Klöster in Baden-Württemberg
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Zisterzienserinnenabtei Wonnental - Geschichte
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Für die 1220/30er Jahre ist eine Sammlung religiöser Frauen beim Männerkloster Tennenbach nachzuweisen. 1244 hatte sich diese Frauengemeinschaft offenbar beim Ort Nidingen niedergelassen. Dieser schon im 13. Jh. wüst gewordene Ort lag zwischen Kenzingen und Riegel an der heutigen Kreisstraße von Kenzingen nach Forchheim beim Übergang über die heutige Bundesautobahn. Damals nahmen Burkhard und Rudolf von Üsenberg die Schwestern in ihren Schutz und statteten sie mit Nutzungsrechten in ihren Waldungen aus. Als weitere Wohltäter sind die Markgrafen von Hachberg, die Herren von Geroldseck, von Keppenbach und von Staufenberg zu nennen. 1246 wird mit Mechthild erstmals eine Priorin erwähnt.
Zwei Jahre später (1248) wird das nun als Wonnental bezeichnete Kloster beim Dorf Kenzingen lokalisiert. Es war also erneut verlegt worden. Diesmal spielten die Herren von Üsenberg die entscheidende Rolle. Bei der neuen Stadt Kenzingen sollte neben dem wirtschaftlichen Mittelpunkt ein religiöses Zentrum eingerichtet werden. Wie die Stadt Kenzingen als Herrschaftsmittelpunkt der Üsenberger konzipiert war, so übernahm das Kloster nun die Funktion eines Hausklosters für das Adelsgeschlecht. Zahlreiche Stiftungen der Herren von Üsenberg für ihr Kloster legten hierzu die wirtschaftliche Basis.
Die Frage der Ordenszugehörigkeit war in den Anfangsjahren sehr umstritten. Die Nonnen bevorzugten offensichtlich die Aufnahme in den Zisterzienserorden. 1245 erfolgte jedoch zunächst die Eingliederung in den Dominikanerorden. 1248 und 1250 wünschte das Kloster, unterstützt durch eine Intervention der Üsenberger beim Bischof von Straßburg sowie beim Papst, wiederum die Integration in den Zisterzienserorden. 1251 konnte, nach Fürsprache des Papstes, zumindest eine erneute Prüfung erreicht werden, die 1254 zunächst zu einem positiven Votum führte. Kurze Zeit später - 1259 und 1261 - ist jedoch eine erneute Zugehörigkeit zu den Dominikanern nachzuweisen. Erst seit 1262 gehörten die Wonnentaler Nonnen endgültig dem Zisterzienserorden an. Als Vaterabt fungierte der Abt des Klosters Tennenbach.
Die kulturelle und geistliche Bedeutung des Klosters wird eindrucksvoll durch zwei voluminöse Chorgesangbücher (Graduale) aus der ersten Hälfte des 14. Jh. dokumentiert, die heute in der badischen Landesbibliothek in Karlsruhe aufbewahrt werden. Das ältere Graduale hat ein Format von 40 x 31 cm. Auf 208 Pergamentblättern sind zwischen roten Linien Noten und Texte mit schwarzer Tinte in gotischer Schrift niedergeschrieben. Es handelt sich hier um Gesänge zu Ehren der Heiligen an ihren Festtagen. Das zweite, nach 1318 entstandene Graduale mit einem Umfang von 260 Blatt enthält Wechselgesänge der Nonnen und ist außerordentlich geschmückt. Allein 230 große blau-rote Filigraninitialen stehen am Anfang der Texte. Neben diesen Initialen sind vielfach Stifterwappen und -figuren angebracht, die das enge Verhältnis des Klosters zum Adel und Bürgertum der Umgebung dokumentieren. Die beiden aufwändig gestalteten Bücher, die mit sehr feinen Zeichnungen versehene Zierbuchstaben und Miniaturen enthalten, sind sicherlich nicht im Kloster Wonnental selbst entstanden, sondern wurden vermutlich als Stiftung einer oder mehrerer Gönner dem Kloster geschenkt.
Aufgrund zahlreicher Güterschenkungen durch die Herren von Üsenberg sowie insbesondere Kenzinger Bürger erlebte das Kloster eine Blütezeit. Bis um 1350 gelangte Wonnental durch Zuwendungen und Käufe zu umfangreichen Zinseinnahmen und Immobilienbesitz. Auch in der zweiten Hälfte des 14. Jh. sind zahlreiche Jahrzeitstiftungen und Klostereintritte verbürgt. Kenzinger Familien schickten ihre Töchter als Nonnen in das vor den Toren der Stadt gelegene Kloster, die Töchter des Breisgauadels, später auch die der wohlhabenden und einflussreichen Bürger, fungierten als Äbtissinnen. Um 1400 hatte das Kloster seinen Besitzhöchststand erreicht. Bereits im 15. Jh. zeichneten sich finanzielle Schwierigkeiten und eine deutliche Stagnation der Einkünfte ab. Die zahlreichen Kriege der frühen Neuzeit, beginnend mit dem Bauernkrieg, verstärkten die rückläufige Entwicklung der Klosterwirtschaft.
Für das Jahr 1486 ist im damals angelegten Zinsbuch der Kapitalstand der Nonnen zu ermitteln. Wonnental erhielt aus 23 Orten des Breisgaus Geld-, Korn-, Hafer-, Wein- und Hühnerzinsen. Ein Großteil der Einnahmen floss aus der Kenzinger Gemarkung, davon bestand die Hälfte aus Abgaben von ca. 50 Häusern in der Stadt Kenzingen. Die meisten Bürger der Stadt waren offensichtlich dem Kloster mit größeren und kleineren Zinssummen verpflichtet.
Der 30-jährige Krieg stoppte die Entwicklung des Klosters endgültig. 1632 mussten die Nonnen das Kloster verlassen und begaben sich in den Hof des Klosters Tennenbach nach Freiburg. Die Äbtissin sowie drei Schwestern lebten in bescheidenen Verhältnissen in Kenzingen. Einige Nonnen gingen in das Kloster Lichtenthal bei Baden-Baden. Nachdem sich das Kloster nur schwer von den Folgen des 30-jährigen Krieges erholt hatte, mussten die Nonnen 1673 in Folge des Holländischen Krieges erneut fliehen. Mehrmals wurde das Kloster geplündert.
Trotz dieser kriegerischen Ereignisse stand die Abtei im Vergleich zu manch anderen Klöstern wirtschaftlich noch relativ gut da. Die Klosterreform des österreichischen Kaisers Joseph II. machte jedoch auch vor Wonnental nicht halt. Die Nonnen waren jedoch nicht bereit, sich durch Schulwesen oder Krankenpflege für die Allgemeinheit nützlich zu machen.
Auf habsburgischem Gebiet liegend blieben die Klöster im Breisgau zunächst von der Säkularisation verschont. Durch die Friedensschlüsse im Zuge der napoleonischen Kriege verschiedenen Herrschaftsansprüchen ausgesetzt, gelangte der Breisgau im Preßburger Frieden 1805 schließlich an Baden. Am 31. Januar 1806 erfolgte im Zuge der Säkularisation die förmliche Inbesitznahme Wonnentals durch eine badische Kommission. Die Äbtissin und fünf weitere Nonnen entsagten dem geistlichen Leben, andere gingen in das Kloster Lichtenthal oder lebten mit einer kleinen Pension in Kenzingen. Von den sechs Laienschwestern wollten fünf ihr Leben in einem anderen Kloster fortsetzen. Eine entschied sich für ein bürgerliches Leben. Am 19. August 1806 wurde das Kloster Wonnental aufgelöst. Laut der Schlussabrechnung des badischen Staates betrug das Gesamtvermögen damals 263.717 Gulden. Die Klostergebäude wurden an die Handelsleute Bausch und Helbing verkauft, welche darin eine Zichorien- und Runkelrüben-Fabrik einrichteten und die Kirche abrissen, um mit dem Material eine Zichorienmühle zu errichten. Die Fabrik nahm 1807 die Produktion auf, konnte sich aber nicht lange halten und wurde 1812 nach Freiburg verlegt. Die Klostergebäude sind heute zu Privatwohnungen umgebaut. Nur eine Gedenktafel erinnert an das ehemalige Zisterzienserinnenkloster.
JÜRGEN TREFFEISEN     
LITERATUR
-<KB Emmendingen> II/1, 456f.
- <KDB VI/1> 167f.
- Die Pforte 12/13 (1992/93) (Zeitschrift der Arbeitsgemeinschaft für Geschichte und Landeskunde in Kenzingen e.V.) Themenheft zum Kloster Wonnental.
- J. TREFFEISEN: Das Zisterzienserkloster Wonnental. In: J. TREFFEISEN / R. HÄMMERLE / G. A. AUER (Hg.): Die Geschichte der Stadt Kenzingen. Bd.2: Mensch, Stadt, Umwelt. Kenzingen 1999.
QUELLEN
-Generallandesarchiv Karlsruhe 150: Kenzingen, Amt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 208: Kenzingen, Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
-Generallandesarchiv Karlsruhe 25: Wonnental
-Generallandesarchiv Karlsruhe 65: Handschriften
-Generallandesarchiv Karlsruhe 66: Beraine
-Generallandesarchiv Karlsruhe 67: Kopialbücher
-Generallandesarchiv Karlsruhe 68: Repertorien
-Generallandesarchiv Karlsruhe 69 von Holzing-Berstett: Familien- und Herrschaftsarchiv von Holzing-Berstett
-Generallandesarchiv Karlsruhe 79: Breisgau Generalia
-Generallandesarchiv Karlsruhe 82: Konstanz Generalia (Hochstift)
-Generallandesarchiv Karlsruhe E: Papsturkunden 1198-1302
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