare Unterstützung bei der Wallfahrt, die im 18. Jahrhundert etwa 40.000-60.000 Menschen anlockte, im Einweihungsjahr der neuen Kirche 1728 sogar über 100.000. Dies führte jedoch auch zu Auseinandersetzungen mit dem Pfarrer der Wallfahrtskirche, der sich von den Kapuzinern um die eigentlich seiner Kirche zustehenden Einnahmen gebracht sah. Über Walldürn hinaus wirkten die Patres - wie bei den Kapuzinern üblich - durch die Seelsorge in der näheren Umgebung, indem sie viele verwaiste Pfarreien besuchten.
In Folge des Reichsdeputationshauptschlusses kam das Kloster zu Beginn des 19. Jahrhunderts zunächst an das Fürstentum Leiningen und dann an das Großherzogtum Baden. Von den damit einhergehenden Streitigkeiten profitierte der Konvent in Walldürn, so dass er - anders als beispielsweise das ebenfalls von Leiningen an Baden gefallene Franziskanerkloster in Sinsheim - noch mehrere Jahrzehnte weiter existieren konnte. Im Jahre 1816 gehörten dem Kloster noch sieben Patres und ein Laienbruder an, 1831 verstarb achtzigjährig Paschal Schmidt als letzter Pater. Hiermit hatte das Kloster nach den Ordensregeln zu existieren aufgehört, und auch die badische Regierung folgte dieser Sichtweise: 1832 wurden der Großteil der Besitzungen einschließlich der Bibliothek versteigert, 1836 entweihte man die Kirche und verkaufte die Kirchengeräte. 1842 erfolgte der Abriss der meisten Gebäude, an deren Stelle ein Gefängnis errichtet und die heutige Klosterstraße angelegt wurde; ein kleiner Teil der Anlage besteht heute noch als Wohngebäude fort.
ANDREAS BÜTTNER     
LITERATUR
-<KDB IV/3>, 143-144 (A. V. OECHSELHÄUSER).
- P. HIEROTHEUS [Confluentinus]: Provincia Rhenana Fratrum Minorum Capucinorum, Heidelberg (2. Aufl.) 1750, bes. 22-24.
- A. JACOBS: Die Rheinischen Kapuziner 1611-1725. Ein Beitrag zur Geschichte der katholischen Reform (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 62). Münster 1933, 142.
- W. BRÜCKNER: Die Verehrung des Heiligen Blutes in Walldürn. Volkskundlich-soziologische Untersuchungen zum Strukturwandel baro-cken Wallfahrtens (Veröffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e.V. 3). Aschaffenburg 1958, 62f.
- H. SCHMID: Die Säkularisation der Klöster in Baden 1802-1811. Überlingen am Bodensee 1980, 279-281.
- F. ARENS: Risse von Kapuzinerkloestern im Erzstift Mainz und am Mittelrhein. In: Mainzer Zeitschrift 77/78 (1982/1983), 105-160, hier 151-155.
- W. HÜMMERICH: Anfänge des kapuzinischen Klosterbaues. Untersuchungen zur Kapuzinerarchitektur in den rheinischen Ordensprovinzen (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 58). Mainz 1987, 470-477.
QUELLEN
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
-Generallandesarchiv Karlsruhe 230: Neuere Urkunden
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