Klöster in Baden-Württemberg
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Fulradszelle Esslingen - Geschichte
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In günstiger Lage, an einem Ost-West Verkehrsweg vom mittleren Neckarraum über die Schwäbische Alb und einer Furt über den Neckar gelegen, errichtete ein - wohl alemannischer - Adliger Hatto oder Hetti eine Eigenkirche, die er um 764 an Abt Fulrad von Saint-Denis, einen engen Vertrauten der Karolinger und Träger der Integrationspolitik Alemanniens in das fränkische Reich, tradierte. Dieser dürfte das Grab des römischen Märtyrers Vitalis in der Kirche errichtet und dort eine Klerikergemeinschaft gegründet haben. Die Translation des Heiligen ist als Ausdruck der Romverbundenheit des fränkischen Adels nach dem Bündnis Pippins mit Papst Stephan II. zu verstehen. Fulrad übertrug die Vitaliszelle in seinem Testament von 777 zusammen mit elsässischen und vier alemannischen Zellen (u. a. Herbrechtingen ) seiner Abtei Saint-Denis. Diese lebte bis 817 nach der im Frankenreich verbreiteten Mischregel; zwischen 817 und 832 setzte sich dort die Lebensform des Chorherrenstifts durch und erst danach verpflichtete sich der Konvent auf die Benediktinerregel, so dass frühestens zu diesem Zeitpunkt in Esslingen mit einer benediktinischen Niederlassung gerechnet werden kann. Esslingen zählte zum Konventsgut von Saint-Denis. Im Zuge der Wirtschaftspolitik des Konvents dürfte um 860 hier die Anlage des zweitältesten fränkischen Marktes östlich des Rheins erfolgt sein. Die gleichzeitige Erweiterung der Kirche zu einer der größten Kirchenanlagen der Karolingerzeit, der Einbau einer Umgangskrypta und die Einbringung von Reliquien des hl. Dionysius sprechen für eine blühende Wallfahrt; weitreichende Handelsbeziehungen sind bezeugt. Der Konvent dürfte die Größe von sechs bis zehn Mönchen kaum überschritten haben. Esslingen war seit dem 10. Jh. wohl der Zelle im elsässischen Leberau (Lièpvre) zugeordnet. Bis mindestens 1024 bestand in Esslingen eine klösterliche Münzprägung; daneben wurde es neben Breisach und Zürich zur dritten Münzprägungsstätte des Herzogs von Schwaben mit einer herzoglichen Pfalz. Seit dem 11 Jh. bestand in Esslingen wohl nur noch ein Chorherrenstift; spätestens in der Mitte des 12. Jh. hatte Saint-Denis seinen Einfluss auf Esslingen verloren. Als Herzogsbesitz kam es an die Staufer, die hier am Mittelpunkt der Fildergaugrafschaft zu Ende des 12. Jh. eine Stadt gründeten. An die klösterliche Tradition erinnert nur noch das Patrozinium der Stadtpfarrkirche St. Vitalis und Dionysius.
FRANZ QUARTHAL     
LITERATUR
-<Württ. Klosterbuch> 233f. (F. QUARTHAL).
- <GermBen> V, 212-214 (U. ZIEGLER).
- <KB Esslingen> I, 462f.
- F. QUARTHAL: Die Geschichte der Fulradszelle in Esslingen nach der schriftlichen Überlieferung. In: G. P. FEHRING / B. SCHOLKMANN (Hg.): Die Stadtkirche St. Dionysius in Esslingen am Neckar (Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 13/1). Stuttgart 1995, 483-510.
- K.FAST (Hg.): Zwischen Himmel und Erde. Klöster und Pfleghöfe in Esslingen : eine Ausstellung der Städtischen Museen und des Stadtarchivs Esslingen am Neckar in der Franziskanerkirche Esslingen, 27. September 2009 bis 31. Januar 2010. Begleitpublikation im Namen der Stadt Esslingen am Neckar. Petersberg 2009.
QUELLEN
-Staatsarchiv Ludwigsburg B 169: Esslingen, Reichsstadt
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