Klöster in Baden-Württemberg
Chorherren, weltliche   Klöster im Landkreis Göppingen   
Kollegiatstift St. Cyriak Boll - Geschichte
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Das Stift wird erstmals 1155 urkundlich erwähnt, als Friedrich I. Barbarossa dem Bischof von Konstanz seine Rechte bestätigte. Nach einer Nachricht von 1535 wurde das Stift durch eine Berta begründet, die die Burg Landsöhr oberhalb von Boll abbrechen ließ, um aus den Steinen die Kirche bauen zu lassen. Die Witwe könnte zwischen 1138 und 1141 in Boll gelebt haben. Auf diese Überlieferung nimmt die Notiz in einem verschollenen Seelbuch Bezug, nach der am Jahresgedächtnis der Witwe Berta, der Stifterin der Kollegiatkirche in Boll, Brot und Getreide durch den Custos des Stifts an das Volk ausgegeben werden sollten. Noch im Lagerbuch von 1537 wird als Datum für gewisse Naturalabgaben der Termin "uff der Berchta mal" bzw. "uff frow berchta mal" genannt.
Die Stiftskirche war nach einer durch Bauhinus 1596 überlieferten Weiheinschrift auf dem romanischen Kirchenportal "in honorem Domini nostri Iesu Christi et Sanctae Mariae" geweiht. Im Spätmittelalter, erstmals für 1286 bezeugt, ist der hl. Cyriak als Patron der Kirche belegt. Ob sich daraus Beziehungen zum Stift in Wiesensteig ableiten lassen, das den gleichen Schutzpatron besaß, muss offen bleiben.
Das Kapitel des Boller Chorherrenstifts setzte sich ursprünglich aus dem Propst und fünf Chorherren zusammen, die jeweils über einen eigenen Pfründhof verfügten. Die Bemühungen von Graf Ulrich V. von Württemberg, das Stiftsvermögen des Boller Stifts für die Aufbesserung des nahen, erst 1436 errichteten Stifts Oberhofen in Göppingen zu verwenden, leitete der Landesherr aus der Feststellung ab, dass zwar immer alle Pfründen in Boll vergeben seien, aber lediglich ein Chorherr seiner Residenzpflicht nachkomme. Nachdem Papst Pius II. am 20. März 1463 die Zusammenlegung gestattet hatte, vollzog der Konstanzer Bischof am 30. August 1464 die Inkorporation des Stifts St. Cyriak in das Göppinger Stift. In Boll verblieb ein Pfarrer zur Seelsorge. Aus der Stiftskirche wurde eine normale Pfarrkirche.
Die heutige Kirche steht auf den Fundamenten zweier Vorgängerbauten. Grabungen im Jahre 1939 und 1951 haben gezeigt, dass auch die zweite Kirche eine dreischiffige Basilika aus Stein war. Beim Neubau um 1150 wurden die Maße des rechteckigen Chores beibehalten, während das Mittelschiff etwas breiter ausgeführt wurde. Beim zweiten Bau vorhandene Seitenapsiden wurden nicht mehr errichtet. Der alte Chor dagegen wurde zu einer tonnengewölbten Krypta umgebaut. Das Mittelschiff tragen zwei Reihen ehemals quadratischer Achtecksäulen aus heimischem Sandstein. Das Krypta-Gewölbe wurde wahrscheinlich nach der Reformation abgebrochen, eine Holzdecke eingezogen und der Fußboden der Kirchenschiffe um 60 cm erhöht. Damit ist der Chorraum nur noch zwei Stufen erhöht. Der Turm wurde in unbekannter Zeit hinzugefügt. Er trägt viele Merkmale eines Wehrturmes.
Die Innenausstattung der Stiftskirche ist bescheiden, aber sehenswert: In den romanischen Bau wurde eine gotische Kanzel eingefügt. An einem Pfeiler ist noch ein Rest der Freskenbemalung des 15. Jh. zu sehen. Den Innenraum dominiert heute ein gotisches Holzkruzifix. Außerdem befinden sich an den Wänden vier Wappenschilder der Kirchenstifterin, sowie mehrere Epitaphe. Im Chor stehen zwei altertümliche Kirchenstühle, am Eingang ein romanisches Weihwasserbecken, das heute als Opferstock dient.
ECKHARD CHRISTOF     
LITERATUR
-<Württ. Klosterbuch> 198f. (E. CHRISTOPH).
- <KDW Göppingen> 72-75.
- Boll. Dorf und Bad an der Schwäbischen Alb. Hrsg. v. der Gemeinde Boll. Weißenhorn 1988.
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