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Franziskanerinnenkloster Munderkingen - Geschichte
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Anna Höcker stiftete 1459/60 mit Hilfe zweier Schwestern aus Oggelsbeuren eine der Dritten Regel des hl. Franziskus unterstellte Klause, deren Insassinnen sich der Armen- und Krankenpflege widmen sollten. Aus den allerdings nicht zweifelsfreien Angaben des Nekrologs kann man ein schon 1418 bestehendes Beginenhaus erschließen. War die Stiftung dem Munderkinger Stadtrat als Pfleger übertragen worden, so wurde dieser in der Folgezeit zurückgedrängt; bereits um 1500 vertraten die Schwestern selbständig die Klause, die das Patrozinium der hl. Anna angenommen hatte. Wohl um 1480 zur Observanz übergegangen, kam der Konvent 1580 von der Straßburger zur neu gegründeten Tiroler Franziskanerprovinz. Gegen den zunehmenden Einfluss des Provinzkapitels konnte der Munderkinger Stadtpfarrer seine Stellung als Beichtvater der in unmittelbarer Nachbarschaft der Pfarrkirche gegründeten Klause behaupten; der Gemeindefriedhof blieb Begräbnisstätte der Schwestern und die 1688 errichtete Kapelle erhielt zwar das Allerheiligste, durfte aber anscheinend nur für die Stundengebete genutzt werden.
In der Klause lebten 1580 und 1685 jeweils zwölf Schwestern. Die ausschließlich bürgerlichen Schwestern kamen überwiegend aus Munderkingen, aber auch aus Oberschwaben, dem bayerischen Schwaben, dem Allgäu, Vorarlberg und Tirol.
Aufgrund des Einbringens vermögender Schwestern konnte die Klause zwischen 1630 und 1715 große Grunderwerbungen in Munderkingen tätigen, die die Stadt wegen der von der Klause angestrebten Steuerbefreiung stets anfeindete; außerdem 1677 zwei Höfe in Deppenhausen (Stadt Ehingen) und 1693 einige Weinberge in Bermatingen (Bodenseekreis) erwerben. Die Einkünfte aus dem Grundbesitz ermöglichten den Schwestern den vollständigen Rückzug aus dem weltlichen Leben. Bereits um 1500 hatte der Konvent beim Neubau der Stadtkirche eine eigene Empore erhalten, 1629 setzte die Franziskanerprovinz die Klausur durch, wozu noch im gleichen Jahr ein überdachter Gang vom Konvent zum Schwesternchor in der Stadtkirche gebaut werden musste. Die Krankenbesuche in der Stadt wurden aufgegeben; nach dem 30-jährigen Krieg auch die Feldarbeit. Die Schwestern beschäftigten sich in der Folgezeit mit Spinnen und Weben, fertigten Kerzen und Kerzendochte. 1699 und 1702 ließ sich der Konvent in die Schmiede- und in die Schneiderzunft aufnehmen.
Die Klause ist nicht durch besondere künstlerische oder geistige Leistungen hervorgetreten. 1685 musste man sich ein päpstliches Breve übersetzen lassen, da keine der Schwestern Latein konnte. Der Bücherbestand wurde bei der Auflösung 1782 auf lediglich 2 Gulden geschätzt. Die von der vorderösterreichischen Regierung geforderte Eröffnung einer Mädchenschule verschleppte der Konvent 1774-1777 unter dem Vorwand des Raum- und Geldmangels.
Am 18. März 1782 wurde der Konvent gemäß dem josephinischen Klosteraufhebungsdekret vom 12. Januar 1782 aufgelöst. Alle 14 Schwestern nahmen das weltliche Gewand.
Der 1686-1688 neu errichtete und mit seinen Nebengebäuden bis heute erhaltene Konventsbau wurde 1782 zusammen mit dem übrigen Grundbesitz an Munderkinger Bürger verkauft und in Wohnungen aufgeteilt. Die drei Altäre der aufgelösten Kapelle (hll. Anna, Schmerzhafte Muttergottes, Franz Xaver) kamen an die Kirchengemeinde Obernheim (Zollernalbkreis). Die Reliquiensammlung der Klause ist verschollen; ein 1705 erworbener Kreuzpartikel sowie möglicherweise ein Kelch befinden sich heute in der Pfarrkirche Munderkingen.
JÖRG MARTIN     
LITERATUR
-<Württ. Klosterbuch> 356-358 (J. MARTIN).
- <AFA> 7 (1961) 79-104 (M. HEINRICHSPERGER).
- <KB Alb-Donau> II, 633.
- <KDW Ehingen> 118.
- <HStAS> B 50, Nr. 125 (Protokoll und Chronik der Klause).
- W. SCHÜRLE (Hg.): Chronik der St.-Anna-Klause Munderkingen. Bearb. v. W. NUBER. Mit Regesten zu den Urkunden der St.-Anna-Klause, bearb. von J. MARTIN (Documenta Suevica 7). Konstanz/Eggingen 2005.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 556 e: Sammlung Munderkingen, Klause St. Anna
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