Die ehemalige Zisterzienserabtei Maulbronn. Kolorierte Federzeichnung von A. Kieser, 1683. |
Ende der 30er Jahre des 12. Jh. kamen auf Bitten des Edelfreien Walther von Lomersheim Zisterziensermönche aus dem Kloster Neuburg im Elsass in den Ort Eckenweiher nahe der Enz, um hier ein neues Kloster zu gründen. Abt Diether begleiteten zwölf Mönche und einige Konversen, die jedoch nach wenigen Jahren schon das Kloster an einen geeigneteren Ort verlegen mussten. Als Bischof Gunther von Speyer wohl im Jahr 1147 den Konvent in das unweit gelegene Maulbronn versetzte, konnte sich das Kloster etablieren und entwickeln. Die von Eckenweiher nach Maulbronn übergesiedelten Mönche fanden hier eine ehemalige Siedlungsstelle vor, die nicht allzu lange Zeit zuvor noch bewohnt und bewirtschaftet worden war. Dort, wo die Möglichkeiten für den Landesausbau bestanden, sollten sie schon bald wirkungsvoll ergriffen werden. Damit einher ging das Streben nach Arrondierung und Verdichtung des Besitzes. Auch nach dem Ausklingen der großen Rodungsphase gelang es dem Kloster im 14. und 15. Jh., seine Güter und Rechte systematisch auszubauen. Am Ende des Mittelalters verfügte Maulbronn über ein geschlossenes Territorium, zu dem mehr als 20 Orte zwischen Stromberg und Nordschwarzwald gehörten. Von wirtschaftlichen Krisensituationen in Maulbronn ist nur im späten 13. und frühen 14. Jh. des öfteren die Rede. Um 1270 musste sich der Konvent angesichts der Bedrohung durch seine Vögte, die Herren von Enzberg, sogar kurzfristig auflösen. 1372 übertrug Kaiser Karl IV. die Schutzvogtei über Maulbronn an die Pfalzgrafen und verstrickte das Kloster dadurch in den Gegensatz zwischen der Pfalz und Württemberg, der erst 1504 mit dessen Übergang an Württemberg beendet wurde. Mitte des 15. Jh. war der Maulbronner Konvent so wohlhabend, dass er die Schulden des elsässischen Klosters Pairis übernehmen konnte, das daraufhin 1464 als Priorat nach Maulbronn inkorporiert wurde. Unter Abt Berthold von Roßwag (1445-1462) soll der Konvent 100 Mönche umfasst haben, unter seinem Nachfolger Johann von Wimsheim (1462-1467) stieg die Zahl noch auf 135, bevor sie gegen Ende des 15. Jh. wieder unter 100 fiel. Die damalige Bedeutung Maulbronns innerhalb des Zisterzienserordens wird auch dadurch deutlich, dass dem Maulbronner Abt neben Bronnbach sechs Frauenklöster unterstellt waren: die benachbarten Frauenzimmern, Rechentshofen und Lichtenstern, später auch Lichtenthal sowie links des Rheins Heilsbrück (bei Edenkoben) und Königsbrück am Heiligen Forst im Elsass. Mehrfach nahmen Maulbronner Äbte gerade im frühen 15. Jh. als Ordensdelegierte herausragende Funktionen für die Zisterzienser wahr. Maulbronn wirkte damals vorbildlich im Sinne der Ordensreform. Von der einstmals bedeutenden Maulbronner Bibliothek sind nurmehr spärliche Reste vorhanden. Doch ist die Qualität des Maulbronner Skriptoriums bereits für die Frühzeit bekannt: Das Maulbronner Antiphonar von 1249 gilt hier als die bedeutendste künstlerische Leistung des Konvents. Ein reges geistiges Leben spiegelt sich anhand der Maulbronner Bibliotheksbestände indes kaum. Die Bildungsbestrebungen in Maulbronn sind besser an einzelnen Persönlichkeiten festzumachen; im Zeitalter des Humanismus vor allem an dem Mönch Konrad Leontorius (+ 1511), der in Verbindung mit Reuchlin stand. Das Studium der Maulbronner Mönche ist vor allem am Heidelberger St. Jakobskolleg, dem einschlägigen zisterziensischen Studienhaus, zu greifen. Angeführt sei noch der berühmte Doktor Faustus, der um 1516 im so genannten "Faustturm" des Klosters gehaust haben soll. Im Rahmen der württembergischen Reformation nach 1534 spielte Maulbronn eine zentrale Rolle, da der Ort als Sammelkloster für renitente Mönche vorgesehen war. Abt und Konvent übersiedelten 1537 in ihr Priorat Pairis im Elsass. Der Übergang Maulbronns zum evangelischen Kloster erfolgte mit dem Amtsantritt von Abt Valentin Vannius 1558. 1564 und 1576 fanden hier die "Maulbronner Religionsgespräche" statt. Das Kloster wurde nun zur Ausbildungsstätte der künftigen Kirchendiener des Herzogtums. Von 1556 bis 1817 diente Maulbronn als Klosterschule, anschließend neben Blaubeuren, Schöntal und Urach als Evangelisch-theologisches Seminar. Als berühmte Maulbronner Schüler sind etwa Johannes Kepler, Friedrich Hölderlin, Friedrich Schelling und Hermann Hesse zu nennen. Heute bildet Maulbronn zusammen mit dem Seminar Blaubeuren ein humanistisches Gymnasium mit Internat. Die Klosteranlage blieb vollständig erhalten und gilt als Muster eines mittelalterlichen Zisterzienserklosters. Das Kloster und die von ihm geprägte benachbarte Kulturlandschaft stehen seit einigen Jahren unter dem Schutz der Unesco und zählen zum "Weltkulturerbe der Menschheit". Die Kirche als ältestes Bauwerk des Klosters folgt den Idealen zisterziensischen Reformdenkens. Zum Zeitpunkt der Weihe 1178 war sie als flachgedeckte dreischiffige Basilika fertiggestellt. Die Klausurbauten schlossen sich auf der Nordseite der Kirche an. Spätestens um 1200 war der Klosterbereich in seiner Ausdehnung festgelegt. Im frühen 13. Jh. wurde auch bereits mit der Ummauerung der Anlage begonnen, später wurde sie erhöht und mit einem Wehrgang erneuert. Damals wirkte der so genannte "Paradiesmeister" in Maulbronn. Er baute wohl bald nach 1220 die dreijochige Vorhalle der Kirche (Paradies), etwa zeitgleich wurden der Kreuzgang-Südflügel sowie das Herrenrefektorium im spätromanisch-frühgotischen Übergangsstil erstellt. Nach einer längeren Bauunterbrechung, die mit einer innerklösterlichen Krise des späteren 13. Jh. zeitlich korrespondiert, wurden die Arbeiten erst nach 1270 wieder in stärkerem Maß und jetzt in hochgotischen Formen aufgenommen. Um die Mitte des 14. Jh. folgte das berühmte Brunnenhaus als polygonaler gewölbter Zentralbau. Einher ging auch eine neue Fenster- und Chorgestaltung in der Kirche, die von einer spätgotischen "Modernisierung" der Kirche fortgesetzt wurde. 1493/95 wurde der zweigeschossige Parlatoriums- und Oratoriumsbau errichtet; letzterer diente ausweislich seines reichen Figurenschmucks an den Schlusssteinen offenbar auch als Bibliothek. Die erhaltenen Wandmalereien in der Kirche gehören zum Großteil dem 15. und frühen 16. Jh. an. Namentlich bekannt ist Meister Ulrich, der um 1424 die große Ausmalung der Kirche unternahm. Die Verehrung Mariens als der Klosterpatronin steht neben der Passion Christi im thematischen Mittelpunkt der gotischen Malerei. Bei den neueren Bemalungen überwiegen dann profane Themen: Jetzt geht es - nach dem Übergang des Klosters an Württemberg - auch um Herrschaftsrepräsentation: Allegorien der württembergischen Wappensymbole sind hier sogar in Verbindung mit einem Porträt des Landesherrn, Herzog Ulrich, dargestellt. Einige Wirtschaftsbauten gehen noch auf die Zeit der Hochgotik des 13. Jh. zurück. Durch ihre anschließenden Veränderungen erscheint ihr Ensemble heute weitestgehend in spätgotischen Formen. Die nachklösterliche Zeit Maulbronns wird von drei großen renaissancezeitlichen Bauten aus dem späten 16. Jh. repräsentiert: dem Fruchtkasten, dem Schloss Herzog Ludwigs von Württemberg und dem Marstall. Klosterzeitliche Ausstattungsstücke haben sich in Maulbronn hingegen nur wenige erhalten: zwei kleine Bronzekreuze aus der Gründungszeit (heute im Württembergischen Landesmuseum) und aus dem 14. Jh. die so genannte "Maulbronner Madonna", Reste mehrerer Schnitzaltäre und aus dem frühen 15. Jh. der so genannte "Maulbronner Altar" von 1432 sowie zwei weitere Tafeln (heute Staatsgalerie Stuttgart), das Chorgestühl und das große Steinkreuz von 1473. Besonders bekannt ist die so genannte "Stiftertafel" von 1450 mit der Darstellung der Gründungsgeschichte, die sich heute im Maulbronner Ephorat befindet. |
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PETER RÜCKERT | |||||||||||||||||||||||||||||
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