Klöster in Baden-Württemberg
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Kapuzinerkloster Stockach - Geschichte
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Johann Kaspar Neiberth, Wirt des Gasthauses "Weißes Kreuz" und Ratsherr in Stockach, regte im Jahr 1700 die Ansiedlung von Kapuzinern in der Stadt an. Diese lehnten zunächst ab, so wandten sich Neibert und 21 andere Honoratioren der Stadt an die Franziskaner, die im Oktober 1701 auch von Kaiser Leopold die diesbezügliche landesfürstliche Genehmigung erhielten - allerdings vorbehaltlich der Zustimmung des Bischofs von Konstanz. Dagegen protestierten nun wiederum die Kapuziner, die offenbar ihre anfängliche Absage bereuten. Ihre Ordensprovinz erhob im November 1701 beim Bischof von Konstanz offiziell Einspruch, unterstützt von über 30 weiteren geistlichen und weltlichen Obrigkeiten, darunter die Abtei Beuron und Graf Froben von Fürstenberg. Der Bischof verweigerte daraufhin den Franziskanern seine Zustimmung.
Die fast vollständige Zerstörung Stockachs durch Kriegshandlungen im Mai 1704 verhinderte auf Jahre hinaus die geplante Ansiedlung von Mönchen. Der Wiederaufbau der Stadt dauerte viele Jahre. Franziskaner und Kapuziner lieferten sich in dieser Zeit einen ausufernden und für die Stadt unerfreulichen Streit aus Gesuchen und Gegengesuchen, um jeweils gegen den anderen Orden Vorteile zu erlangen. Schließlich reiste der Kapuzinergeneral P. Michael von Ragusa im Jahr 1718 nach Wien, um beim neuen Kaiser Karl VI. vorzusprechen. Der Kaiser genehmigte im August 1718 "ein für alle mahl" die Niederlassung der Kapuziner in Stockach, jedoch nur als Hospiz. Dem stimmte im Januar 1719 auch der Konstanzer Bischof zu.
Schon im Februar 1719 kamen die ersten vier Kapuziner nach Stockach. Standort der Niederlassung war die alte Kapelle St. Michael, die vor dem Oberen Stadttor lag, wo die drei vielbefahrenen Landstraßen nach Tuttlingen, nach Meßkirch-Sigmaringen und in den Linzgau abgingen: "vor dem oberen Tor, da wo die drei Straßen von Hindelwangen, Mindersdorf und Winterspüren zusammenstoßen". Die wohl aus dem 17. Jh. stammende Kapelle wurde um 1710 als baufällig bezeichnet. Die vier Kapuziner bezogen ein eher bescheidenes Gartenhaus neben dieser Michaelskapelle. Bereits 1722/23 wurden beide Gebäude den Bedürfnissen der Patres gemäß ausgebaut. Die Weihe der Kapuzinerkirche St. Michael durch den Konstanzer Weihbischof von Sirgenstein erfolgte im Oktober 1723. Geld- und Materialspenden für den Bau kamen vom Kaiser, von den Freiherren von Bodman, vom Magistrat der Stadt Stockach und von vielen Privatleuten aus Stadt und Umland.
Es waren stets nur wenige Patres, die das kleine Kloster bewohnten: 1736 fünf, 1769 sechs, 1782 sechs, 1803 fünf. Sie lebten hauptsächlich von Spenden und Almosen, erhielten aber auch von der Stadt jährlich 22 Gulden und das benötigte Brennholz sowie von der Grund-herrschaft Bodman Geld und Getreide. Ihre Hauptaufgabe im geistlichen Leben der Stadt war die Unterstützung des Pfarrers, etwa beim Abnehmen der Beichte, und allgemein "das Versehen der Seelsorge und der Gottesdienste". Einer der Patres half an der Wallfahrtskirche in Rorgenwies mit aus, ein anderer an allen Fest- und Marienfeiertagen in Bodman.
In einem 1783 verfassten Schreiben nennt der Rat der Stadt das Wirken der Kapuziner in Stockach "sehr segensreich", es bedeute einen wirtschaftlichen Vorteil für die Stadt. 1802 wurde das Kloster durch den Tod zweier Patres dezimiert, im selben Jahr kritisiert der Stadtrat die Amtsführung des Superiors Pater Baulin.
Nachdem Stockach 1806 an das Königreich Württemberg gefallen war, kamen umgehend württembergische Beamte ins Kloster mit dem Ziel, dieses aufzulösen. Generalvikar von Wessenberg in Konstanz setzte sich vergebens für die Kapuziner ein, ebenso der Stockacher Stadtrat, der in einem Schreiben versicherte, die Patres seien für die Seelsorge in der Stadt unentbehrlich. Ungeachtet dessen verfügte König Friedrich am 9. Juli 1809 die Auflösung des Klosters. Die letzten Mönche wurden auf andere Bettelklöster in Württemberg verteilt.
Im Staatsvertrag vom 2. Oktober 1810 kam Stockach an das Großherzogtum Baden. Die neue Regierung plante die Umnutzung der verlassenen Klostergebäude als Bezirksgefängnis, richtete aber 1812 in der Kirche einen Kornspeicher und im Konvent eine Kellerei ein. Nach mehreren erfolglosen Versuchen verkaufte der Staat die ehemaligen Gebäude der Kapuziner an die Unternehmer Bader und Mader, die hier ab 1836 eine Zuckerrübenfabrik betrieben. Am 25. Dezember 1842 brannte die Fabrik bis auf die Grundmauern nieder und wurde nicht wieder aufgebaut. Heute steht an der Stelle des Stockacher Kapuzinerklosters das Gasthaus "Goldener Ochsen".
FRANZ HOFMANN     
LITERATUR
-J. BARTH: Geschichte der Stadt Stockach im Hegau bis zum Jahr 1810. Stockach 1894, 381-385.
- H. WAGNER: Aus Stockachs Vergangenheit. Konstanz 1967, 124-128.
- H. SCHMID: Die Säkularisation der Klöster in Baden 1802-1811. Überlingen 1980, 86-88.
- LANDESARCHIVDIREKTION BADEN-WÜRTTEMBERG (Hg.): Der Landkreis Konstanz. Amtliche Kreisbeschreibung, Band IV. Sigmaringen 1984, 440-441.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart E 201 b Bü 78: Ministerium des Kirchen- und Schulwesens/Kultministerium: Waisenhäuser, Klöster und Ehedispense
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
-Generallandesarchiv Karlsruhe 79 P 18: Oberösterreichische/Vorderösterreichische Regierung und Kammer
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