Klöster in Baden-Württemberg
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Franziskanerinnenkloster Riedlingen - Geschichte
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"Es waren anfangs nur etliche Schwestern, welche in der Stadt die Kranken bedienten und die Verstorbenen ankleideten, deswegen sie noch bis heut zutage Seelschwestern genannt werden. Auch hatten sie zur Wohnung nur ein gemein Bürgerhaus und eine Scheuer, welche ein Würtshaus gewesen und die Eilen [Eule] genannt wurde." So berichtet Nachprediger Michael Senft im Jahre 1765 über das kleine Riedlinger Frauenkloster, das bereits 1420 von einer Guta Klinglerin nach dem Tode ihres Mannes Nikolaus, der auch Rat der Stadt war, gestiftet wurde. Von Anfang an widmeten sich die Schwestern Werken christlicher Nächstenliebe wie der Krankenpflege und übernahmen das Ankleiden der Verstorbenen. Ihren Lebensunterhalt bestritten sie aus dem Ertrag des Ackerlandes und der Weberei, die sie betrieben.
Nach und nach vergrößerte sich der Konvent. Die Schwestern bauten und nahmen die Regel des Dritten Ordens des hl. Franziskus an. Aus der Ansammlung frommer Frauen wurde das Kloster der Franziskanerinnen zum "Heiligen Kreuz". Bereits 1471 wird in einem Nachbarschaftsstreit die Oberin "Mutter der Schwestern des Sammlungshauses des 3. Ordens des hl. Franziskus zu Riedlingen" genannt. 1515 ist ein Vertrag zwischen der Stadt und der Straßburger Konventualenprovinz überliefert, in dem die Größe des Konvents und dessen Besitzverhältnisse geregelt wurden: 13 Nonnen durften es sein, die nicht mehr als 13 Stück Großvieh und zwei Schweine halten und an 13 Webstühlen arbeiten durften. In allen Fragen, die nicht die Ordensregel betrafen, unterstanden die Frauen dem Rat der Stadt, sollten aber auch das Bürgerrecht mit allen Rechten und (Steuer)Pflichten besitzen.
Als in der Reformationszeit Stadtpfarrer Johannes Zwick und sein Kaplan Johannes Feihelmair die Reformation in Riedlingen durchführen wollten, versagten die Franziskanerinnen ihnen die Gefolgschaft und hielten sich an den erzherzoglichen Befehl Ferdinands von Österreich, abtrünnigen Nonnen nichts von ihren Gütern zu geben.
Besonders während des 30-jährigen Krieges, aber auch während der Kriege im 18. Jh., hatten Stadt und Kloster viel zu entbehren. Das Kloster verarmte nach und nach völlig und war 1711 auf Almosensammeln angewiesen. Nur so konnten die Schwestern ihr "ganz ruinöses, baufälliges Haus erbauen".
Nach einer Beschreibung von 1782 umfasste das Kloster Räumlichkeiten auf sechs Stockwerken, u. a. im ersten Stock Kirche, Sakristei und Wachskammer sowie im zweiten Stock den Chor, das Krankenzimmer und die Küche sowie im dritten und vierten Stock 13 Zellen. Das hier genannte Kirchlein, ein kleiner Betsaal, wurde 1706 eingerichtet. Daneben hatten die Klosterfrauen dem Gottesdienst in der gegenüber gelegenen Pfarrkirche auf einer gesonderten Empore beizuwohnen. Der jeweilige Guardian des ortsansässigen Kapuzinerklosters las wöchentlich drei Messen im Frauenkloster, nachdem sie 1751 das Altarprivileg erhielten. Er war auch der Beichtvater.
Dem Befehl Kaiser Josephs II. vom 25. Januar 1782, wonach das Kloster aufgelöst werde, folgte die Tat am 9. April. Im Zusammenwirken der Regierung und der städtischen Kanzleiverwaltung wurde das gesamte Klostervermögen registriert. Bargeld und verzinsliche Aktivkapitalien ergaben den Gesamtbetrag von 10.120 Gulden. Kirchensilber und Wäsche wurden auf 600 Gulden veranschlagt und die Gebäude, Vieh, Grund und Boden sowie Vorräte wurden auf 12.000 Gulden geschätzt. Nach Abschluss der Versteigerungen hatte sich ein Gesamterlös von 31.400 Gulden ergeben, der in Altdorf abzuliefern war. Dazu kam ein Stiftungskapital in Höhe von 2.700 Gulden. An Schulden waren lediglich 105 Gulden 13 Kreuzer zu begleichen! Die Stadt hatte beabsichtigt, das Klosteranwesen zu kaufen, wurde jedoch von italienischen Handelsleuten Giulini & Grasselli aus Mailand, die in Heiligkreuztal ansässig waren, überboten.
Bis 9. September 1782 hatten alle Schwestern das Kloster zu räumen. Neben "Johanna Jehlin von Konstanz, Exmutter, 53 Jahre alt, gesund, im Nähen und Stricken erfahren, erhält jährlich 200 Gulden Pension", die sich nach Konstanz begab, mussten weitere zehn Frauen das Kloster räumen. Zwei davon stammten aus Riedlingen und blieben in der Stadt.
Von dem Kloster steht heute nur noch der Konventsbau aus dem frühen 16. Jh., den seit 1976 die Stadtverwaltung nützt.
WINFRIED ASSFALG     
LITERATUR
-<Württ. Klosterbuch> 400f. (W. ASSFALG).
- <AFA> 8 (1962) 180-192 (A. BREITFELD).
- <KB Biberach> II, 585.
- <HStAS> B 60 Bü 1175.
- W. ASSFALG: 500 Jahre St. Georg Riedlingen. Riedlingen 1986.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 556 g: Riedlingen, Kloster zum Heiligen Kreuz
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