Klöster in Baden-Württemberg
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Kapuzinerhospiz Karlsruhe - Geschichte
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Die 1715 durch den Markgrafen Karl Wilhelm von Baden-Durlach (1709-1738) gegründete Stadt Karlsruhe gehörte zu den heikelsten Aktionsfeldern, welche die Rheinische Kapuzinerprovinz in ihrer Geschichte betreten hat. Einer neutralen Einstellung zum Katholizismus folgend hatte der lutherische Landesherr zwar seine Bereitschaft versichert, katholische Untertanen dulden zu wollen, und ihnen die Errichtung eines eigenen Gotteshauses in Aussicht gestellt. Er tat dies allerdings unter dem im Verlauf des 18. Jh. nicht aufgegebenen Vorbehalt, dass den Katholiken jegliche Form der öffentlichen Religionsausübung untersagt sei.
Zum Wegbereiter für ein seelsorgerliches Wirken der Kapuziner wurde ein Einwanderer: der venezianische Priester Natale Bettinardo, den der Markgraf wegen seiner musikalischen Künste nach Durlach geführt hatte. An seinen Zuzug hatte der Virtuose die Bedingung geknüpft, die heilige Messe lesen zu dürfen. Dem ab 1712 in Durlach eine kleine katholische Gemeinde betreuenden, im priesterlichen Wirken auf seine eigenen Wohnräume limitierten Geistlichen mangelte es an der Kenntnis der deutschen Sprache. Auf seine Initiative entsandte die Bruchsaler Kapuziner-Klosterfamilie deshalb 1715 einen Prediger zu seiner Unterstützung. Um sich Bettinardos Dienste zu versichern, erbaute der Markgraf anlässlich des 1718 erfolgten Umzugs der Regierung nach Karlsruhe an der Ecke Lammstraße/Zirkel ein zur Abhaltung von Gottesdiensten konzipiertes Haus. Auch wenn der Versuch des Musikers, dem Markgrafen 1719 die Erlaubnis zum Bau eines Kapuzinerkloster abzuringen, kein Erfolg beschieden war, so verschaffte er den Ordensmännern doch Eintritt in die Residenzstadt. Zum Durchbruch gelangten die Bemühungen um eine Kapuzinermission im Jahre 1730. Damals wurde zwei Patres und einem Laienbruder gestattet, in der ehemaligen Behausung Bettinardos ein Hospiz einzurichten. Den Kapuzinern war die schwierige Aufgabe gestellt, den Karlsruher Katholiken geistlichen Beistand zu leisten. Als schwere Hypothek erwies sich dabei, dass sie nur in Privaträumen pastorieren durften. Die protestantische Geistlichkeit besaß dagegen das alleinige Recht, die Taufbücher zu führen sowie Trauungen und Beerdigungen vorzunehmen. An ein offensiv ausgerichtetes Apostolat war unter diesen Bedingungen nicht zu denken. Der an einem reibungslosen Zusammenleben der Konfessionen interessierte Stadtgründer sah sich einige Male dazu veranlasst, für die von Seiten der protestantischen Geistlichkeit und Beamtenschaft angefeindeten Prediger Partei zu ergreifen. Unter seinem Nachfolger Karl Friedrich (1746-1811) erlebte die die katholische Minderheit begünstigende Politik einen weiteren Aufschwung. So erwirkten die Ordensleute 1764 die Erlaubnis zum Abbruch des alten Bettinardo-Hauses. An seiner Stelle wurde ein vergleichsweise geräumiges Missionshaus erbaut, dessen wichtigste Einrichtung ein am 6. Juni 1766 geweihter Betraum war. Ein Jahr später gelangte die Gemeinde durch die Spendenfreudigkeit des Kardinals und Fürstbischofs von Speyer, Franz Christoph von Hutten (1706-1770), in den Besitz eines benachbarten Hauses, welches als Schule eingerichtet wurde. Das Aussterben der beim alten Glauben verbliebenen markgräflichen Linie Baden-Baden (1771) war dazu angetan, die Stellung der Kapuziner und ihrer Gemeinde zu festigen, weil der nunmehr über zahlreiche katholische Untertanen gebietende Dynast sich deren Loyalität erwerben wollte. Um so radikaler erschien der Schnitt, den Karl Friedrich 1804 vollzog. Damals wurden die Kapuziner zum Verlassen der Stadt aufgefordert, was um so geräuschloser vonstatten ging, als sie seit ihren Anfängen von der Gnade des Landesherren abhingen. Als Erbe hinterließen die Kapuziner das kurz vor ihrem Weggang zur ersten katholischen Pfarrkirche Karlsruhes erhobene Missionshaus. Im Gefolge des Ersten Weltkrieges gelang es der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz noch einmal in Karlsruhe, genauer im Stadtteil Weiherfeld-Dammerstock, Fuß zu fassen. Der dort 1936 erbauten St. Franziskus-Kirche wurde ein Jahr später ein Kapuzinerkloster beigefügt, in dem die Ordensmänner noch einmal über ein halbes Jahrhundert wirken konnten.
MATTHIAS ILG     
LITERATUR
-J. BADER: Kurze Geschichte der Katholischen Pfarrgemeinde Karlsruhe. In: <FDA> 13 (1880) 1-26.
- A. EHRENFRIED O.F.M. Cap.: Die Kapuziner in Karlsruhe - einst und jetzt. Karlsruhe 1962.
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