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Franziskanerkloster Tauberbischofsheim - Geschichte
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Nachdem P. Adam Bürvenich aus der Kölner Franziskaner (Observanten-)Provinz 1629 Aushilfe in Tauberbischofsheim geleistet hatte, stimmten der Stadtrat, der Amtmann und der örtliche Pfarrer der Gründung einer Franziskanerniederlassung zu. Auch wenn die Stadt 1631-1635 unter schwedischer Besatzung stand, waren die Minderbrüder auch in dieser Zeit aktiv, denn 1631 fand in der Klosterkirche eine Primiz statt und 1634 pflegten die Franziskaner Pestkranke. Die Niederlassung wurde zunächst im Kaplaneihaus an der Sebastianskapelle eröffnet. 1636 siedelten die Minderbrüder in das Hospital mit der angrenzenden Elisabethkapelle über. Die Niederlassung entwickelte sich gut, sodass benachbarte Grundstücke angekauft wurden und 1655 eine bauliche Erweiterung des Klosters erfolgte. Ein Jahr später wurde der Grundstein für eine neue, der Hl. Lioba geweihten Kapelle gelegt. Dementsprechend zeigt der Altar Szenen aus dem leben dieser Heiligen.
Im Jahr 1665 übernahm die Thüringische Franziskaner (Observanten-)Provinz das Kloster Tauberbischofsheim. 1702 wollten die Franziskaner das Kloster erneut erweitern und baten um einen Bauplatz vor den Toren der Stadt. Nachdem die kurfürstlichen Beamten diesen Vorschlag abgelehnt hatten, blieb das Kloster an der alten Stelle bestehen, wurde aber in den Jahren 1719-1722 weiter ausgebaut.
Im Bereich der Seelsorge führten die Franziskaner Prozessionen zu den Hochfesten wieder ein und gründeten die Gürtelbruderschaft. Bereits 1629 übernahmen sie die Kaplanei und betreuten zeitweise die gesamte Pfarrei. Weiterhin stellte der Gymnasialunterricht ein wichtiges Wirkungsfeld der Franziskaner dar.
Im November 1687 bat der Rat von Tauberbischofsheim das Provinzkapitel der Thüringischen Franziskanerprovinz, einen Lehrer bereitzustellen. Ein Jahr später erteilte ein Franziskaner den ersten Unterricht in den drei oberen Klassen des Gymnasiums. In den unteren Klassen unterrichteten nach wie vor weltliche Lehrer. Im Umfeld der Mainzer Schulreformen wurde das Gymnasium 1771 geschlossen, aber drei Jahre später wieder eröffnet, nachdem der Rat dem Fortbestand der Schule und einer besseren Bezahlung der Lehrer zugestimmt hatte. Während der Revolutionskriege diente die Schule als Quartier für durchziehende Truppen und wurde mehrfach geplündert. Im Jahr 1800 unterrichteten aufgrund geringer Schülerzahlen nur noch zwei Lehrer, vierzehn Jahre später war nur noch ein Pater als Lehrer tätig. Mit der Auflösung des Klosters im Jahr 1823 gaben die Franziskaner ihre Lehrtätigkeit auf. Vier Jahre später wurde die Schule offiziell aufgehoben, aber bereits 1828 unter staatlicher Aufsicht als "Pädagogicum" wiederbegründet. Erst ab 1846/47 bestand in den Räumen des früheren Klosters wieder ein Vollgymnasium.
Neben dem Gymnasium waren in Tauberbischofsheim von 1677 bis 1785 immer wieder wechselnde Zweige des ordenseigenen Studiums der Thüringischen Franziskanerprovinz untergebracht. Im Jahr 1705 wurden zwei Theologielektoren aus Tauberbischofsheim zu Disputationen an die Würzburger Universität geladen.
Im Jahr 1803 fiel Tauberbischofsheim an der Fürstentum Leiningen. Während dieser Herrschaftswechsel keine Auswirkungen hatte, setzte das Großherzogtum Baden, zu dem die Stadt ab 1806 gehörte, das Franziskanerkloster auf den Aussterbeetat. Eine Auflösung unterblieb mit dem Argument, die Regierung wolle nicht für die Pensionskosten aufkommen. Eine Inventarisierung aus dem Jahr 1814 wies kaum Mobiliar auf, die Klostergebäude waren baufällig. Im Jahr 1816 lebten im Franziskanerkloster noch sechs Patres und fünf Laienbrüder. Das Kloster wurde 1823 aufgelöst und den letzten Insassen eine jährliche Pension zugesagt. Das Inventar und die Kirche sollten verkauft werden, fanden aber kaum Interessenten. Die Bibliothek wurde zu einem geringen Teil verkauft, der Rest diente als Makulatur. Seit 1814 diskutierte Pläne, das Kloster zum Gefängnis umzubauen, wurden nicht realisiert. Ein Teil der Gebäude brannte 1862 ab, wurde aber wieder aufgebaut, da dort inzwischen das Gymnasium untergebracht war.
CHRISTIAN PLATH     
LITERATUR
-J. BERBERICH: Geschichte der Stadt Tauberbischofsheim und des Amtsbezirks. Tauberbischofsheim 1895, 192-194, 230-232.
- M. BIHL: Geschichte des Franziskanergymnasiums zu Tauberbischofsheim (Seraphisches St. Josephs-Kolleg zu Watersleyde, Jahresbericht für das Schuljahr 1906/07). Fulda 1907.
- G. HASELBECK OFM: Die Anfänge des Franziskanerklosters Tauberbischofsheim (1629-1649). In: Franziskanische Studien 2 (1915) 386-417; 3 (1916) 169-185.
- G. HASELBECK OFM: Registrum Thuringiae Franciscanae. Regesten zur Geschichte der Thüringischen Franziskanerprovinz 1633-1874. Bd. 2, Fulda o. J. [1941], 148-177.
- H. SCHMID: Die Säkularisation der Klöster in Baden 1802-1811. In: <FDA> 98 (1978) 171-352 und 99 (1979) 173-375; hier 99 (1979) 271-273.
- H. MÜLLER: Das Franziskanerkloster zu Bischofsheim im 17. Jahrhundert. In: 300 Jahre Gymnasium Tauberbischofsheim 1688-1988. Festchronik, Jahresbericht 1987/88, bearb. von H. MÜLLER/H. SCHMIDT/A. WOLFSTÄDTER. Tauberbischofsheim 1988, 55-78.
- P. L. WEINACHT: Beneficium Studii: Das Franziskanergymnasium zu Bischofsheim im 17. und 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Bildungsgeschichte von Tauberbischofsheim. In: <FDA> 108 (1988) 397-411, auch in: 300 Jahre Gymnasium Tauberbischofsheim 1688-1988, 1688-1988. Festchronik, Jahresbericht 1987/88, bearb. von H. MÜLLER/H. SCHMIDT/A. WOLFSTÄDTER. Tauberbischofsheim 1988, 35-47.
- C. PLATH: Die Unterrichtstätigkeit und das Schultheater der Thüringischen Franziskanerprovinz im 17. und 18. Jahrhundert. In: Nassauische Annalen 118 (2007) 417-447.
QUELLEN
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
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