Klöster in Baden-Württemberg
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Benediktinerpropstei St. Ilgen - Geschichte
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Der nach archäologischen Funden schon im 9. Jh. besiedelte Ort St. Ilgen hieß bis in das späte 12. Jh. Bruch, latinisiert "in palude". Hinter dem heutigen, ab 1196 nachweisbaren Ortsnamen steckt etymologisch ein verballhorntes "St. Ägidius", der Patron der Propsteikirche.
In der rekonstruierten Fassung der Gründungsurkunde des Benediktiner-Klosters Sinsheim vom 6. Januar 1100 durch den Speyerer Bischof Johannes aus dem Geschlecht der Zeisolf-Wolframe ist noch nicht von Besitz in St. Ilgen bzw. Bruch die Rede. Nach der so genannten "Sinsheimer Chronik", einer im frühen 17. Jh. zusammen gestellten, jedoch auf Nachrichten des 12. Jh. fußenden Kompilation der Sinsheimer Klostergeschichte, soll aber der 1104 verstorbene Bischof doch dem Kloster dortige Güter vermacht haben. Gestützt wird dies durch eine urkundliche Nachricht von 1131, in der ebenfalls berichtet wird, dass Bischof Johannes und seine Nichte Adelheid den Ort Bruch dem Kloster Sinsheim geschenkt hatten.
Dies dürfte so aufzulösen sein, dass nach 1100 entweder Bischof Johannes oder seine 1122 verstorbene Nichte die betreffenden Rechte übergaben. Zumindest werden schon 1131 in dem Ort Bruch Mönche genannt, die dort Gott dienen und die Freiheit haben sollen, zu taufen, Kranke zu besuchen und Tote zu bestatten.
Laut der "Sinsheimer Chronik" soll die endgültige Gründung der Propstei "s. Aegidii in palude" jedoch erst unter dem Sinsheimer Abt Johann (1158-1175) geschehen sein. 1182 und 1197 werden Mönche in St. Ilgen explizit genannt, wie auch zu 1190 Arrondierungen des Grundbesitzes. 1252 wird ein Propst Heinrich erwähnt und 1271 Propst Berenger, der vermutlich mit dem späteren Sinsheimer Abt gleichen Namens identisch ist. 1327, 1352, 1384, 1427 und 1461 erscheinen Pröpste ohne Namen.
Als 1384 festgelegt wurde, dass die Pfarrer von Leimen und Sandhausen in St. Ilgen Sakrament, Ölung und Taufe spenden sollen, so war dies ohne Frage in der Propsteikirche vorgesehen. Auf letzte Baumaßnahmen scheint ein in der Kirche eingemauerter Wappenstein (gekreuzte Lilienstäbe und Abtsstab: v. Venningen), wohl des Sinsheimer Abtes Siegfried v. Venningen (Abbatiat 1429 bis nach August 1461 / vor Juni 1467) hinzuweisen und könnte mit der für Juni 1462 belegten Zerstörung des Dorfs St. Ilgen im Rahmen der Mainzer Stiftsfehde in Zusammenhang gebracht werden.
Am 29. September 1474 verkaufte der Sinsheimer Abt Michael die Propstei St. Ilgen für 2000 Gulden an Pfalzgraf Friedrich I. Eingeschlossen waren "das Klösterlein", Dorf, Gericht, Zehnte, 102 Morgen Wiesen, 146 Morgen Äcker und 100 Morgen Wald sowie Baupflicht an der Kirche und das Lesen von Messen. Ausgeschlossen waren die zu der Propstei gehörenden Höfe zu Nußloch, Rohrbach und Kirschgarten. Im Juli 1476 übergab Kurfürst Friedrich die Liegenschaften an das Heidelberger Dominikanerkloster, allerdings ohne den Wald bzw. die Hoheitsrechte und mit der Auflage, zwei Messen pro Woche in der Propsteikirche zu lesen. Ein monastisches Leben wird spätestens ab diesem Zeitpunkt nicht mehr bestanden haben. 1775 bis 1785 wird ein Laienbruder mit Magd als im Klösterlein wohnend bezeichnet.

Ursprünglich handelte es sich bei der Propsteikirche um eine geostete, dreischiffige Basilika aus der Mitte des 12. Jh. mit quadratischem Hauptchor ohne Vierung und drei Apsiden. Das Langhaus hatte Innenmaße von 15 x 12 m, das 5,5 m breite Mittelschiff wurde durch vier Stützen mit Stützenwechsel von den Seitenschiffen getrennt. Besonders erwähnenswert ist das romanische Stufenportal im Westen, das im Tympanon im Relief rechts und links den Stifter und den (Sinsheimer) Abt zeigt. Da die mittlere Figur ohne Nimbus dargestellt ist, könnte es sich um St. Aegidius handeln.
Im späten 15. Jh. veränderte man die Apsiden und senkte im Langhaus das Bodenniveau ab. 1784 wurde die Kirche barock überformt. Dabei entfernte man die Stützen, um einen Saal zu schaffen. Weitere Umbauten erfolgten 1992. Von den vermutlich westlich und nördlich der Kirche gelegenen Propsteibauten ist nichts erhalten.
LUDWIG H. HILDEBRANDT     
LITERATUR
-<KB Heidelberg-Mannheim>, 850-861.
- O. HALTER: Klösterlein St. Ilgen (Amt Heidelberg). In: Mannheimer Geschichtsblätter 10 (1909), 110-113.
- DERS.: Die Kloster-Kirche in St. Ilgen bei Heidelberg. In: Mannheimer Geschichtsblätter 11 (1910), 13-21.
- A. V. OECHELHÄUSER: St. Ilgen. In: Die Kunstdenkmäler des Grossherzogtums Baden 8/2 (1913), 530-535.
- F. QUARTHAL: St. Ilgen. In: Germania Benedictina 5 (1975), 319-320.
- D. LUTZ: Sondagen in der ehemaligen Propsteikirche St. Ägidius in St. Ilgen, Stadt Leimen, Rhein-Neckar-Kreis. In: Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1988 (1989), 240-243.
- DERS.: Ergänzende Beobachtungen in der ehemaligen Propsteikirche St. Ägidius in St. Ilgen, Stadt Leimen, Rhein-Neckar-Kreis. In: Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1992 (1993), 282-285.
- L. H. HILDEBRANDT: Regesten des Klosters und Stifts Sinsheim. In: Rhein-Neckar-Kreis, Bausteine zur Kreisgeschichte 10 (2013), 303-381.
- L. H. HILDEBRANDT / N. KNAUER: Baugeschichte und Gründungshistorie des Klosters Sinsheim an der Elsenz. – In: Rhein-Neckar-Kreis, Bausteine zur Kreisgeschichte, 10 (2013), 69-114.
QUELLEN
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
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