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Franziskanerkloster Ehingen - Geschichte
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Nach Überwindung starker Widerstände kamen mit Unterstützung des Innsbrucker Hofes 1630 die ersten Franziskaner nach Ehingen. Sie lebten zunächst in einem leerstehenden Kaplaneihaus bei der Liebfrauenkirche und bildeten eine so genannte Residenz. Bald übernahmen die Franziskaner die Prädikatur in der Stadtpfarrkirche sowie die sonntägliche Christenlehre. 1636 übertrug ihnen der Rat vorläufig, 1638 (nach Zustimmung der Universität Freiburg als Inhaberin der Pfarrpfründe) endgültig die Betreuung der Liebfrauenkirche sowie einen südlich der Kirche gelegenen Bauplatz für ihr Kloster. Am 2. September 1652 wurde die Gemeinschaft feierlich zum Konvent mit einem Guardian an der Spitze erhoben. Die Konventualen (fünf Patres und sieben Laienbrüder) stammten vor allem aus Bayern und Österreich. Auch nach der Errichtung einer eigenen vorderösterreichischen Provinz 1783 kamen viele Patres aus Tirol. Ein erstes Provinzkapitel fand 1783 in Ehingen statt. Wie bei den der "strengen Observanz" verpflichteten Konventen der vorderösterreichischen Provinz üblich, verfügte das Ehinger Kloster weder über Grundbesitz noch Kapitaleinkünfte, sondern lebte ausschließlich von Almosen.
Die Minoriten widmeten sich neben der Seelsorge in der Stadt und dem Umland vor allem der Pflege ihrer nicht unbedeutenden Wallfahrt zu Unserer Lieben Frau in der Liebfrauenkirche. Der Konvent stellte über längere Zeit einen Lehrer für die deutsche Schule, und nach der Aufhebung der Abtei Zwiefalten waren meist mehrere Franziskanerpatres am Gymnasium tätig.
1806 bestand der Konvent aus 17 Patres. Fünf Laienbrüder und drei weltliche Gehilfen besorgten die häuslichen Arbeiten. Nach dem Übergang Ehingens an Württemberg (1805) wurde die Ehinger Niederlassung zum Zentralkloster für die aufgehobenen Konvente Oberschwabens (u. a. Waldsee [1806] und Saulgau [1811]) bestimmt. Eine wichtige Einschränkung des Ordenslebens bedeutete die Verlegung des Gymnasiums in das Kloster bei der Liebfrauenkirche (1812), die nun als zweite Stadtpfarrkirche galt. Die Gottesdienste an den Sonn- und Feiertagen wurden fortan von den Professoren des Gymnasiums übernommen. Mit dem Tod des letzten Guardians (13. August 1821) und des letzten Paters (27. März 1822) sowie mit dem Abzug der beiden letzten Fratres starb der Konvent aus.
Die Liebfrauenkirche von 1723/25 ersetzte einen spätgotischen Vorgängerbau von 1454, der in der Mitte des 17. Jh. (1636/38 Innenausstattung, 1654 Turm) durch die Franziskaner umgestaltet worden war. Den Mittelpunkt des Hochaltares nimmt das steinerne Gnadenbild einer Muttergottes (Multscher-Schule) ein. Die barocke Innenausstattung gestalteten zahlreiche Künstler des Ordens sowie der Bildhauer Dominikus H. Herberger und die Maler Kaspar Waldmann und Martin Weller.
Die zweigeschossige Dreiflügelanlage des Klosters (südlich der Kirche) wurde ab 1650 von Leonhard Buchmiller aus Ulm erbaut. Nach 1812 kam es mehrfach zu Umbauten. Bis 1825 diente das Gebäude als Gymnasium, danach wurde es von der Stadt Ehingen gegen das frühere Benediktinerkollegium eingetauscht und als Spital genutzt. Die späteren Franziskanerinnen von Reute übernahmen 1850 die Pflege der Kranken und Alten. Bei den Schwestern gilt das ehemalige Kloster als erstes Mutterhaus. Es erhielt damals die heute noch vorhandene neugotische Fassadengestaltung sowie ein drittes Stockwerk. 1886 bis 1984 Altenheim, werden die ehemaligen Klostergebäude seit 2000 als städtisches Kulturzentrum genutzt.
LUDWIG OHNGEMACH     
LITERATUR
-<Württ. Klosterbuch> 219f. (L. OHNGEMACH).
- <AFA> 9 (1963) 5-17 (F. M. WEBER).
- <KDW Ehingen> 34.
- <StadtA> Ehingen, Franziskanerchronik 1630-1722.
- J. HEHLE: Geschichtliche Forschungen über Ehingen und Umgegend. Ehingen 1925, 62-89.
- F. M. WEBER: Ehingen. Geschichte einer oberschwäbischen Donaustadt. Ehingen 1955, 286-293.
QUELLEN
-Staatsarchiv Sigmaringen Dep. 30/11 T 1: Ehingen: Urkunden
-Staatsarchiv Sigmaringen Dep. 30/11 T 2: Ehingen: Amtsbücher
-Staatsarchiv Sigmaringen Dep. 30/11 T 3: Ehingen: Akten
-Staatsarchiv Sigmaringen Dep. 30/11 T 4: Ehingen: Aus Salem extradierte Akten
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