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Benediktinerpropstei Sölden - Geschichte
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Das Cluniazenserinnenpriorat Sölden wurde um 1115 durch die Übertragung eines bestehenden, in Bollschweil angesiedelten Frauenkonvents begründet. Der Besitz in Sölden wurde durch den Edlen Gerald von Scherzingen, seine Gemahlin Hadwig und seinen gleichnamigen Sohn im Beisein von über dreißig Zeugen an die Reliquien der hl. Fides und der anderen aus Cluny geschickten Heiligen übertragen und in den Besitz der Nonnen übergeben. Die institutionelle Verklammerung des Bollschweiler Konvents mit dem Männerpriorat St. Ulrich wurde anlässlich der Verlegung gelöst, so dass diese räumlich, wirtschaftlich und rechtlich einer Neugründung gleichkam. Die Entflechtung der beiden Kommunitäten machte offensichtlich das Eingreifen Abt Pontius’ von Cluny notwendig, der 1115 anlässlich einer Visitationsreise für Sölden urkundete, das Priorat dem Einfluss St. Ulrichs entzog und direkt Cluny unterstellte. Dieser Urkunde verdanken wir auch den Hinweis, die Stiftung habe Gerald nach der Zerstörung seiner Burg vorgenommen. Dabei handelt es sich um das oberhalb Söldens gelegene Bürgle, das als Flurname noch im spätmittelalterlichen Besitz des Priorats aufscheint. Ob der Adlige seine Burg abbrechen ließ, wie die ältere Forschung annahm, oder ob diese durch Fremdeinwirkung zerstört wurde, bleibt unklar.
An beiden Rechtsakten ist die Beteiligung von Vertretern des Bischofs Rudolf von Basel auffällig, der wie sein Vorgänger zu den Förderern der Cluniazenser gehörte und zu dessen Gefolgschaft die Stifterfamilie zu zählen ist. Die im spätmittelalterlichen Necrolog Söldens zum 26. Oktober notierte Jahrzeit der Stiftergemahlin Hadwig macht es wahrscheinlich, dass diese als Nonne dem Konvent beitrat.
Bei einer kopial überlieferten Urkunde Papst Lucius’ III. vom 16. Januar 1185 handelt es sich um eine Fälschung auf Grundlage eines gleich datierten Privilegs für St. Trudpert. Das Güterverzeichnis der Fälschung gibt jedoch einen Eindruck über die breitgestreuten Besitzungen im Breisgau mit 32 genannten Höfen. Zudem verfügte das Priorat über die Kirchrechte zu Sölden und zu Leymen im elsässischen Sundgau. Auffällig sind eine weitgehende Überschneidung mit der Besitzlandschaft von St. Ulrich und eine Verankerung in Besitzschwerpunkten des Basler Bischofs. Die Besitzungen wurden im Laufe des Spätmittelalters auf das engere Gebiet um Sölden konzentriert. Im Jahr 1570 verfügte das Kloster noch über Meierhöfe in Sölden, Schallstadt, Scherzingen, Offnadingen, Schlatt und Seefelden.
Die Vogtei über das Priorat lag bei den Grafen von Nimburg und geriet nach deren Aussterben zu Beginn des 13. Jh. in die Auseinandersetzungen um das Nimburger Erbe. Gemeinsam mit der Vogtei über St. Ulrich gelangte sie als Zubehör der Nimburger Burg zunächst an die Straßburger Kirche, dann als Straßburger Lehen 1236 an Kaiser Friedrich II. und nach 1260 an die Freiburger Grafen. Von ihnen ging sie an die Herren von Snewelin-Bärenlapp über; 1467 wird Markgraf Rudolf von Hachberg als Vogt genannt. Am Ende des 15. Jh. wurde das Kloster der vorderösterreichischen Landeshoheit einverleibt.
Das Kloster verfügte bereits bei seiner Verlegung nach Sölden über ein Fides-Patrozinium; bei den Reliquien der Märtyrerin scheint es sich um eine Gabe aus Cluny gehandelt zu haben. Nach dem Niedergang des Frauenklosters wurde der hl. Markus 1596 zum zweiten Patron erhoben; das Doppel-Patrozinium besteht bis heute. 1762 wurde aus Rom zudem der Reliquien-Corpus der Katakombenheiligen Candida erworben, der eigentlich für die württembergische Pfarrei Dormettingen vorgesehen war.
Die spätmittelalterlichen Visitationsprotokolle bieten einen kleinen Einblick in das Klosterleben. Im 13. Jh. häufen sich die Klagen über fortschreitenden Disziplinmangel. So wird 1279 an das Mutterkloster berichtet, die Nonnen würden die Klausur in weltlicher Kleidung verlassen, ohne dafür gemaßregelt zu werden. Mit Hilfe der Berichte lässt sich auch die Entwicklung der Konventsstärke nachzeichnen, die im 13. Jh. relativ konstant 20 Nonnen umfasste und im 14. Jh. auf 15 herabsank. Diese wurden im Regelfall durch einen Prior und einen weiteren Mönch betreut, die meist aus dem benachbarten Priorat St. Ulrich abgestellt wurden.
Ein Söldener Urbar vom Ende des 14. Jh. überliefert auf der Rückseite des letzten Blattes ein mittelniederländisches Lied, das in engem Zusammenhang mit der niederländischen Braut-Christus-Mystik des Spätmittelalters steht. In dem Gebet spricht die Seele zu Christus, sie schildert ihre frühere gemeinsame Liebes- und Leidensverbundenheit und bittet reuig um die Erneuerung dieser Liebe. Es wurden Verbindungen des Söldener Konvents zum Straßburger Mystiker Johannes Tauler und seinem Kreis der Gottesfreunde vermutet.
Am Anfang des 16. Jh. kam das geistliche Leben gänzlich zum Erliegen und lediglich ein Propst bewohnte noch das hoch verschuldete Kloster. Nachdem das benachbarte St. Ulrich - gegen den Widerstand Clunys - bereits 1560 in den Besitz der Abtei St. Peter auf dem Schwarzwald übergegangen war, bemühte man sich dort auch um die Übernahme Söldens. Dies gelang rechtlich aber erst 1582, seitdem führte der Abt von St. Peter auch den Titel eines Propstes von Sölden und ließ sich vor Ort durch einen Propsteiverweser vertreten. Nach einem langwierigen Verfahren erreichte der Abt von St. Peter die kirchenrechtliche Inkorporation Söldens, die am 27. April 1598 durch Papst Clemens VIII. verfügt und 1601 durch einen feierlichen Akt vollzogen wurde. In der Folge bestand die Propstei Sölden als Expositur Außenstelle St. Peters und diente neben den anderen Filialen als Altersruhesitz für resignierte Äbte oder jüngeren Konventsmitgliedern als Möglichkeit, Erfahrungen in der Verwaltung einer geistlichen Institution zu sammeln.
In der zweiten Hälfte des 18. Jh. richtete St. Peter in der Propstei kurzzeitig eine Schule ein. Im Zuge der Säkularisation wurde Sölden nach 1806 wie St. Peterzunächst durch Württemberg übernommen und wurde damit zum Zankapfel zwischen Württemberg und Baden. Schließlich konnte sich Baden als Landesherr durchsetzen und die Propstei wurde 1807 aufgelöst; der letzte Propsteiverweser wohnte zu diesem Zeitpunkt bereits in Freiburg.
Die Kirche und die Klausur wurden 1468 durch Feuer vollständig vernichtet. Den Neubau konsekrierte der Basler Weihbischof 1509 auf das Patronat der hl. Fides; erstmals sind hier die hl. Agatha und der hl. Markus als Nebenpatrone belegt. Der spätgotische Bau von 1509 ist bis heute erhalten. Die Propsteigebäude wurden zwischen 1589 und 1596 durch einen Neubau ersetzt. Im 17. und 18. Jh. wurden Kirche und Propstei mehrfach durch französische Truppen geplündert und verwüstet. Besonders umfangreiche Baumaßnahmen wurden nach der französischen Zerstörung von 1744 unter der Ägide Abt Philipp Jakob Steyrers vorgenommen, der zunächst die Propstei, danach den Kirchenbau umfassend renovieren ließ. Der 1764 montierte Zwiebelturm war von Peter Thumb für St. Ulrich konstruiert worden und wurde in Sölden zweitverwertet. Mit diesen Instandsetzungsarbeiten waren auch die Grundlagen für die barocke Innenausstattung geschaffen worden, die das heutige Bild der Kirche prägen. Die beiden Deckenfresken, die den Kirchenpatronen Fides und Markus gewidmet sind, wurden durch Franz Ludwig Hermann 1764 geschaffen. Vier Jahre später entstand der Hochaltar als Werk Matthias Fallers. Seit der Aufhebung der Propstei im Jahr 1807 dient der Kirchenbau als Pfarrkirche.
FLORIAN LAMKE     
LITERATUR
-<GermBen> V, 599-604 (F. QUARTHAL).
- <KB Freiburg> II/2, 1033-1036.
- <KDB VI/1> 351f.
- <GLAK> 64/32 (Necrolog, Ende 15. Jh.), 66/10264 (Urbar, Ende 14. Jh.).
- H. LÖFFLER: Niederländische Mystik am Oberrhein im 14. Jahrhundert. Bemerkungen zu einem mittelniederländischen Lied in einem Zinsbuch der Propstei Sölden bei Freiburg i. B. In: <ZGO> 120 (1972) 481-492.
- F. KERN: Sölden. Die Geschichte eines kleinen Dorfes. Sölden 1995.
- M. HERRMANN: Kath. Pfarrkirche St. Fides und Markus in Sölden. Lindenberg 2002.
QUELLEN
-Generallandesarchiv Karlsruhe 102: Sankt Peter
-Generallandesarchiv Karlsruhe 198: Emmendingen, Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
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