Übergabe des weißen Ordenskleides an den hl. Norbert von Xanten. Deckenfresko im Chor von Andreas Meinrad von Ow, 2004. |
Nach den Annalen des niederbayerischen Prämonstratenserstifts Osterhofen (um 1286) wurde Rot, das im Laufe der Geschichte auch unter dem Namen Rotte, Rote, Rotha, Rothum, Münch- und Mönchsroth erscheint und zur schwäbischen Zirkarie gehörte, im Jahr 1126 als erste Prämonstratenserpropstei in Oberschwaben gegründet. Die Überlieferung schreibt einer Witwe Hemma und ihrem Sohn Kuno die Gründung zu. Wahrscheinlich verwendete Hemma, die Tochter Hattos von Wolfertschwenden und Witwe eines der Herren von Wildenberg im churischen Rätien, ihre Mitgift und Erbschaft im Illertal zur Stiftung des Prämonstratenserstifts. Außer dem Kernbesitz um Rot und im anschließenden Illertal hatte das Kloster um 1182 Besitz auf der Schwäbischen Alb, im Vorland von Lindau, um Hüttisheim, Steinbach und Untermoorweiler. Rot wurde als Doppelkloster eingerichtet: Das Männerkloster war der Jungfrau Maria und das Frauenkloster dem hl. Johannes, dem Täufer, geweiht. Das Nonnenkloster, das um 1140 in das Haslachtal (heutiges Friedhofsgelände) verlegt wurde, blieb bis Mitte des 14. Jh. bestehen. Die Kirche von Rot wurde direkt dem Papst unterstellt. Zur Vogtfreiheit, die Kaiser Friedrich I. in seinem Schutzbrief von 1179 bestätigte, kam 1338 die Exemtion der Abtei von weltlichen Gerichten. König Ruprecht bestimmte 1407 Hans Truchsess von Waldburg zum Schirmherrn des Klosters. Kaiser Maximilian I. erklärte 1497 die Reichsunmittelbarkeit der Abtei, aber erst während des Österreichischen Erbfolgekrieges (1741-1748) erhielt Rot die ihm schon 1619 verpfändete Blutgerichtsbarkeit. Seit dem 16. Jh. war Rot Mitglied im schwäbischen Reichsprälatenkollegium. Die Pontifikalien erhielt der Abt von Rot Ende des 16. Jh. Die Pestepidemie von 1348 führte zu einer sozialen Veränderung des Konventes zugunsten des bürgerlichen Milieus und der Bauernfamilien. Hinzu kam eine jahrzehntelange wirtschaftliche Krise. Erst unter Abt Heinrich Merk (1417-1420) gelang die Restitution des Klosters, die von seinem Nachfolger Martin Hesser (1420-1457), dem "zweiten Gründer" von Rot, weitergeführt wurde. Merk schloss 1425 in Konstanz mit fast allen schwäbischen Äbten einen Bund zur Verteidigung ihrer Rechte gegen die Einmischung adeliger Verwandter von Klosterangehörigen. Seit Ende des 15. Jh. kam es zu Gebetsverbrüderungen mit verschiedenen Klöstern. Die Restauration der Ordensdisziplin mit Hilfe der Dillinger Jesuiten zog sich bis in das 17. Jh. Ein 1796 angefertigter Katalog der Klosterbibliothek, die 1502 gebaut worden war und für die ab 1725 jährlich hohe Summen ausgegeben wurden, zählt rund 7.000 - darunter auch wertvolle - Werke. Nach der Säkularisation wurde die Bibliothek in alle Winde zerstreut. Bedeutende Roter Chorherren waren der hervorragende Prediger Wilhelm Mercy, den Herzog Karl Eugen von Württemberg (1737-1793) an seine Hofkapelle berief, wo er mehrere Schriften zur Kanzelberedsamkeit verfasste, und der letzte Roter Abt Nikolaus Betscher (1789-1803), der als Komponist geistlicher und weltlicher Werke bis heute bekannt ist. 1273 wurde in der Rot’schen Pfarrei Berkheim die Verehrung des sel. Willebold begründet. Eine Roter Besonderheit ist der lokale Heiligenkult zur Verehrung des Wilhelm Eiselin (+ 28. März 1588), der mit 24 Jahren in Rot im Ruf der Heiligkeit gestorben war; er galt als schwäbischer Aloysius und wurde in Rot bis in das 20. Jh. verehrt. Abt Hermann Vogler (1711-1739) gelang es, in Maria Steinbach nach 1730 eine bedeutende Kreuz- und Marienwallfahrt einzurichten. Bruderschaften spielten in Rot eine große Rolle. Die Erzbruderschaft zum hl. Rosenkranz (1579) wurde 1603 an die neue Kirche St. Johann verlegt und 1837 aufgelöst. Die Bruderschaft vom Altarsakrament wurde 1716 eingeführt. Mit den 1726 anlässlich der 600-Jahrfeier des Klosters überführten hl. Leibern der Eheleute Aurelius Renatus und Domitia aus Rom verband man in Rot eine zweifache "Familienbruderschaft" (1731). Diese hatte mit der Sebastiansbruderschaft die meisten Mitglieder. 1760 ließ Mauritius Moritz in Haslach die Barbarabruderschaft einführen. Das geistliche Leben in Rot hatte mit dem Reichsdeputationshauptschluss ein Ende. Ludwig Graf von Wartenberg ergriff am 1. März 1803 von seiner Herrschaft Besitz. Sie umfasste zu dieser Zeit fast 1,5 Quadratmeilen mit 2.871 Untertanen. Der Jahresertrag der Abtei wurde auf 58.000 Gulden geschätzt. 1806 kam das Roter Gebiet unter das Königreich Württemberg. 1808 erbten die Grafen von Erbach im Odenwald den Besitz. Mitte der 1930er Jahre wurde das Kloster von der Württembergischen Landessiedlung erworben und ein Arbeitsdienstlager eingerichtet. 1947 erwarb der Prämonstratenserorden die Klostergebäude. Der Versuch der Prämonstratenser des Klosters Windberg, das Ordensleben in Rot wiederaufzunehmen, scheiterte 1959. Die Diözese Rottenburg kaufte die Klostergebäude und errichtete das Jugendhaus St. Norbert. Seit 1950 leben in Rot die Norbertusschwestern und halten die prämonstratensische Tradition aufrecht. Zur heutigen Kirche in Rot (Patr.: St. Verena) gab es mehrere Vorgängerbauten. Die mittelalterliche Klosterkirche erhielt 1338 einen neuen Chor mit Hochaltar. 1506 wurde die nach dem Klosterbrand von 1481 erneuerte Kirche vollendet und 1509 mit 16 Altären geweiht. Nach dem verheerenden Brand des Klosters (1681) baute man von 1689-1702 an der Klosterkirche. Stuck und Ausstattung der Kirche mit Gemälden von Johannes F. Sichelbein und Matthäus Zehender sind von 1691. In den folgenden Jahren bis 1693 schufen drei Bildhauer, u. a. wohl Andreas Etschmann, das zweireihige, figurenreiche Chorgestühl, das als Meisterwerk barocker Schnitzkunst gilt. Johannes Heiß fertigte 1694 das Hochaltarblatt und die Gemälde im Kreuzaltar. Die Sakristei erhielt 1695 die mit barocken Laubwerkschnitzereien versehenen Kästen mit Lavaboschrein und den Beichtstuhl. Um 1720 schuf wahrscheinlich Johann Ruez aus Wurzach die barocken Apostelfiguren zur Bekrönung des Chorgestühls, die sich heute auf den klassizistischen Beichtstühlen befinden. Die heutige Kirche entstand 1777-1786 im Spannungsfeld von Spätbarock und Klassizismus. Abt Mauritius Moritz (1760-1782) hatte gegen den Willen des Konvents den Abbruch der Kirche beschlossen und bei seinem Tod Ruinen und große Schulden hinterlassen. Der Ostteil war noch 1777-1779 durch den Baumeister Johann Baptist Laub errichtet worden, die Fertigstellung wurde vordringlichste Aufgabe des Abtes Willebold Held (1782-1789). 1783 wurde der Grundstein gelegt. Andreas Meinrad von Ow schuf 1780 im Chorraum die spätbarocken Fresken zum Leben des Ordensstifters Norbert von Xanten. Die Deckengemälde im Langhaus, das Kuppelgemälde und die Dekorationsmalerei fertigte ab 1784 Januarius Zick. Der Stuck der Kirche ist ein Werk von Franz Xaver Feichtmayer II. und seinem älteren Bruder Simpert. Die Hauptorgel auf der Westempore von Johann Nepomuk Holzhay aus Ottobeuren, der auch die Chororgel fertigte, wurde 1792/93 gebaut und zählt zu den bedeutendsten historischen Orgeln Süddeutschlands. Die feierliche Kirchweihe erfolgte am 16. Juli 1786. Auch die Klosteranlage blickt auf eine umfangreiche Baugeschichte zurück. Als der zwischen 1440 und 1450 durch den Baumeister Johann von Regensburg errichtete Konventsbau 1481 fast vollständig abbrannte, ging man unter Abt Konrad Ehrmann I. (1501-1520) an den Wiederaufbau. 1580 kam wohl östlich der Kirche ein Spital hinzu. 1597 wurden Kanzlei und Abtei neu gebaut, vor 1614 der Aureliusturm mit spätgotischen Wandmalereien. Nach dem Brand von 1681 wurde ein Neubau des Klosters notwendig. Als Architekt der Klosteranlage gilt Abt Martin Ertle (1672-1711). Kunst- und kulturgeschichtlich wertvoll ist die an den Kreuzgang anschließende Sakramentskapelle, die den Anfang des 1705 geweihten Kapitelsaales bildet. Nach der Säkularisation wurden von der Klosteranlage zwei Flügel und die Bibliothek abgerissen. |
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KONSTANTIN MAIER/MANUELA OBERST | |||||||||||||||||||||||||
LITERATUR | |||||||||||||||||||||||||
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QUELLEN | |||||||||||||||||||||||||