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Kollegiatstift Ehingen - Geschichte
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In Ehingen lebten zahlreiche Kapläne, die lediglich die mit ihren Pfründen verbundenen Pflichten (z. B. Jahrtagsmessen) zu erfüllen hatten und vielfach eigene Pfründhäuser bewohnten. Mit Ausnahme des Inhabers der 1440 eingerichteten Prädikatur waren sie an der Pfarrseelsorge nicht beteiligt. Pfarrherr Walter von Laubenberg (+ 1454) fasste die Pfründner zu einer Bruderschaft zusammen und erließ für sie im Frühjahr 1437 Statuten. Die Genehmigung des Konstanzer Bischofs erfolgte im selben Jahr, 1451 gewährte Papst Nikolaus V. die päpstliche Approbation.
Im Mittelpunkt der Bruderschaft stand das Totenoffizium (gemeinsames Chorgebet für die Verstorbenen). Die Geistlichen, die ihren Pflichten nachgekommen waren, hatten Anspruch auf so genannte Präsenzgelder. Nach ihnen wurde die Bruderschaft auch als "Präsenz" bezeichnet.
Spätestens seit dem 17. Jh. waren die Bruderschaftsmitglieder verpflichtet, täglich am gemeinsamen Chorgebet teilzunehmen. In der zeitgenössischen Literatur ist daher mehrfach von einem ´Kollegiatstift Ehingen´ die Rede.
Um 1700 wurden neue Statuten formuliert, die der Konstanzer Weihbischof bestätigte. Das gemeinsame Chorgebet war nun ausdrücklich vorausgesetzt. Hinzu kam die Teilnahme an Prozessionen und sonstigen Gottesdiensten. Erstmals wurden Pflichten der Kapläne in der Seelsorge erwähnt, was wohl auf die nun deutlich geringere Anzahl von Geistlichen in Ehingen zurück zu führen ist. Eine ausdrückliche Stiftsverfassung ist jedoch nicht belegt.
Als Vorstand der Bruderschaft fungierte der jeweilige Pfarrherr. Ihm standen zwei Pfleger (so genannte "Procuratores") und ein Deputierter bzw. zum Teil zwei Deputierte und ein "Adjunctus" zur Seite. Diese wurden jährlich an Weihnachten aus der Reihe der Mitglieder gewählt.
Zunächst gehörten der Bruderschaft die Inhaber der Pfründen an, die an der Stadtpfarrkirche St. Blasius bestanden. Die drei Hilfsgeistlichen des Pfarrherrn wurden als "Testes" (Zeugen) erwähnt, sie hatten in der Fraternitätsversammlung offenbar kein Stimmrecht. Später bemühten sich auch andere Geistliche um die Aufnahme. Zeitweise waren in Ehingen 23 Pfründen vorhanden. Da sie vielfach mit unzureichenden Einnahmen ausgestattet waren, wurde ihre Zahl 1610 auf neun reduziert. Bis zum Ende des 17. Jh. ging die Zahl der Kaplaneien weiter zurück, was sich auch auf die Fraternität auswirkte. 1714 zählte sie noch sechs Mitglieder.
Die Einnahmen der Bruderschaft setzten sich zusammen aus den Beiträgen der Mitglieder, den Eintritts- und Sterbegebühren, aber auch den Strafgeldern oder Jahrtagsstiftungen (1521: 157 Stiftungen). Eine Beschreibung der Stadtpfarrpfründe (1824) bezifferte die Messen, die von den Mitgliedern der Bruderschaft im Verlauf eines Jahres zu feiern waren, auf 2.498. 1810 wurde das Bruderschaftsvermögen auf 14.335 Gulden veranschlagt.
Die Priesterbruderschaft wurde zusammen mit der Präsenzpflege 1825 aufgehoben. Ihr Vermögen fiel zu drei Fünfteln an die Stadtpfarrstelle und zu je einem Fünftel an die beiden damals noch bestehenden Kaplaneien.
LUDWIG OHNGEMACH     
LITERATUR
-<Württ. Klosterbuch> 218f. (L. OHNGEMACH).
- J. HEHLE: Die ehemalige St.-Blasius-Priesterfraternität in Ehingen. In: Schwäbisches Archiv 1911, 161-165, 187-191.
- F. M. WEBER: Ehingen. Geschichte einer oberschwäbischen Donaustadt. Ehingen 1955, 273f.
QUELLEN
-Generallandesarchiv Karlsruhe 119: Ortenau, Landvogtei
-Staatsarchiv Sigmaringen Dep. 30/11 T 1: Ehingen: Urkunden
-Staatsarchiv Sigmaringen Dep. 30/11 T 2: Ehingen: Amtsbücher
-Staatsarchiv Sigmaringen Dep. 30/11 T 3: Ehingen: Akten
-Staatsarchiv Sigmaringen Dep. 30/11 T 4: Ehingen: Aus Salem extradierte Akten
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