Klöster in Baden-Württemberg
Schwesternsammlung   Klöster im Landkreis Konstanz   
Schwesternsammlung bei St. Gotthard/Reichenau - Geschichte
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Zur Sakrallandschaft der Klosterinsel Reichenau im Bodensee zählte u. a. die Kapelle St. Gotthard, deren Lage heute nur noch anhand des gleichlautenden Flurnamens im Südwesten der Insel rekonstruiert werden kann. Laut dem Chronisten Gallus Öhem wurde die Kapelle von zwei Herren von Salenstein errichtet und 1316 vom Konstanzer Weihbischof geweiht, doch dürfte es sich hierbei eher um die Renovierung und Neuweihe einer älteren Kirche gehandelt haben, denn als Flurbezeichnung und Name eines Ministerialengeschlechts ist "St. Gotthard" bereits seit der Mitte des 13. Jh. belegt.
Für die Existenz einer Schwesterngemeinschaft in der Umgebung jener Kapelle, die wohl zum Pfarrsprengel von St. Johann gehörte, gibt es nur einen Beleg aus dem Jahr 1453, der sich aus einer Urkunde des bischöflichen Generalvikars von Konstanz für Klara Ehinger, eine Professschwester der Augustinerinnen zu St. Verena in Zürich, ergibt. Klara hatte dem Klosterdasein ohne Erlaubnis für mehrere Jahre den Rücken gekehrt und erklärte sich nun bereit, einem strengeren Orden beizutreten. Zu diesem Zweck wählte sie das Kloster St. Gotthard auf der Reichenau als neues Domizil aus, was ihr vom Generalvikar unter Erteilung der Absolution erlaubt wurde.
Die Verpflichtung zu strengeren Gelübden legt es nahe, im Frauenkonvent bei St. Gotthard ein Benediktinerinnenkloster zu erkennen. Dennoch scheint die Gemeinschaft über keine festen institutionellen Strukturen verfügt zu haben, da sich ansonsten keine schriftlichen Nachweise - zumal seitens der nahegelegenen Abtei - finden lassen. Offenbar konnte der Charakter als semireligiose Sammlung frommer Frauen gegenüber den kirchlichen Regulierungsbemühungen verteidigt werden.
Für diese Annahme spricht auch, dass die mutmaßlichen Wohnsitze der Schwestern in der heutigen Merzengasse (Nr. 13, 15, 17) und Stedigasse (Nr. 8, 10, 12) - die so genannten "Nonnenhäuser" - offenbar noch sehr lange entsprechend genutzt wurden. Die einzelnen Teile der jeweils zusammenhängenden Gebäudekomplexe können datiert werden auf 1438/39, 1457/58, 1581/82 und das 18. Jahrhundert. Ob die Gebäude einer einzigen Gruppierung zuzuordnen sind oder ob sie auf zwei verschiedene Frauengemeinschaften bei St. Gotthard hinweisen, ist vorerst nicht zu klären.
THOMAS KREUTZER     
LITERATUR
-<KB Konstanz> III, 660.
- K. BEYERLE (Hg.): Die Kultur der Abtei Reichenau. 2 Bde. München 1925.
- A. WILTS: Beginen im Bodenseeraum, Sigmaringen 1994.
- P. WICHMANN: Die Hauslandschaft der Reichenau, ihre Herrensitze und Nonnenhäuser, in: Klosterinsel Reichenau im Bodensee. UNESCO-Weltkulturerbe. Zusammengestellt von M. UNTERMANN. Stuttgart 2001, 95-109.
- Th. KREUTZER, Verblichener Glanz. Adel und Reform in der Abtei Reichenau im Spätmittelalter. Stuttgart 2008.
QUELLEN
Aufgrund der zahlreichen Klöster und Stifte auf der Reichenau wurde auf eine Zuordnung der Bestände des Generallandesarchivs Karlsruhe und des Staatsarchivs Ludwigsburg verzichtet: Bei den einzelnen Klöstern werden stattdessen alle die Reichenau betreffenden Bestände aufgeführt.
-Staatsarchiv Ludwigsburg B 207: Ulm, Reichsstadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 100: Sankt Georgen, Kloster, Amt und Ort
-Generallandesarchiv Karlsruhe 118: Nellenburg
-Generallandesarchiv Karlsruhe 162: Meersburg, Amt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 205: Heidelberg, Universität
-Generallandesarchiv Karlsruhe 209: Konstanz, Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 219: Radolfzell, Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 225: Überlingen, Stadt
-Generallandesarchiv Karlsruhe 229: Spezialakten der kleineren Ämter und Orte
-Generallandesarchiv Karlsruhe 44: Lehen- und Adelsarchiv
-Generallandesarchiv Karlsruhe 5: Konstanz-Reichenau (Hochstift Konstanz, Kloster Reichenau)
-Generallandesarchiv Karlsruhe 61: Protokolle
-Generallandesarchiv Karlsruhe 62: Rechnungen
-Generallandesarchiv Karlsruhe 64: Anniversarienbücher
-Generallandesarchiv Karlsruhe 65: Handschriften
-Generallandesarchiv Karlsruhe 66: Beraine
-Generallandesarchiv Karlsruhe 67: Kopialbücher
-Generallandesarchiv Karlsruhe 68: Repertorien
-Generallandesarchiv Karlsruhe 70 Allensbach:
-Generallandesarchiv Karlsruhe 72: Lehen- und Adelsarchiv
-Generallandesarchiv Karlsruhe 73: Aufschwörungen und Stammbäume
-Generallandesarchiv Karlsruhe 75: Baden-Ausland
-Generallandesarchiv Karlsruhe 79: Breisgau Generalia
-Generallandesarchiv Karlsruhe 79 P 18: Oberösterreichische/Vorderösterreichische Regierung und Kammer: Nellenburg
-Generallandesarchiv Karlsruhe 82: Konstanz Generalia (Hochstift)
-Generallandesarchiv Karlsruhe 82a: Konstanz Generalia: Extradita Zürich
-Generallandesarchiv Karlsruhe 93: Mainau
-Generallandesarchiv Karlsruhe 95: Petershausen
-Generallandesarchiv Karlsruhe 96: Reichenau
-Generallandesarchiv Karlsruhe A: Kaiser- und Königsurkunden vor 1200
-Generallandesarchiv Karlsruhe B: Papsturkunden vor 1200
-Generallandesarchiv Karlsruhe C: Privaturkunden vor 1200
-Generallandesarchiv Karlsruhe D: Kaiser- und Königsurkunden 1200-1518
-Generallandesarchiv Karlsruhe E: Papsturkunden 1198-1302
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