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Franziskanerinnenkloster Waldsee - Geschichte
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Seit dem 15 Jh. bestand in Waldsee, einem vorderösterreichischen Städtchen, der Konvent St. Klara der Franziskaner-Terziarinnen der Straßburger Observanz, ab 1581 zur tirolischen Provinz gehörend. Das Kloster wird erstmals 1466 urkundlich genannt. Durch neuere Forschungen konnte widerlegt werden, dass bereits vor dem 15. Jh. Beginen hier gelebt hatten.
Die Gründung einer Klause in Reute 1403 durch den Waldseer Propst Konrad Kügelin, das wirtschaftliche Erstarken der Stadt Waldsee und der ungeminderte Zulauf zu den Terziarinnen ganz allgemein begünstigten die Gründung eines Klosters.
Das Waldseer Frauenkloster war nicht nur räumlich eng in die Stadt und das gegenüber liegende Stift St. Peter eingebunden. Konnten sich die Schwestern im "Seelhaus" im ersten Fall ein kleines Gebiet durch Kauf von Nachbarhäusern und -gärten für ihren Unterhalt sichern, wurden sie im zweiten Fall von St. Peter geistlich versorgt, was so gedieh, dass ein überdachter Gang vom 1683 erworbenen truchsessischen Amtshaus, dem heutigen Haus Albrecht, zur Stiftskirche gebaut wurde, der allerdings 1757 abgebrochen wurde, bedingt durch den Einsturz des alten gotischen Kirchturms. In dem früheren Amtshaus, nunmehr des Klosters Gästehaus, waren auch die Stallungen untergebracht.
Anfang des 16 Jh. kam es zum Streit mit der Stadt, die Schwestern würden dem bürgerlichen Gewerbe schaden. Deshalb verbot der Rat alle "Handelsschaften" des Klosters, nicht aber das Weben, Nähen, Sticken und Kerzenziehen. Allerdings unterband die Stadt 1754 auch das "Wachsspinnen", weil Handwerker auf dem Döchtbühl gewerblich Döchte herstellten.
Die Schwestern lebten sehr einfach entsprechend der Gelübde, dennoch erhielt die Klause viele Stiftungen, von den Honoratioren der Stadt bis hin zu bekannten oberschwäbischen Hochadelsfamilien. Auffallend ist, dass ein großer Teil - wie auch bei der Klause Reute - aus dem heutigen Bayerisch-Schwaben kam. Den Löwenanteil der Rekrutierung nahm aber Waldsee mit seiner Umgebung ein.
Das langgestreckte Eindachhaus wurde 1557-1559 neu erbaut, nach wie vor war die südliche Außenmauer identisch mit der Stadtmauer. 1671 erfolgte wieder ein Neubau der "verfallenen Behausung" durch einen Baumeister namens "Bruder Christoph". 1680 konnte eine eigene Hauskapelle zu Ehren von St. Maria di Loreto eingeweiht werden. Diese dient inzwischen wieder als Gottesdienstraum.
Mit den josephinischen Klosteraufhebungen folgte auch die Säkularisation des örtlichen Frauenklosters. Die Aufforderung der österreichischen Regierung in Freiburg von 1776, die Klosterfrauen zu Waldsee sollten "in den nächsten fünf Jahren bei oder in dem Kloster eine Schulstube für die Jugend des weiblichen Geschlechts" errichten, scheiterte am Widerstand des Magistrats zu Waldsee, nach dessen Meinung "die Frauen keine hiezu befähigte Person unter sich haben".
Die Auflösung wurde am 13. Februar 1782, abends "halb fünf Uhr", vollzogen. Die letzte Oberin, Mutter Antonia Orlet, musste sich mit ihren 15 Schwestern auf ihrer Pension von jährlich 200 Gulden ausruhen; fast alle Frauen blieben in Waldsee.
Der Erlös der Habe ging wie üblich an den österreichischen Religionsfonds in Freiburg, das Klostergebäude wurde durch Baumeister Christian Thum zum Pfarr-, Kaplanei- und Mietshaus umgebaut. Die eine Hälfte ist bis zum heutigen Tag Pfarrhaus, die andere sah viele Eigentümer und Mieter, vom Freiburger Universitätspfleger und vom Alterssitz des Abts des Wengenklosters zu Ulm bis hin zu einer Zigarrenfabrik, einer Sozialstation und dem Dritte-Welt-Laden.
MICHAEL BARCZYK     
LITERATUR
-<Württ. Klosterbuch> 497f. (M. BARCZYK).
- <KDW Waldsee> 50f.
- Universitätsbibliothek Freiburg, Hs 182 (Klosterchronik 1510 - 1776).
- J. BALLUFF: Die Franziskanerinnen (...) von der Klause in Waldsee. In: Kirchenanzeiger für die kath. Stadtpfarrei Waldsee Nr. 34 - 44 (1929).
- M. BARCZYK: Chronik der Stadt Waldsee 330 - 1806 von Joh. Sailer. In: DERS./KIEMEL: Bad Waldsee - Zeugnisse aus Zeit und Zeitung. Bad Waldsee 1984.
- A. WILTS: Beginen im Bodenseeraum (Bodensee-Bibliothek 37). Sigmaringen 1994, 456-458.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 556 k: Waldsee, St. Maria Loretta
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 235: Lagerbücher der Klöster und Stifte: Waldkirch-Würzburg
-Generallandesarchiv Karlsruhe 225: Überlingen, Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
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