Klöster in Baden-Württemberg
Kreise   Rems-Murr-Kreis   Chorherren, weltliche   
Kollegiatstift Beutelsbach - Geschichte
  Zurück
Nach der älteren Chronistik stiftete Graf Ulrich I. von Württemberg (+ 1265) das Kollegiatstift, worauf sein Beiname "der Stifter" Bezug nimmt. In der urkundlichen Überlieferung taucht das Stift erstmals 1247 auf, als Papst Innozenz IV. in Beutelsbach Gottesdienste auch während eines allgemeinen Interdikts gestattete. Die damalige politische Situation und der baugeschichtliche Befund sprechen dafür, dass das Stift tatsächlich erst um diese Zeit gegründet wurde. Die Frage nach dem ursprünglichen Patrozinium ist nach wie vor offen. Da auf Beutelsbacher Siegeln der hl. Nikolaus abgebildet ist, scheiden die weiteren Möglichkeiten (Ulrich, Heilig-Kreuz, Leodegar, letzteres ab 1537 belegt) eher aus. Das Stiftskapitel setzte sich aus kaum mehr als sechs Chorherren und dem Propst zusammen. Neben ihm kommt nur noch ein Scholaster als weitere Dignität vor. Die Herrschaft Württemberg als Stifterin bestand auf der Einhaltung der Residenz, auch behielt sie sich das Recht vor, die Neuwahl eines Propstes an die Zustimmung Württembergs zu binden. Freilich kann von einer vita communis angesichts nachweisbarer Einzelpfründen nicht mehr ausgegangen werden, zumal zumindest eine Ausnahme bei der Residenzpflicht bezeugt ist. Im Kapitel dürfte nach Ausweis der wenigen Quellen der Niederadel aus dem stiftsnahen Umfeld dominiert haben, doch sind mit Heinrich von Capella und Heinrich von Denkingen auch schillernde Ausnahmen belegt. Bei beiden ist allerdings fraglich, wie eng ihre Verbindung zum Beutelsbacher Kapitel über die bloße Bepfründung hinaus war.
Hauptaufgabe des Stifts war die Pflege der liturgischen Memoria der Württemberger, deren Grablege in seiner Kirche untergebracht war. Dazu waren seit 1287 Residenz und Priesterweihe für die Kapitelsmitglieder verpflichtend. Daneben nahmen die Kanoniker geistliche Ämter im Umland von Beutelsbach wahr. Das Stift selbst besaß Pfarrrechte und war Mutterkirche von Schnait und Stetten.
Zwischen 1291 und 1316 geriet das Stift in die Auseinandersetzungen, die sich damals zwischen Württemberg und dem Königtum im mittleren Neckargebiet abspielten. Dabei wurde zwischen 1310 und 1316 die württembergische Grablege zerstört. Wohl schon vor 1312 zogen sich die Chorherren um ihrer eigenen Sicherheit willen nach Stuttgart zurück, wo sich eine für den Gottesdienst der Kanoniker geeignete Basilika befand. Bis 1321 erfolgten dann die offizielle Verlegung des Stifts und die Überführung des württembergischen Erbbegräbnisses nach Stuttgart. Die Kirche in Beutelsbach wurde zur Dorfpfarrkirche, deren Patronat bis zur Reformation beim Stift in Stuttgart lag.
Reste von Rundbogenfriesen am heutigen Kirchenbau deuten auf eine spätromanische basilikale Anlage aus der ersten Hälfte des 13. Jh. hin. Die sicher darin befindliche Gruft der Württemberger konnte bislang nicht lokalisiert werden. In den beiden ersten Jahrzehnten des 16. Jh. erfolgte ein umfassender Umbau in eine spätgotische Wehrkirche mit Westturm. Reste der zugehörigen Umfassungsmauer samt Torturm sind südwestlich der Kirche erhalten. Als Vorbild des Umbaus diente die Waiblinger Michaelskirche. Vom 17. bis zum 19. Jh. erfuhr das Kircheninnere einige Veränderungen, zur tiefgreifendsten Umgestaltung kam es 1906 bzw. 1951. Die Kirche zählt zu den bedeutenderen spätgotischen Kirchenbauten des Landes.
OLIVER AUGE     
LITERATUR
-<Württ. Klosterbuch> 189f. (O. AUGE).
- R. RAU: Die Verlegung des Beutelsbacher Stifts nach Stuttgart. In: <ZWLG> 20 (1961) 191-198.
- A. SCHAHL: Die Stiftskirche in Beutelsbach. In: Remstal 21 (1968) 17-24.
- W. HILL: Das St. Leodegar-Stift zu Beutelsbach nach gedruckten Quellen. Tübingen 1979.
- O. AUGE, Das Stift Beutelsbach und das Tübinger Stiftskirchenprojekt. In: <ZWLG> 61 (2002) 11-54.
QUELLEN
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 525: Stift Stuttgart
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 525 L: Stift Stuttgart
-Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 602: Württembergische Regesten
Seitenanfang