Die Pflegeanstalt Heggbach in den Räumen der ehemaligen Zisterzienserinnenabtei, 1901. |
Heggbachs Geschichte beginnt 1231. Damals ließen sich am "Hecchibach" Beginen aus Maselheim nieder. Wahrscheinlich waren es Frauen aus dem nahen Biberach, die ein geistliches Leben führen wollten. Dem Pankratius-Patrozinium nach zu schließen, war das Gotteshaus, bei dem sie sich ansiedelten, eine Eigenkirche der Grafen von Berg und durch die Staufer der Linzgauabtei Salem übereignet worden. Im folgenden Jahr unterstellte der Konstanzer Diözesanbischof Konrad von Tegerfelden dem Kloster auch den noch kleinen Frauenkonvent. Wahrscheinlich hatte Abt Eberhard von Rohrdorf darum gebeten. Zwischen 1233 und 1244 wurde "Hekebach" dann dem Zisterzienserorden inkorporiert und am 26. Juni 1248 mit dem Großen Ordensprivileg ausgezeichnet. Damit war "Heggebach" selbständige Abtei. Nach heutigen Erkenntnissen muss die Klosteranlage damals in ihren Grundzügen bereits vollendet gewesen sein. Denn als 1980 die Konventgebäude renoviert wurden, kamen im Westflügel spätromanische Rundbogenfenster und die nordseitige Klausurpforte zum Vorschein. Ähnliche, später zugemauerte Gadenöffnungen sind über den Gewölben des heutigen Kreuzgangs in der Außenwand erhalten. Die Nonnen waren inzwischen von ihrer ursprünglichen Unterkunft, einem Wohngebäude neben dem Pankratiusheiligtum, in ihr neues Kloster übersiedelt. Ihr Chorgebet verrichteten sie in der zunächst noch kleinen Abteikirche. Im frühen 14. Jh. wurde sie dann umgestaltet und der Mutter Gottes und St. Georg geweiht. Das Patronat könnte mit den Herren von Freyberg zusammenhängen. Sie unterstützten den Konvent und erhielten 1493 im Chorraum der früheren Bruderkirche ihre Grablege. Altarweihen sind für die Jahre 1320, 1347, 1400, 1444, 1493, 1500, 1528, 1698 und 1716 bezeugt. Von den Aufbauten sind nur noch Bruchstücke erhalten. Dazu gehören die 1347 von einem Konstanzer Meister geschaffene frühgotische "Maria im Wochenbett", Heiligenskulpturen sowie gleichaltrige Tafelbilder aus der Strigel-Werkstatt. Sie wurden nach der Säkularisation veräußert. Wie Gutenzell und Baindt war das Kloster seit dem Spätmittelalter reichsunmittelbar: Der ursprünglich im Besitz des Reichs befindliche Schutz und Schirm über die Abtei wurde durch Kaiser Friedrich III. 1481 erneut der Reichsstadt Biberach übertragen, wodurch der Weiterbestand des Klosters gesichert wurde. Das Herrschaftsgebiet Heggbachs umfasste in einer Länge und Breite von je anderthalb Gehstunden 5 2/3 Dörfer mit zuletzt 1718 Einwohnern (Baltringen, Baustetten, Maselheim, Mietingen und Sulmingen) mit insgesamt 110 Gütern, zu denen sechs weitere in Laupheim kamen. In Schönebürg waren nach 1254 und in Maselheim 1269 alle Bauernhöfe zu Grangien zusammengelegt worden. Der umfangreiche Heggbacher Grundbesitz kam durch Schenkungen und Käufe zustande. Das Gründungsgut wurde 1245 durch die Maselheimer Mühle erweitert. Wenig später gesellten sich einzelne Höfe dazu. 1267 erwarb das Kloster auch das mit dem dortigen Widum verbundene Kirchenpatronat und 1293 das Dorf Ringschnait. 1420 schenkten die Gebrüder von Freyberg zu Achstetten den Heggbacherinnen die Patronatsrechte über Burgrieden. 1460 unterstellten deren Nachfahren dem Frauenkloster auch die Kaplanei von Mietingen. Außerdem besaß die Abtei mindestens seit 1429 in Sulmingen und seit 1491 in Baustetten die Niedere und von 1442 an in Mietingen die Hohe Gerichtsbarkeit. Das alles wäre nicht möglich gewesen ohne tüchtige Äbtissinnen und Klosterbeamte. Unter Halwig Wachsgäb (1312/22) wurde der Klosterbau vollendet. Elisabeth Kröhl (1454-1480) führte 1467 eine Konventsreform durch und ließ noch im selben Jahrzehnt einen neuen Marienaltar aufstellen. Unter Agnes Sauter (1480-1509) erhielt die Abteikirche um 1490 weitere Altäre, das Kapitelhaus eine Nebenkapelle und der Westflügel einen Abteianbau. Margaretha Hauptmann (1532-1539) gab dem Kreuzgang durch Kreuzgratgewölbe und Wandfresken ein neues Gepräge. Unter Maria Caecilia Constantia Schmid (1712-1742) und Maria Aleydis Zech (1742-1773) wurden die Innenräume im Geist des Barock und des Rokoko umgestaltet und auch der Torbau erstellt. Der Konvent setzte sich vorwiegend aus Bürgers- und Bauerntöchtern der benachbarten Städte und Dörfer zusammen. Ihre Herkunftsorte lagen meist im näheren und weiteren Umland. Später stammten einzelne Nonnen aber auch von der Alb, dem Remstal, aus Ostschwaben, Oberbayern, Tirol und dem Bodenseegebiet. Selbst Rottweil und Offenburg sowie die Oberpfalz waren vertreten. Vereinzelte Konventualinnen gehörten einheimischen Adelsgeschlechtern wie den Emerkingen, Freyberg, Kirchberg, Rietheim, Stadion, Stotzingen, Wartenstein und Vöhlin an. Sehr zu schaffen machten den geistlichen Heggbacherinnen vor allem die Kriege von 1525, 1632-1647, 1703 und 1795-1800. Dem Versuch von Biberacher Reformatoren, sie zum Abfall zu bewegen, widerstanden sie. Hingegen waren sie gegen die Säkularisation machtlos und mussten erleben, wie ihr Reichsstift 1803 dem Grafen von Waldbott-Bassenheim anheimfiel. 1875 kaufte der Fürst von Waldburg-Wolfegg die Gebäude und überließ sie 1884 den Franziskanerinnen von Reute. In den "Heggbacher Einrichtungen" werden heute rund 335 körperlich und geistig behinderte Menschen betreut. Die hochmittelalterliche Konventanlage ist in ihrem Kern noch erhalten, wurde aber nach und nach den gewandelten Bedürfnissen angepasst und durch eine Reihe von Neubauten ergänzt. 1893 waren Kirche und Ostflügel des Konventstrakts ausgebrannt. Doch Abteikirche, Kreuzgang und Klausurgebäude stehen noch und erinnern an das frühere geistliche Leben, das darin mehr als ein halbes Jahrtausend lang blühte. Das 1981 eingerichtete Klostermuseum und das 1991/92 nach Plänen von Reinhard Gieselmann zu einem Zentralraum umgestaltete Gotteshaus bergen Kostbarkeiten einer bewegten und bewegenden Klostergeschichte. |
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