Klöster in Baden-Württemberg
Chorherren, weltliche   Regularkleriker   Jesuiten   Klöster im Landkreis Göppingen   
Kollegiatstift Göppingen - Geschichte
  Zurück
1448 wurde von Papst Nikolaus V. auf Bitten Graf Ulrichs V. von Württemberg an der bisherigen Pfarrkirche zu Oberhofen ein Kollegiatstift mit einer Propst-, Scholastikus- und Kantorstelle sowie je neun Chorherren- und Chorvikarstellen errichtet. Zur Sicherstellung der wirtschaftlichen Grundlage wurde es mit Gütern und Zehnten sowie Kaplaneipfründen ausgestattet. Dennoch hatte das Stift in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens mit einer angespannten Finanzlage zu kämpfen, die u. a. mit dem damaligen Städtekrieg zwischen Württemberg und den umliegenden Reichsstädten zusammenhängen dürfte. Eine breitere wirtschaftliche Grundlage war schließlich durch die 1464 durch Papst Pius II. vollzogene Angliederung des Stifts Boll gegeben. In der Folgezeit verbesserte sich - nicht zuletzt durch eine kontinuierliche Gütererwerbspolitik - die finanzielle Lage des Stifts erheblich, so dass es bei seiner Auflösung im Gefolge der Reformation 1534 als wohlhabend eingestuft wurde. 1552 wurde die nunmehr eingerichtete evangelische Pfarrei Oberhofen mit einem Pfarrer, einem Diakon und einem Subdiakon besetzt; Stadtpfarrer wurde damals der spätere Tübinger Universitätskanzler Jakob Andreä. Episodenhaft blieb die Wiederbelebung des katholischen Gottesdienstes 1549-1552 und während des 30-jährigen Kriegs 1629-1644; ab 1639 ließen sich in den Stiftsbauten auf Betreiben der Erzherzogin Claudia von Tirol Jesuiten nieder.
Eine zweifellos vorhandene Stiftsbibliothek wurde aller Wahrscheinlichkeit nach im Gefolge der Reformation zerstreut. Charakteristisch ist, dass sämtliche Pröpste des Göppinger Stifts ein Hochschulstudium absolviert hatten. Hervorgehoben in diesem Zusammenhang wird die Tätigkeit des Propstes Karolus Sachs als Lehrbeauftragter der Universität Heidelberg und des Propstes Sifrid Swigger in diplomatischen Missionen.
Der Baubestand weist die Stiftskirche St. Maria zu Oberhofen als spätgotische Hallenkirche mit überhöhtem Chor, Querschiff und zwei Türmen aus. Der Chor schließt in drei Achteckseiten und ist mit einem Sternengewölbe überspannt. An wertvollen Kunstwerken sei vor allem auf das spätgotische Chorgestühl und auf die große Anzahl von Epitaphien in der Stiftskirche hingewiesen. Ihre Wohnung hatten die Angehörigen des Stifts innerhalb der Stadtmauern in Stiftshäusern (heutige Pfarrgasse).
MARTIN MUNDORFF     
LITERATUR
-<Württ. Klosterbuch> 249f. (M. MUNDORFF).
- <KDW Göppingen> 25-41.
- M. REYLE: Evangelische Oberhofenkirche Göppingen. München/Zürich 1986.
- K. PLIENINGER: Stadtschreiber, Leibärzte, Festungskommandanten. Altwürttembergische Ehrbarkeit in den Epitaphen der Oberhofenkirche Göppingen (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Göppingen 28). Weißenhorn 1992.
- DERS.: Kirche und Chorherrenstift Oberhofen "außerhalb der Mauern der Stadt Göppingen" (1436-1537). In: Hohenstaufen / Helfenstein. Historisches Jahrbuch für den Kreis Göppingen 10 (2000) 37-98.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 510: Oberhofen
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 602: Württembergische Regesten
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 362 a: Jesuiten in Württemberg
Seitenanfang