Klöster in Baden-Württemberg
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Franziskanerkloster Ulm - Geschichte
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Der Ordensüberlieferung zufolge kamen bereits 1229 die ersten Franziskaner von Schwäbisch Gmünd nach Ulm. Nach einiger Zeit konnten die Brüder innerhalb der westlichen Stauferstadt beim Löwentor (südwestlich Münsterplatz/Stadthaus) eine feste Niederlassung begründen. Der Konvent gehörte der oberdeutschen Provinz "Alemania superior" bzw. dem Verwaltungsbezirk "Custodia Sueviae" an. In den Jahren 1283, 1310, 1323, 1349, 1370, 1444, 1484 und 1495 fanden in Ulm Provinzkapitel statt. Das Kloster, das zu den begüterten in Schwaben gehörte, beherbergte 1434 Kaiser Sigismund mit Gefolge, darunter Cunczo von Zwole, Bischof von Olmütz, der am 4. August starb und in der Klosterkirche beigesetzt wurde (Grabstein im Ulmer Museum). Dem Reformdruck der Observanten - 1454 kam Johannes von Capestrano nach Ulm -, konnte der Konvent zunächst widerstehen, aber im Januar 1484 gelang es der Stadt im Verein mit dem Grafen Eberhard im Bart von Württemberg und dem Dominikanerprior Ludwig Fuchs, die Observanten-Reform gewaltsam durchzuführen. Ein Großteil der eingezogenen Güter wurde dem unter städtischer Aufsicht stehenden Hl.-Geist-Spital übertragen, darunter Zinsen aus 39 Häusern in Ulm. Schon zuvor hatte die Stadt mittels weltlicher Pfleger, die in der Regel dem Magistrat angehörten, das Klostervermögen indirekt kontrolliert.
Um 1521 traten Johann Eberlin von Günzburg (um 1465-1533) und Heinrich von Kettenbach (+ um 1525) sowohl als Prediger als auch mit Druckschriften für die Reformation ein. Die Franziskaner waren vor allem in der praktischen Seelsorge tätig. Dabei gelang es in der Frühzeit, Frauen, die nach neuen religiösen Lebensformen suchten, in die Ordensgemeinschaft einzubinden (Ulm, Sammlungen). Durch den Münsterbau geriet das Kloster in unmittelbare Nachbarschaft und Konkurrenz zur Stadtpfarrkirche, was den Stiftungen aber keinen Abbruch tat. Eine Franziskusbruderschaft wurde 1517 vom Ulmer Rat bestätigt.
Die zunehmenden Repressalien seitens des Ulmer Rats (Bettel- und Bestattungsverbot, Reduktion von 23 auf 13 Brüder 1526, Predigtverbot 1528, Abriss der Klostermauer 1529) zwangen die Franziskaner am 3. Oktober 1531 zum Abzug, doch blieben sie 1544 vom Bischof von Konstanz mit der Pfarrseelsorge in Söflingen betraut, bis 1803 vor den Mauern der Stadt präsent.
Die ausgeräumte und zunächst profanen Zwecken zugeführte Klosterkirche wurde 1554-1569 der katholischen Gemeinde überlassen, diente mit kurzen Unterbrechungen 1615-1808 als evangelischer Gottesdienstraum sowie für akademische Veranstaltungen des Gymnasiums, dann als Mauthaus und Warenlager. Die Konventgebäude bezog 1534 die städtische Lateinschule, seit 1622 Gymnasium academicum. Bemühungen des oberdeutschen Observanten-Provinzials sowie des Bischofs von Konstanz 1627-1631 (Verhandlungen um die Einrichtung eines Jesuiten-Kollegs) und 1647/48, das Kloster zurückzuerhalten, blieben trotz eines positiven kaiserlichen Urteils (1629) erfolglos.
Mit dem Bau einer ersten spätromanischen Kirche (Patrozinium St. Franziskus) wurde noch vor 1250 begonnen. Die Abhaltung des Provinzkapitels 1283 setzt weitere Gebäude voraus, ein Refektorium wird 1293 urkundlich erwähnt. Um 1300 erhielt die Kirche einen neuen langgestreckten Chor mit Fünfachtelschluss und Kreuzrippengewölbe, wobei die Lage an einem bedeutenden Straßenzug einen asymmetrischen Grundriss verlangte. Nach Auflassung der staufischen Stadtbefestigung erfolgte um 1350 die Verlängerung des Kirchenschiffs nach Westen sowie der Anbau eines Nordschiffs. Das von einer Mauer umschlossene Klosterareal umfasste mit Garten und Friedhof einen bedeutenden Teil des heutigen Münsterplatzes - für die Münsterbaustelle musste 1377 ein Stück vom Klostergarten abgetreten werden. Um 1400 wurden Maßwerkfenster an der Süd- und Westseite der Kirche eingebaut, und beide Langhausschiffe erhielten ein einheitliches Satteldach mit aufgesetztem Glockenturm (1768 erneuert und verkürzt); um 1470 wurde sie mit Fresken ausgeschmückt. Abgesehen vom Abriss zweier Kapellen (1534 und 1773) und den wenigen Anbauten an den Konvent zu Beginn des 17. Jh. (Ladenzeile an der Nordseite 1611) blieb die ehemalige Klosteranlage bis zu ihrem vollständigen Abriss 1874/75 (Kirche) und 1879 (Konvent) in ihrer Bausubstanz nahezu unverändert.
STEFAN J. DIETRICH     
LITERATUR
-<Württ. Klosterbuch> 480-482 (ST. J. DIETRICH).
- <AFA> 2 (1958) 5-40 (J. GATZ).
- R. WORTMANN: Die Kirchenbauten in Ulm von den Anfängen bis zur Gegenwart. In: H. E. SPECKER / H. TÜCHLE (Hg.): Kirchen und Klöster in Ulm. Ein Beitrag zum katholischen Leben in Ulm und Neu-Ulm von den Anfängen bis in die Gegenwart. Ulm 1979, 513-515; 522-526.
- I. W. FRANK: Franziskaner und Dominikaner im vorreformatorischen Ulm. In: H. E. SPECKER / H. TÜCHLE (Hg.): Kirchen und Klöster in Ulm. Ein Beitrag zum katholischen Leben in Ulm und Neu-Ulm von den Anfängen bis in die Gegenwart. Ulm 1979, 103-147.
QUELLEN
-Staatsarchiv Ludwigsburg B 207: Ulm, Reichsstadt
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