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Johanniterkommende Heitersheim - Geschichte
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Abbildung  Button Ansicht von Heitersheim, Radierung nach Merian, um 1680.
Im Jahr 1272 übertrug Gottfried von Staufen den Salhof in Heitersheim mit dem Kirchensatz mit Billigung seines Lehensherrn, des Abtes von Murbach, an das Johanniterhaus in Freiburg, wo sein Bruder Rudolf Komtur war. Vermutlich bereits 1276, spätestens aber 1297, schenkte - nach Aussterben des Ortsadels - Markgraf Heinrich II. von Hachberg das gesamte Dorf Heitersheim mit Jurisdiktions- und Vogteirechten den Johannitern in Freiburg. Es waren vor allem die Markgrafen von Hachberg und die ehemaligen zähringischen Ministerialen von Staufen, die dem Orden reiche Zuwendungen machten und mit ihren nachgeborenen Söhnen viele Komture stellten. So kamen das Dorf Gündlingen 1297 und die Dörfer Bremgarten 1313 und Grißheim 1315 an die Johanniter. Die Kirche in Schlatt mit dem Patronatsrecht konnte 1362 vom Lazarusorden, das Dorf Schlatt selbst 1372 durch Kauf von dem Grafen Egon von Freiburg erworben werden. Von den Kartäusern in Freiburg erwarb der Orden 1390 die Herrschaft Wendlingen mit den Dörfern Wendlingen, Uffhausen und Hardkirch; die Abrundung des Besitzes erfolgte 1613 mit dem Kauf des Dorfes Eschbach für 40.000 Gulden.
Diese reichen Besitzungen, die diejenigen der Kommende Freiburg bei weitem übertrafen, wurden von den Freiburger Komturen verwaltet, die hier ein Membrum einrichteten. So ist für 1335 dort ein Ordensbruder als Richter und Vogt nachweisbar. Im 15. Jh. nannten sich die Komture gelegentlich "von Freiburg und Heitersheim", doch erscheint Heitersheim in der Generalvisitation von 1495 neben Neuenburg und Kenzingen noch als Membrum von Freiburg. Ein Blick auf die Einkünfte und Ausgaben im Jahr 1495 belegt eindeutig die wirtschaftliche Bedeutung des Membrums Heitersheim: Die gesamten Einkünfte der Kommende Freiburg und ihrer drei Membra Heitersheim, Neuenburg und Kenzingen beliefen sich auf 3.798 Gulden - davon 521 Gulden aus Freiburg. Nach Abzug der Ausgaben verblieben dem Komtur 1.479 Gulden, die vor allem aus Heitersheim kamen (Kenzingen 142 Gulden, Neuenburg 105 Gulden). Es leuchtet ein, dass die Großprioren später auf diese reichen Einkünfte nicht verzichten wollten und Heitersheim zusammen mit Bubikon in der Schweiz und Heimbach in der Pfalz zu ihren Kameralhäusern (camera prioralis) und damit zu Kommenden zur Ausstattung des Großpriors machten. Das Ordenshaus in Heitersheim besaß bereits damals 51 Betten für die Brüder, aber auch für Pilger und Durchreisende; in Freiburg wurden dagegen nur 28 Betten in dem Visitationsbericht von 1495 aufgeführt.
Bereits 1428 war Heitersheim von den Ordensoberen zur Residenz der deutschen Prioren bestimmt worden, die bisher ihre Amtsgeschäfte von den ihnen zugewiesenen Kommenden aus verrichtet hatten. Dem deutschen Großprior waren neben den 115 Ordenshäusern im deutschen Bereich - von den Niederlanden bis nach Pommern und von der Schweiz bis nach Ostfriesland - auch die Prioren von Böhmen, Polen, Ungarn und Dacien (Skandinavien) unterstellt. Seit dem Amtsantritt von Johannes Heggenzer von Wasserstelz (1505-1512) haben dann alle deutschen Großprioren in Heitersheim residiert und dieses ehemalige Membrum von Freiburg, das dann zum Membrum des Kameralhauses Heitersheim herabsinken sollte, trotz mancher Kriegsschäden repräsentativ ausgebaut.
Großprior Heggenzer begann mit den notwendigen Baumaßnahmen in Heitersheim, um an der Stätte des ehemaligen Salhofes Raum für Verwaltung und Repräsentation zu schaffen. Die eigentlichen Bauherrn des von Mauern, Wall und Graben umgebenen Wasserschlosses, das auf einem Stich von Matthäus Merian - vielleicht etwas idealisiert - festgehalten ist, waren die Großprioren Johann von Hattstein (1512-1546), Georg Schilling von Canstatt (1546-1554) und dessen Neffe Georg von Hohenheim (1554-1567). Es entstand eine ovale Tiefburg, die noch der Spätgotik zuzuordnen ist, dann aber im 18. Jh. modernisiert wurde. Der Turm trägt die Jahreszahl 1545 und das Wappen Johanns von Hattstein. Die Gebäude bestehen aus Ritterhaus (1595), weiteren Wohn- und Verwaltungsgebäuden, Zehntscheunen und anderem. Das Großprioratsgebäude ist Anfang des 19. Jh. abgetragen worden. Die Schlosskirche und der Friedhof, ursprünglich vor dem Schloss gelegen, wurden 1527 auf halbem Weg zwischen Schloss und Ort neu angelegt. Wohl als Reaktion auf die im Bauernkrieg erfolgte Plünderung des Schlosses hat Johann von Hattstein Ende der 1520er Jahre die Vorburg erbauen lassen. Ihm ist auch die Stiftung des St. Nikolaus-Spitals zu verdanken. In der Amtszeit von Philipp Wilhelm Graf von Nesselrode und Reichenstein (1727-1753) wurden - vor allem unter dem Aspekt der Repräsentation - weitere Um- und Ausbauten vorgenommen. Kunsthistorisch am qualitätvollsten ist der die Vorburg beherrschende siebenachsige Kanzleibau mit Walmdach (1730-1740).
Im Jahr 1548 erhob Kaiser Karl V. auf dem Augsburger Reichstag den Großprior Georg Schilling von Canstatt und alle seine Nachfolger in den Rang eines geistlichen Reichsfürsten. Georg Schilling von Canstatt hatte sich große Verdienste um den Orden erworben und stand bei Karl V. in hohem Ansehen. Er hatte an der Verteidigung von Rhodos 1522 teilgenommen und leitete dann die Kommission, die die von Karl V. angebotene Inselgruppe von Malta besichtigte; er sprach sich nachhaltig für die Annahme von Malta als neuem Sitz des Ordens aus. Im Jahr 1534 zum Großbailli ernannt, zeichnete er sich bei der Eroberung von Tunis 1535 durch Karl V. aus, verteidigte 1536-1537 als Gouverneur den zusammen mit Malta dem Orden übertragenen Außenposten Tripolis und kämpfte als General der Galeeren erfolgreich gegen die nordafrikanischen Piraten. An dem erfolglosen Zug Kaiser Karls V. gegen Algier 1541 war Schilling als Befehlshaber der Ordensflotte ebenfalls beteiligt und bewährte sich bei der Deckung des verlustreichen Rückzuges. Durch diese Rangerhöhung avancierte die Ordensherrschaft mit dem Hauptort Heitersheim zum Fürstentum, doch gelang es dem Orden trotz vielfältiger Bemühungen und juristischen Auseinandersetzungen nie, auch für dieses Fürstentum die Reichsstandschaft zu erlangen. Das Fürstentum Heitersheim verblieb landständisch innerhalb der vorderösterreichischen Lande, auch wenn sein Regent einen Sitz auf der geistlichen Prälatenbank des Reichstages innehatte.
Angesichts des Mangels an Ordensgeistlichen stiftete der Großprior Friedrich Hund von Saulheim im Jahr 1616 ein Franziskanerkloster, geweiht 1619, dessen Patres die Seelsorge im Fürstentum Heitersheim sicherstellen sollten.
Der 30-jährige Krieg brachte Plünderungen und Verwüstungen über Heitersheim. Den Schweden 1632 folgten kaiserliche Truppen; 1638 musste Großprior Hartmann von der Tann aus seiner Residenz flüchten, die gebrandschatzt wurde. Die Aufbauarbeit nach dem Westfälischen Frieden wurde durch die zahlreichen Kriege am Oberrhein immer wieder unterbrochen. So wurden 1675 Schloss und Ort Heitersheim von französischen Truppen besetzt, geplündert und in Brand gesteckt. Lediglich 1702 zeigten die Befestigungsanlagen ihre Wirkung, als mit wenigen Truppen ein französischer Angriff zurückgeschlagen werden konnte. Mit den Auswirkungen der Französischen Revolution nahte auch das Ende des Fürstentums Heitersheim. Wenn auch der Malteserorden gemäß § 26 des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 "aus Rücksicht auf die Kriegsdienste seiner Mitglieder" der Säkularisation nicht unterworfen wurde und für seine Verluste auf dem linken Rheinufer mit vormals geistlichem Besitz entschädigt werden sollte, sprach der Frieden von Preßburg 1805 den Breisgau mit allen geistlichen Herrschaften dem Großherzogtum Baden zu. Großherzog Friedrich entsandte bereits am 4. Januar 1806 eine Übernahme-Kommission nach Heitersheim. Proteste des letzten Großpriors, Ignaz Balthasar Freiherr Rinck von Baldenstein (1796-1806), der den zweiten Sohn des bayerischen Königs zu seinem Koadjutor berufen wollte, blieben vergeblich. Am 22. Juli 1806 übernahm Baden die Regierung in Heitersheim; der endgültige Übergabeakt erfolgte am 16. September 1806. Der mit einer Pension ausgestattete ehemalige Großprior verstarb bereits 1807. Die Gebäude des Schlosses und die Liegenschaften gingen in Privathand über und wurden teilweise abgerissen. Heute beherbergt das ehemalige Ordensschloss eine von Ordensschwestern geleitete Schule für Behinderte und auch ein Johanniter- und Maltesermuseum. Die Ordenskirche wurde im 19. Jh. durch einen Neubau ersetzt, in dem sich einige Grabplatten von Großprioren erhalten haben.
WALTER G. RÖDEL     
LITERATUR
-W. G. RÖDEL: Das Großpriorat Deutschland des Johanniter-Ordens im Übergang vom Mittelalter zur Reformation. 2. Aufl. Köln 1972, 322-328.
- DERS.: Johannitermeister. In: W. PARAVICINI (Hg.): Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topographisches Handbuch (Residenzenforschung 15). Bd. 15/1: Dynastien und Höfe. Stuttgart 2003, 739-741.
- DERS.: Heitersheim. In: W. PARAVICINI (Hg.): Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich (Residenzenforschung 15). Bd. 15/2: Residenzen. Stuttgart 2003, 264-265.
- DERS.: Der Johanniterorden - Die deutschen Großprioren. In: <HelvSac IV/7> 31-76.
- 1200 Jahre Heitersheim. Die Malteserstadt zwischen gestern und morgen. Heitersheim 1977.
- B. MAURER: Die Johanniter und Malteser im Breisgau. Aus Geschichte und Gegenwart des Johanniter- und Malteserordens am Oberrhein. 2. Aufl. Freiburg 1999.
- W.-D. BARZ (Hg.): Die Heitersheimer Herrschaftsordnung des Johanniter-/Malteserordens von 1620 (IUS VIVENS. Quellentexte zur Rechtsgeschichte 5). Mit einer Einführung zur Heitersheimer Geschichte von A. MÜLLER. Münster 1999.
- DERS. (Hg.): Heitersheim 1806. 200 Jahre Herrschaftsübernahme Badens im Johanniter-/Malteserfürstentum (IUS VIVENS. Quellen zur Rechtsgeschichte 8). Sekundärquellen von W. SCHNEIDER und A. Graf von KAGENECK. Berlin 2006.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 353: Heitersheim, Regierung des Großpriors
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 355: Hemmendorf und Rexingen, Johanniterkommenden
-Generallandesarchiv Karlsruhe 108: Badenweiler
-Generallandesarchiv Karlsruhe 115: Hochberg
-Generallandesarchiv Karlsruhe 176: Schliengen, Herrschaft, Amt und Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 184: Villingen, Amt und Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 2: Überlingen-Pfullendorf
-Generallandesarchiv Karlsruhe 20: Johanniterarchive (Heitersheim u.a.)
-Generallandesarchiv Karlsruhe 207: Kehl, Stadt und Dorf
-Generallandesarchiv Karlsruhe 208: Kenzingen, Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 223: Staufen, Stadt und Amt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 226: Waldkirch, Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
-Generallandesarchiv Karlsruhe 61: Protokolle
-Generallandesarchiv Karlsruhe 62: Rechnungen
-Generallandesarchiv Karlsruhe 64: Anniversarienbücher
-Generallandesarchiv Karlsruhe 65: Handschriften
-Generallandesarchiv Karlsruhe 66: Beraine
-Generallandesarchiv Karlsruhe 67: Kopialbücher
-Generallandesarchiv Karlsruhe 68: Repertorien
-Generallandesarchiv Karlsruhe 70 Grißheim:
-Generallandesarchiv Karlsruhe 74: Baden-Generalia
-Generallandesarchiv Karlsruhe 79: Breisgau Generalia
-Generallandesarchiv Karlsruhe 81: Ensisheim (Vorderösterreich u.a ): Extradita Colmar
-Generallandesarchiv Karlsruhe 89: Heitersheim Generalia
-Generallandesarchiv Karlsruhe 90: Heitersheim, Reichs- und Kreissachen
-Generallandesarchiv Karlsruhe A: Kaiser- und Königsurkunden vor 1200
-Generallandesarchiv Karlsruhe D: Kaiser- und Königsurkunden 1200-1518
-Generallandesarchiv Karlsruhe E: Papsturkunden 1198-1302
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