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![]() | Ausschnitt aus dem Wandzyklus der St. Georgskirche: " Die Beruhigung des Sturmes auf dem See Genesaret", 2001. |
St. Georg in Oberzell, an der Ostspitze der Reichenau gelegen, bildet wohl das prominenteste Beispiel einer Stiftskirche auf der Insel. Der Abt der Benediktinerabtei in Mittelzell, Hatto III., wollte mit ihrer Gründung um 896 einen Ort dauerhafter Memoria schaffen. Die beiden über die Gründung berichtenden Reichenauer Gewährsleute, der Kellner und spätere Abt der Benediktinerabtei Johannes Pfuser aus der Mitte des 15. Jh. und Gallus Öhem zu Beginn des 16. Jh., gehen wie selbstverständlich davon aus, dass St. Georg in Oberzell von Beginn an eine Propstei gewesen sei, Öhem spricht gar von einem Propst und sechs Chorherren. Von einer schon mit der Kirchengründung einsetzenden stiftischen Tradition, wie sie Öhem schildert, wissen die zeitnahen Quellen jedoch nichts zu berichten. Dementsprechend wird in der Forschung auch mehrheitlich abgelehnt, dass die geistliche Gemeinschaft bei St. Georg bereits in der Frühzeit nach einer kanonikalen Ordnung lebte. Von zentraler Bedeutung ist eine Urkunde Abt Berns (1008 - 1048), die nur durch Gallus Öhem überliefert ist, an deren Echtheit aber nicht zu zweifeln sein dürfte. Bern trifft als Abt des Reichenauer Benediktinerklosters 1008 umfangreiche Bestimmungen über die "pyetanen oder caritetten unser korherren inderhalbt der insul, sy sigen in der zell Eginonis oder Hattonis". Aus dieser Urkunde lässt sich schließen, dass spätestens 1008 sowohl in St. Peter in Niederzell als auch in St. Georg in Oberzell Kanoniker lebten. Die Frage bleibt, ab wann sich diese Klerikergemeinschaft an St. Georg institutionalisiert hatte. Am Ende des 10. Jh. zeigen sich deutliche Spuren des Zerfalls im Konvent in Mittelzell und gerade unter Berns unmittelbarem Vorgänger, Abt Immo (1006 - 1008), geriet der Konvent in eine ernste personelle und materielle Krise. Zahlreiche unzufriedene Mönche hatten die Benediktinerabtei verlassen und fanden in Niederzell Niederzell oder Oberzell teilweise Unterschlupf. Berns Verfügung von 1008 ist als Kompromissangebot zu sehen, um die Benediktinermönche in Mittelzell Mittelzell und die Religiosen in Ober- und Niederzell wieder stärker zusammen zu führen. Vielleicht ist daher die Einführung einer kanonikalen Lebensform in St. Georg erst kurz vor 1008 anzusetzen. Die weitere Entwicklung dieser religiösen Gemeinschaft bleibt unklar. Erst um 1200 tauchen in den Quellen namentlich Kanoniker von Oberzell auf, und spätestens ab diesem Zeitpunkt ist St. Georg eindeutig als Kanonikerstift anzusprechen. Bemerkenswert beim Blick auf die prosopographischen Belege ist die Tatsache, dass die Nennung eines Propstes fehlt. Noch 1505 wird Konrad Schlenk aus Urach als Pfründinhaber in St. Georg investiert und Gallus Öhem berichtet zu Beginn des 16. Jh., dass noch drei Priester bei St. Georg seien. Ein förmliches Ende des Stifts ist nicht bekannt. Strittig ist die frühe Baugeschichte von Oberzell, bei der Datierung der weltberühmten Fresken im Mittelschiff kristallisiert sich nach den neuesten Forschungen das Ende des 10. Jh. heraus. Reichhaltig dokumentiert ist die spätere Baugeschichte von St. Georg. |
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ERWIN FRAUENKNECHT | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
LITERATUR | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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QUELLEN | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||