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Zelle Hoppetenzell - Geschichte
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Die um 750 gegründete Klosterzelle ist der Ausgangspunkt des Ortes Hoppetenzell, der erstmals 1491 genannt wird. Sie wird in zwei verschiedenen Ausfertigungen des Testaments Abt Fulrads von St. Denis im Jahre 777 als "quinta cella [...] quae dicitur Adalungocella" und "similiter qarta cella, qui dicitur Radulfesboch" erstmals erwähnt. Darin verfügt Fulrad, dass die Zelle, die er vor 777 von Adalung erhalten habe, nach seinem Tod an St. Denis fällt. Der Besitzerwerb steht im Zusammenhang mit der politischen Neuordnung Alemanniens und diente der Etablierung fränkischer Herrschaft. Darüber hinaus könnte sie wegen ihrer günstigen Verkehrslage als Stützpunkt und Verbindungsstation zwischen Fulrads Besitzungen fungiert haben.
Die Person Adalungs und das Gründungsdatum der Zelle sind nicht eindeutig geklärt. Möglicherweise könnte er ein Kleriker oder Verwandter der alemannischen Herzogsfamilie gewesen sein. Falls letzteres zutrifft, fand die Gründung erst nach der "Liberalisierung" der fränkischen Alemannienpolitik 768 statt. Das Patrozinium des Hl. Georgs geht auf die Überführung von Georgsreliquien durch Fulrad aus Rom zurück. Die Zelle befand sich wahrscheinlich auf dem Kirchberg an der Stelle der heutigen Pfarrkirche, die 1856/58 erbaut wurde. Über die innere Struktur und Besitzverhältnisse gibt es keine Überlieferung.
Nach Fulrads Tod (784) trat St. Denis die Erbfolge an. Doch wird die "cellula" in Urkunden erst 865 und 866 wieder erwähnt, sodass eine kleine monastische Niederlassung vermutet werden kann. Die Urkunden sind die letzten dokumentierten Verbindungen zwischen St. Denis und der Adalungszelle. Die Entfremdung von St. Denis könnte durch die schwäbischen Herzöge im 10. Jahrhundert geschehen sein. Der Ort erscheint erst wieder 1275 im Liber decimationis. Von der Klosterzelle bzw. mittelalterlichen Pfarrkirche sind weder archäologische noch bildliche Zeugnisse überliefert.
FREDY MEYER     
LITERATUR
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