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Johanniterkommende Rexingen - Geschichte
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Die Kommende in Rexingen ist erstmals 1275 in Verbindung mit dem ihr zugehörigen Patronat über die örtliche Pfarrkirche urkundlich nachgewiesen. 1289 erwarb der Johanniterorden den Rexinger Zehnt, mit dem die Familie Ungericht in Sulz vom Kloster Stein am Rhein belehnt war. Ein Jahr später gelangte die Ortsherrschaft samt Vogtei und Gericht von der Horber Familie Böcklin bzw. den Pfalzgrafen von Tübingen als deren Lehensherren in die Hände der Johanniter. Die hohe Gerichtsbarkeit in Rexingen wurde ebenso von der Kommende ausgeübt.
In der Folgezeit konnte der Orden seinen Besitz in der Umgebung ausbauen. So bezog die Kommende schließlich Einkünfte aus der Mühle in Ihlingen und vom Fronhof in Altheim sowie (anteilige) Zehntrechte in mehreren Orten der Nachbarschaft. Jahrtagsstiftungen brachten zahlreiche Kleinzinsen. Der Orden hatte ferner das Patronatsrecht für die Pfarreien Altheim (seit 1327), vermutlich zeitweilig auch von Pfalzgrafenweiler und von 1358 bis 1451 von Schnait bei Wittendorf inne. Die Kommende konnte beträchtliche Überschüsse erwirtschaften, die zum Ausgleich der Defizite der Kommende in Hemmendorf verwendet wurden. Seit Anfang des 14. Jh. wurden diese beiden Ordenshäuser in Personalunion geleitet. Die jeweiligen Komture residierten meistens in Hemmendorf und so wurde die einst selbständige Johanniterkommende Rexingen schon sehr früh der Kommende Hemmendorf als Membrum (Filialhaus) unterstellt. Die Verwaltung in Rexingen übernahmen Ordensgeistliche und ab dem 16. Jh. zunächst Weltgeistliche und dann auch Laien. Die Reformation hielt in Rexingen keinen Einzug. Nach dem 30-jährigen Krieg musste zunächst ein Priester die Pfarreien Rexingen und Altheim zusammen versehen. Erst Anfang des 18. Jh. wurde für Rexingen ein ständiger Geistlicher als Pfarrvikar angestellt.
Das Personal des Ordenshauses bestand bei der Visitation im Jahre 1495 aus einem Ordensbruder, einem Weltpriester, einem Koch und dem Fuhrmann, im Jahre 1706 aus einem Verwalter, einem Gärtner, einem Koch, drei Mägden sowie dem Senn mit Frau und Magd.
Das Rechtswesen, die öffentliche Ordnung, das Wirtschaftsleben sowie die Verrichtung der verschiedenen Dorfämter in der Gemeinde fanden in der Jahrgerichtsordnung von 1596, basierend auf einem älteren "Direktorium" von 1528 und erlassen vom Komtur August Freiherr von Mörsberg und Beffort, eine umfassende Regelung. Zudem richtete der Komtur eine Armenstiftung für Hausarme, Kranke und Wöchnerinnen ein, welche bis ins 19. Jh. Bestand hatte. Als besondere Gabe wurde den Rexinger Untertanen jährlich das Fastnachtsküchlein und an Ostern das "Gesegnets" gereicht. Auch dem Schulwesen nahm sich der Orden an. Immerhin schon 1636 amtierte in Rexingen nachweislich ein Schulmeister.
Vermutlich schon im 16. Jh. lebten Juden in Rexingen. Nach dem 30-jährigen Krieg kam es hier zur dauerhaften Niederlassung einer jüdischen Gemeinde. Die ersten Familien stammten aus Polen und waren wahrscheinlich vor den dort 1649 einsetzenden Pogromen der Kosaken geflohen. Die Johanniter gestatteten den Juden den Handel mit Vieh, Leder und Hausierwaren. Auch den Güterhandel durften sie betreiben, mussten aber die Grundstücke innerhalb von acht Tagen weiter veräußern, da sie sonst der Orden an sich zog. Die jüdische Gemeinde, die zum Ende der Johanniterherrschaft fast ein Drittel der Rexinger Einwohnerschaft stellte, hatte 1710 eine Synagoge gebaut und 1760 von der Kommende einen eigenen Begräbnisplatz erhalten.
Nach der Aufhebung des Johanniterordens im Frieden von Preßburg 1805 fielen Besitz und Rechte der Johanniterkommende Hemmendorf-Rexingen dem König von Württemberg zu. Ihr letzter Komtur war Graf Viktor Konrad von Thurn und Valsassina. Das Schlossgut in Rexingen wurde zum Teil von der Gemeinde gekauft, welche 1822 etliche Gebäude und Grundstücke an seine Bürger weiter veräußerte.
An die über fünfhundert Jahre währende Anwesenheit der Johanniter erinnert heute in Rexingens Ortsbild nur noch wenig. Das unter Komtur Gottfried von Klingenfels 1299 erbaute Komtureigebäude wurde 1862 abgebrochen. Das Ordenshaus war ein repräsentatives, viergeschossiges Bauwerk, das zuletzt u. a. eine Amtsstube, einen Archivraum, Wohn- und Schlafzimmer sowie drei Fruchtböden beherbergte. Im Areal der Kommende befanden sich die Meierei, Ställe, die Zehntscheuer, weitere Ökonomiegebäude und die Gesindestuben. Diese Anlagen mussten größtenteils 1977 einem Neubau weichen. Erhalten geblieben sind lediglich ein Teil der Ringmauer und der so genannte Schandturm. Der noch vorhandene und teilweise nachgefertigte Wappenstein des Komturs Ferdinand von Muggental zu Hexenacker stammt vom abgebrochenen Meiereigebäude.
Anstelle der einschiffigen um 1600 erbauten Ordenskirche wurde 1841 im Kameralamtsstil die heutige katholische Pfarrkirche errichtet. Von deren Ausstattung stammen wohl ein Vesperbild von etwa 1420, die Statuen der Pestpatrone Sebastian (17. Jh.) und Rochus (18. Jh.) sowie ein gotisches Ziborium noch aus der Zeit der Johanniter.
MICHAEL BING     
LITERATUR
-<Württ. Klosterbuch> 397-399 (M. BING).
- <KDW II> OA Horb, 152f.
- J. E. RAUCH: Geschichte der Johanniter-Kommende Rexingen. In: <WVjH> NF 14 (1905) 247-278.
- H. SCHMID: Die Malteser-Kommende Hemmendorf und Rexingen im Spiegel eines Visitationsprotokolls aus dem Jahr 1803. In: <RJKG> 5 (1986) 213-229.
- W. HECHT: Die Johanniterkommende Rexingen, Membrum von Hemmendorf. In: Der Johanniterorden in Baden-Württemberg 81 (1990) 5-10.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 352: Johanniterorden, Selektbestand
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 355: Hemmendorf und Rexingen, Johanniterkommenden
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 360: Johanniterorden, Amtsbücher
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 218: Lagerbücher des Johanniterordens
-Generallandesarchiv Karlsruhe 89: Heitersheim Generalia
-Staatsarchiv Sigmaringen FAS F 16 NVA: Johanniterkommende Rexingen
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